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OLG Celle, Urteil vom 15.04.2008 - 10 UF 13/08 - FD-Platzhalter-rund

OLG Celle, Urteil vom 15.04.2008
10 UF 13/08



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Begrenzung des nachehelichen Unterhalts.

BGB § 1578b

Bei einer Ehe von rund 17½ Jahren, die nicht durch gemeinsame Kinder, sondern durch praktisch durchgehende beiderseitige Erwerbstätigkeit geprägt war, erscheint angesichts der begrenzten Höhe des unstreitigen Unterhaltsbetrages von 327,62 € eine Befristung des Aufstockungsunterhalts auf einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren ab Rechtskraft der Scheidung angemessen.

OLG Celle, Urteil vom 15. April 2008 - 10 UF 13/08

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 29.11.2007 (608 F 3488/07) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise geändert und im zweiten Absatz des amtsgerichtlichen Urteilstenors wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab 06/2007 bis einschließlich 12/2011 Ehegattenunterhalt in Höhe von 327,62 € monatlich im voraus zu zahlen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Berufungsstreitwert wird auf die Gebührenstufe bis 4.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind - nach Heirat im Juni 1989 und kinderloser Ehe, während der sie ganz überwiegend beide berufstätig waren - seit 23. Dezember 2006 rechtskräftig geschiedene Eheleute. In dem vorliegenden Verfahren hat die Klägerin isoliert nachehelichen Unterhalt geltend gemacht; hinsichtlich der Höhe haben sich die Parteien mit Teilvergleich vom 9. November 2007 auf den Betrag von 327,62 € geeinigt. Der Beklagte hat Unterhalt in dieser Höhe für die Zeit bis einschließlich 31. Dezember 2009 - also für einen Zeitraum von drei Jahren - anerkannt. Das Amtsgericht - Familiengericht - Hannover hat - auf der Grundlage der damals maßgeblichen Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs - mit Urteil vom 29. November 2007, auf das ergänzend Bezug genommen wird, Unterhalt in der genannten Höhe bis einschließlich Dezember 2016 - also für einen Zeitraum von zehn Jahren - zugesprochen.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Beklagte - insofern auch unter Berufung auf die zwischenzeitlich geänderte Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs - sein Ziel einer Befristung des nachehelichen Unterhalts bis zum 31. Dezember 2009 weiter. Die Klägerin, die erstinstanzlich noch unbefristeten Unterhalt begehrt hatte, beschränkt sich auf die Verteidigung des Urteils.

Die Parteien waren bei Eheschließung in der damaligen DDR beide vollschichtig tätig, wobei die Klägerin als Abteilungsleiterin Drogerie der L. K. ein geringfügig höheres Einkommen hatte. Nach der gemeinsamen Übersiedlung Ende 1989 hat der Beklagte letztlich beim V. eine dauerhafte Anstellung gefunden; die Klägerin hat wechselnde Tätigkeiten in unterschiedlichem Umfange ausgeübt, aus denen sie stets ein geringeres Einkommen als er erzielte. Dem vereinbarten Unterhaltsbetrag legen die Parteien ihre auch heute noch maßgeblichen Einkünfte - des inzwischen wiederverheirateten Beklagten abzüglich eines unstreitigen ehebedingten Kredites, der Klägerin aus 25 Wochenstunden Drogeriefachverkäuferin einschließlich Weihnachtsgeld und geringfügigem Zuverdienst bei einem Hotel - zugrunde. Die Klägerin will eigene ehebedingte Nachteile darin sehen, daß man gemeinsam übersiedelte, und sie mit Billigung des Beklagten eine zwischenzeitliche vollschichtige Tätigkeit bei einer Drogeriekette zugunsten einer teilschichtigen anderweitigen Tätigkeit aufgab; im übrigen meint sie, auch aus gesundheitlichen Gründen nicht in weiterem Umfange tätig sein zu können.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen teilweisen Erfolg.

Der nacheheliche Unterhaltsanspruch der Klägerin in der unstreitigen Höhe von 327,62 € ist vorliegend auf Grundlage des nunmehr maßgeblichen § 1578b Abs. 2 BGB bis Ende Dezember 2011 - also auf einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren - zu befristen.

Die Parteien sind bereits erstinstanzlich übereinstimmend davon ausgegangen, daß der - alsbald nach vollständiger Offenlegung ihrer maßgeblichen Einkommensverhältnisse durch die Klägerin - vergleichsweise vereinbarte Unterhaltsbetrag auf den gegenwärtig den jeweiligen Erwerbsobliegenheiten entsprechenden Einkünften beruht; sie sind dabei weiter übereinstimmend - wie auch das Amtsgericht in seinem Urteil - von einem reinen Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) ausgegangen. Von dem Vorliegen allein eines derartigen Aufstockungsunterhalts ist auch weiterhin auszugehen, nachdem die Klägerin auch im Termin vor dem Senat einen von ihr nur pauschal in Anspruch genommenen Krankheitsunterhalt nicht einmal substantiiert dargetan hat.

Ebenfalls übereinstimmend gehen die Parteien jedenfalls mittlerweile davon aus, daß dieser Unterhaltsanspruch der Klägerin im Grundsatz zu befristen ist, wobei die Vorstellungen lediglich hinsichtlich des angemessenen Zeitraums auseinandergehen: Während der Beklagte nach seinem Antrag einen Zeitraum von drei Jahren bzw. nach seinem - nachgelassenen - Schriftsatz vom 3. April 2008 einen solchen von fünf Jahren für ausreichend erachtet, hält die Klägerin weiterhin eine Frist von zehn Jahren für erforderlich.

Die - bereits in seinem Vergleichsvorschlag zum Ausdruck gekommene - Wertung des Senats, wonach ein Zeitraum von insgesamt fünf Jahren angemessen ist, beruht auf folgenden Erwägungen:

Die Ehe der Parteien war mit bis zur rechtskräftigen Scheidung gerechneten, rund 17½ Jahren von eher langer Dauer, allerdings zugleich nicht durch gemeinsame Kinder, sondern praktisch durchgehende beiderseitige Erwerbstätigkeit geprägt. Die Ungewißheiten und Veränderungen, die sich für beide Parteien durch die alsbald nach ihrer Heirat und noch in zeitlicher Nähe zum Ende der vormaligen DDR erfolgten Übersiedlung ergaben, vermögen die Annahme ehebedingter Nachteile auf seiten der Klägerin nicht zu tragen; auch ein Verbleib in den sich damals kurzfristig grundlegend verändernden neuen Bundesländern hätte - auch unabhängig von einer Eheschließung - zu heute gänzlich unabsehbaren Folgen für ihren jeweiligen beruflichen Lebensweg geführt, was aufgrund dieser spezifischen Besonderheiten jegliche tragfähige Prognose ausschließt.

Der - nach seinen eigenen Bekundungen vor dem Senat vom Beklagten akzeptierte - Wechsel der Klägerin von einer Vollzeitstellung in einem Drogeriemarkt in eine anderweitige Teilzeitbeschäftigung führte dagegen - vor dem Hintergrund der Schwierigkeit beim Wiedererlangen einer entsprechenden Vollzeitanstellung - zu einem gewissen ehebedingten Nachteil; dieser wird allerdings dadurch abgemildert, daß die Klägerin seit geraumer Zeit wieder als Drogeriefachverkäuferin in ihrem beruflichen Kernfeld tätig ist, sich der Nachteil aus dem früheren Arbeitsplatzwechsel also nicht durch eine fortschreitende Entfremdung aus dem angestammten Berufsfeld weiter verschärfen wird, sondern vielmehr mit dem Auffinden eines passenden Arbeitsplatzes - etwa auch durch eine später denkbare Ausweitung der Tätigkeit beim aktuellen Arbeitgeber - gänzlich wegfallen dürfte.

Weitergehende ehebedingte Nachteile hat die Klägerin schließlich nicht hinnehmen müssen; dies gilt - unabhängig von der Frage ihres Vorliegens in beachtlichem Maße - insbesondere auch für geltend gemachte gesundheitliche Beeinträchtigungen, die, selbst wenn sie noch während der Dauer der Ehe aufgetreten wären, jedenfalls nicht im Rechtssinne ehebedingt wären. Demgegenüber ist auf seiten des Beklagten mit zu berücksichtigen, daß dieser eine neue Ehe eingegangen ist und seine - der Klägerin jedenfalls gleichrangige - jetzige Ehefrau bereits tatsächlich bereits gegenwärtig auf dessen Unterhaltsleistungen angewiesen ist.

Vor diesem Hintergrund sowie auch angesichts der begrenzten Höhe des unstreitigen Unterhaltsbetrages erscheint insgesamt ein Zeitraum von fünf Jahren ab rechtskräftiger Scheidung für die Klägerin ausreichend, sich auf die langfristig geänderte Situation einzustellen.

Bei der teilweisen Neufassung der Titulierung hat der Senat - wie im Verhandlungstermin angesprochen - schließlich zugleich den offenkundigen geringfügigen Übertragungsfehler des Amtsgerichts zum gesondert vereinbarten Unterhaltsbetrag berichtigt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 97, 93, 708 Nr. 8, 711, 713 ZPO; der Streitwert für das Berufungsverfahren orientiert sich auch für den vorliegenden Fall der ausschließlichen Auseinandersetzung über die Dauer der Befristung am Jahreswert des § 42 Abs. 2 GKG (vgl. bereits OLG Stuttgart FPR 2008, 121).

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