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Oberlandesgericht Celle - Neues Unterhaltsrecht - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung zum Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts [UÄndG]
OLG Celle 2008 - 2011




Urteil vom 01.02.2008 - 21 UF 195/07: BGB §§ 1603, 1609
Urteil vom 07.02.2008 - 17 UF 203/07: BGB §§ 1570, 1579, 1587c
Urteil vom 14.02.2008 - 17 UF 128/07: BGB §§ 1570, 1579
Urteil vom 07.03.2008 - 12 UF 172/07: BGB §§ 1569, 1573, 1578b
Urteil vom 20.03.2008 - 17 UF 199/07: BGB §§ 1571, 157, 1578b
Urteil vom 28.03.2008 - 18 UF 120/07: BGB §§ 1573, 1578b, 1579, 741 f, 1374
Urteil vom 03.04.2008 - 17 UF 141/07: BGB §§ 1601 ff, 1603, 1609, 1581, 1579
Urteil vom 15.04.2008 - 10 UF 13/08: BGB § 1578b
Urteil vom 28.05.2008 - 15 UF 277/07: BGB §§ 1570, 1572, 1573, 1578, 1578b
Beschluß vom 02.06.2008 - 17 WF 66/08: BGB §§ 1569, 1573, 1578b
Urteil vom 08.08.2008 - 21 UF 65/08: BGB §§ 1573, 1578, 1578b
Urteil vom 12.08.2008 - 10 UF 77/08: BGB § 1570
Urteil vom 02.10.2008 - 17 UF 97/08: BGB §§ 1570, 1572, 1578, 1578b
Beschluß vom 06.10.2008 - 12 UF 101/08: BGB §§ 1570, 1578
Beschluß vom 10.10.2008 - 10 WF 322/08: BGB §§ 1609, 1615l
Beschluß vom 20.10.2008 - 10 WF 336/08: BGB §§ 1610, 1615l
Beschluß vom 27.10.2008 - 10 WF 350/08: BGB § 1578b; EGZPO § 36 Nr. 1
Urteil vom 13.03.2009 - 12 UF 156/08: BGB § 1578
Urteil vom 27.03.2009 - 12 UF 203/08: BGB § 1578b; ZPO § 323
Urteil vom 12.05.2009 - 10 UF 264/08: BGB §§ 1570, 1578b
Urteil vom 06.08.2009 - 17 UF 210/08: BGB §§ 1570, 1577, 1578, 1578b
Beschluß vom 21.09.2009 - 10 UF 119/09: BGB §§ 1572, 1578b; EGZPO § 36 Nr. 1
Urteil vom 11.03.2010 - 17 UF 154/09: BGB §§ 1570, 1574, 1578, 1578b
Urteil vom 18.05.2010 - 10 UF 9/10: BGB § 1578b
Urteil vom 06.07.2010 - 10 UF 64/10: BGB § 1578b

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Hinsichtlich des notwendigen Selbstbehalts (§ 1603 Abs. 2 BGB) ist eine Differenzierung zwischen Erwerbslosen und Erwerbstätigen nicht gerechtfertigt. Der Senat geht künftig von einem einheitlichen notwendigen Selbstbehalt in Höhe von 900 € aus.

Beschluß vom 01.02.2008 - 21 UF 195/07: BGB §§ 1603, 1609

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1. Derjenige Elternteil, der wegen der Betreuung eines über drei Jahre alten Kindes Betreuungsunterhalt begehrt, muß im einzelnen darlegen und unter Beweis stellen, daß entweder kindbezogene oder elternbezogene Gründe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt rechtfertigen.
2. Führt ein geschiedener Ehegatte mit einem anderen Partner einen gemeinsamen Hausstand, und ist so nach außen das Erscheinungsbild einer Familie gebildet, so ist es dem anderen geschiedenen Ehegatten spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr zuzumuten, weiteren Ehegattenunterhalt zu bezahlen.

Urteil vom 07.02.2008 - 17 UF 203/07: BGB §§ 1570, 1579, 1587c

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1. Im Rahmen des § 1570 BGB a.F. kann nach dem Heranwachsen eines Kindes in die Altersstufe von etwa 15 Jahren im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß ein weiterer Aufschub für die Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit durch den betreuenden Elternteil nur gerechtfertigt ist, wenn dafür besondere Gründe (»Problemkind«) vorliegen. Falls der betreuende Elternteil eine Ausnahme dieser auf der Lebenserfahrung beruhenden Regel für sich in Anspruch nehmen will, trägt er für die hierfür erforderlichen Voraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast: Erforderlich ist ein ins einzelne gehender Vortrag über krankheits- und entwicklungsbedingte Besonderheiten des Kindes sowie über Art und Umfang der aufgrund dieser Besonderheiten erforderlichen zusätzlichen Betreuungsleistungen, die gegenüber einem gesunden Kind gleichen Alters nicht erbracht werden müßten.
2. Insoweit ist neben der Vorlage von Schulzeugnissen Vortrag veranlaßt, in welchen Fächern und in welchem Umfang die schulischen Leistungen des Kindes von den Leistungen durchschnittlicher Schüler abweichen. Im übrigen steht die bloße Notwendigkeit der Überwachung von Hausaufgaben einer Vollzeittätigkeit des betreuenden Elternteils regelmäßig nicht entgegen.
3. Allgemeines Vorbringen zu den psychischen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes in der Schule - sofern diese das für Jugendliche im schwierigen Alter der Pubertät durchaus gewöhnliche Maß überhaupt in einem nennenswerten Umfang übersteigen sollten - muß erkennen lassen, welche zusätzlichen Betreuungsleistungen überhaupt zu erbringen sind, um die geschilderten Probleme beheben zu können. In der Gesamtschau müssen sich hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, daß ein Kind einer Betreuung bedarf, die auch nur in Ansätzen mit der Betreuung eines geistig oder körperlich behinderten Kindes vergleichbar ist.
4. Ein länger dauerndes Verhältnis des Unterhaltsgläubigers zu einem anderen Partner kann dann zur Annahme eines Härtegrundes im Rahmen des § 1579 Nr. 7 BGB - mit der Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung für den Unterhaltsschuldner - führen, wenn sich die Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hat, daß sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist. Maßgeblich für diese Beurteilung ist, ob die neuen Partner ihre Lebensverhältnisse so aufeinander abgestellt haben, daß sie wechselseitig füreinander einstehen, indem sie sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren und damit ihr Zusammenleben ähnlich gestalten, wie es sich aufgrund der nach außen dringenden Gegebenheiten auch in einer Ehe darstellt. Die Unzumutbarkeit der fortbestehenden Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in seine Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung wird für den Unterhaltsschuldner gerade durch das einer Ehe gleichende Erscheinungsbild der neuen Verbindung in der Öffentlichkeit bestimmt.
5. Es ist völlig unerheblich, ob die neue Partnerbeziehung des Unterhaltsgläubigers (auch) eine Sexualpartnerschaft ist, zumal von solchen Gegebenheiten in der Regel ohnehin nichts nach außen dringen wird.
6. Die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Beendigung einer eheersetzenden Gemeinschaft ist weder unbeachtlich, noch führt sie ohne weiteres zur Wiederherstellung der unterhaltsrechtlichen Lage, wie sie vor der Verfestigung der eheersetzenden Partnerschaft bestanden hatte; vielmehr ist die Frage, ob dem Unterhaltsschuldner nach der Beendigung einer eheersetzenden Lebensgemeinschaft des Unterhaltsgläubigers die Zahlung von Ehegattenunterhalt zugemutet werden kann, in einer neuen und umfassenden Billigkeitsabwägung zu beurteilen, wobei im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung dem Zeitfaktor eine wesentliche Bedeutung zu kommt.
7. Erhebt eine Mutter im Vertrauen auf die Angaben ihres Kindes den Vorwurf des Kindesmißbrauchs in einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren, dann handelt sie insoweit in berechtigter Wahrnehmung der Interessen des Kindes, um dieses vor weiteren Übergriffen zu schützen. Aus diesem Grunde kann ihr kein unterhaltsrelevantes Fehlverhalten gemäß § 1579 BGB angelastet werden.
8. Der gute Glauben der Kindesmutter - der ohnehin praktisch nicht zu widerlegen sein wird - rechtfertigt allerdings auch im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens nicht jeden beliebigen Umgang mit dem sorgerechtlichen »Totschlagargument« des Kindesmißbrauchs: Jedenfalls dann, wenn sich das Verhalten der Kindesmutter aus dem Blickwinkel eines objektiven und besonnenen Betrachters unter verständiger Würdigung der Interessen des betroffenen Kindes so darstellt, als sei es der Kindesmutter neben der Wahrheitsfindung auch um eine Verbesserung ihrer Rechtsposition in einem familiengerichtlichen Verfahren gelegen, kann hierin ein schwerwiegendes und unterhaltsrechtliche Folgen rechtfertigendes Fehlverhalten der Kindesmutter im Sinne des § 1579 BGB zu sehen sein.
9. Die Kosten anwaltlicher Mahnschreiben wegen Unterhalts sind grundsätzlich dann zu ersetzen, wenn die Mahnung nach Eintritt des Verzugs erfolgt ist, und die Beauftragung eines Rechtsanwalts eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung darstellt. In unterhaltsrechtlichen Streitigkeiten ist unabhängig von der Komplexität der Materie grundsätzlich davon auszugehen, daß für den Unterhaltsgläubiger jedenfalls deshalb eine anerkennenswertes Interesse an die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts besteht, um der eigenen Forderung mehr Nachdruck zu verleihen.

Urteil vom 14.02.2008 - 17 UF 128/07: BGB §§ 1570, 1579

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1. Für nachehelichen Aufstockungsunterhalt ist von zentraler Bedeutung, ob der Unterhalt begehrende Ehegatte ehebedingte Nachteile in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat.
2. Zumindest dann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich vollzeitig in dem erlernten oder vorehelich ausgeübten Beruf tätig ist, obliegt diesem der Nachweis von Umständen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder für eine längere »Schonfrist« sprechen.

Urteil vom 07.03.2008 - 12 UF 172/07: BGB §§ 1569, 1573, 1578b

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1. Nach dem Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform unterliegt auch der - nach altem Recht geschützte - Unterhaltsanspruch wegen Alters oder Krankheit nach §§ 1571, 1572 BGB nunmehr im Grundsatz der Begrenzung (Herabsetzung und Befristung) nach § 1578b BGB n.F.
2. Der Unterhaltsschuldner hat die für eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Im Falle eines Unterhaltsanspruchs nach § 1572 BGB genügt der Unterhaltsschuldner dieser Darlegungslast nicht allein durch den Hinweis darauf, daß die Erkrankung des geschiedenen Ehegatten auch ohne die Ehe mit dem Unterhaltsschuldner aufgetreten wäre; vielmehr hat der Unterhaltsschuldner, soll der Einwand der Begrenzung erhoben werden, konkret zur Situation während der Ehe, insbesondere zur vereinbarten Arbeitsteilung zwischen den Eheleuten sowie zu den vorehelichen Verhältnissen vorzutragen: Nur dann läßt sich zuverlässig beurteilen, ob der Unterhaltsgläubiger tatsächlich keine Nachteile erlitten hat, die sich etwa aus der vereinbarten Rollenverteilung ergeben.

Urteil vom 20.03.2008 - 17 UF 199/07: BGB §§ 157, 1571, 1578b

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1. Zur zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts mit einer Übergangsfrist, wenn sich die Einkommensdifferenz der Ehegatten nicht als ehebedingter Nachteil darstellt.
2. Ehegatten können - auch stillschweigend - eine Bruchteilsberechtigung des Ehegatten, der nicht Kontoinhaber ist, an der Kontoforderung vereinbaren. Unter welchen Voraussetzungen eine solche konkludente Vereinbarung anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
3. Fließen die Einkünfte des einen Ehegatten, soweit sie nicht für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sämtlich auf die Konten des anderen Ehegatten, der über keine oder nur geringe Einkünfte verfügt, und ist nicht festzustellen, daß der Ehegatte die aus seinen Einkünften stammenden Beträge dem anderen in vollem Umfange zuwenden wollte mit der Folge, daß ihm selbst keinerlei Mittel verblieben, so ist davon auszugehen, daß die Ersparnisse den Parteien gemeinsam zugute kommen sollten.

Urteil vom 28.03.2008 - 18 UF 120/07: BGB §§ 1573, 1578b, 1579, 741 f, 1374

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1. Anders als gegenüber minderjährigen Kindern ist der Unterhaltsschuldner gegenüber seinem getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten nicht verpflichtet, seine Leistungsfähigkeit »um jeden Preis« wiederherzustellen und dazu jede zumutbare Erwerbstätigkeit anzunehmen, sondern er ist in gewissem Umfange in seinen Dispositionsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich der Art als auch des Orts der von ihm angestrebten Erwerbstätigkeit frei. Der - getrennt lebende wie auch geschiedene - Ehegatte muß die Entscheidung des Unterhaltsschuldners zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit deshalb hinnehmen, wenn sich diese Entscheidung nicht als leichtfertiger Verzicht auf sonstige Verdienstmöglichkeiten darstellt.
2. Nach dem Wegfall des unterhaltsrechtlichen Gleichrangs zwischen Ehegatten und minderjährigen Kindern am 1. Januar 2008 ist der Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten auch dann mit dem eheangemessenen Selbstbehalt von 1.000 € zu bemessen, wenn dieser Ehegatte gemeinsame minderjährige Kinder betreut.

Urteil vom 03.04.2008 - 17 UF 141/07: BGB §§ 1579, 1581, 1601 ff, 1603, 1609

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Bei einer Ehe von rund 17½ Jahren, die nicht durch gemeinsame Kinder, sondern durch praktisch durchgehende beiderseitige Erwerbstätigkeit geprägt war, erscheint angesichts der begrenzten Höhe des unstreitigen Unterhaltsbetrages von 327,62 € eine Befristung des Aufstockungsunterhalts auf einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren ab Rechtskraft der Scheidung angemessen.

Urteil vom 15.04.2008 - 10 UF 13/08: BGB § 1578b

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Der Anspruch auf nachehelichen Krankheitsunterhalt gemäß § 1572 Nr. 2 BGB kann bei einer Ehedauer von etwa 4 3/4 Jahren befristet werden, auch wenn die Erkrankung nach rechtskräftiger Ehescheidung zu einem Zeitpunkt hervorgetreten ist, als der unterhaltsberechtigte Ehegatte noch ein gemeinschaftliches Kind betreut hat.

Urteil vom 28.05.2008 - 15 UF 277/07: BGB §§ 1570, 1572, 1573, 1578, 1578b

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Zur Begrenzung des Aufstockungsunterhalts nach neuem Unterhaltsrecht.

Beschluß vom 02.06.2008 - 17 WF 66/08: BGB §§ 1569, 1573, 1578b

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1. Unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte können ehebedingte Nachteile regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist.
2. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist allerdings dann nicht zu befristen, wenn sich die Aufgabe einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst (hier: als Verwaltungsangestellte) zugunsten Kinderbetreuung und Haushaltsführung in Form des Verlusts eines Anspruchs auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes noch immer und gerade seit Eintritt in die Altersrente nachteilig für sie auswirkt.

Urteil vom 08.08.2008 - 21 UF 65/08: BGB §§ 1573, 1578, 1578b

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Findet zwischen dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehemann und den von der unterhaltsberechtigten Ehefrau betreuten gemeinsamen Kindern im grundschulpflichtigen Alter tatsächlich seit geraumer Zeit nicht einmal ein unbegleiteter Umgang statt, vermag ein Verbalangebot des Ehemannes auf nunmehrige Kinderbetreuung während der werktäglichen Nachmittage zur Ermöglichung einer Ausweitung der - bereits gut halbschichtig ausgeübten - Erwerbstätigkeit der Ehefrau nicht einmal eine beachtliche alternative Betreuungsmöglichkeit aufzuzeigen.

Urteil vom 12.08.2008 - 10 UF 77/08: BGB § 1570

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1. Ist der Unterhaltsberechtigte vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert, geht sein Anspruch auf nachehelichen Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB auch dann auf den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen, wenn der Berechtigte eine Rente wegen Erwerbsminderung bezieht.
2. Die Betreuung von zwei 16½-jährigen Zwillingskindern neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit rechtfertigt grundsätzlich keinen Betreuungsbonus mehr für den Unterhaltspflichtigen.
3. Zur Herabsetzung und Befristung eines Anspruchs auf nachehelichen Krankheitsunterhalt, wenn der Berechtigte eine - mit den im Versorgungsausgleich erworbenen Anrechten aufgebesserte - gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht.

Urteil vom 02.10.2008 - 17 UF 97/08: BGB §§ 1570, 1572, 1578, 1578b

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1. Die Betreuungsunterhalt begehrende Partei trägt die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, also diejenigen Umstände, die ihrer vollzeitigen Erwerbstätigkeit neben der Kindesbetreuung entgegen stehen.
2. Die Anforderungen an diesen Vortrag werden jedoch von dem allgemein bekannten Erfahrungsgrundsatz beeinflußt, daß minderjährige Kinder einen erheblichen Betreuungsaufwand erfordern, der erst mit zunehmenden Alter sukzessive abnimmt, und als Folge erst dann die frei werdende Zeit eine reziproke Ausweitung der Erwerbstätigkeit erlaubt.
3. Soweit diese Erfahrung reicht, bedarf es keiner zusätzlichen Ausführung im Einzelfall mehr; es ist dann vielmehr an dem Unterhaltsschuldner, den bestehenden Anschein der Unzumutbarkeit einer Vollzeiterwerbstätigkeit zu erschüttern.
4. Diese Lebenserfahrung hat in allgemein anerkannten und in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte niedergelegten Altersphasenmodellen ihren Niederschlag gefunden; diese tragen zugleich den Erfordernissen der Praxis und dem Gebot der Rechtssicherheit Rechnung.
5. Die Gesetzesreform zum 1. Januar 2008 hat weder etwas an der Lebenswirklichkeit des altersabhängigen Betreuungsbedarfs noch an den daraus abgeleiteten Erfahrungsgrundsätzen geändert; lediglich die daran zu knüpfenden, rechtlichen Erwägungen sind nunmehr an den veränderten Wertmaßstäben der gesetzlichen Regelung, insbesondere an der Betonung der Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten, auszurichten und gemeinsam mit den Umständen des Einzelfalles in eine Gesamtabwägung einzustellen.
6. Die Einstellung pauschaler, am Kindesalter orientierter Wertungen stellt auch keinen Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dar, der mit Urteil vom 16. Juli 2008 (FamRZ 2008, 1739 = FuR 2008, 485 = EzFamR BGB § 1570 Nr. 13) ausdrücklich ausgeführt hat, auch nach § 1570 BGB n.F. biete sich eine pauschalierende Beurteilung der Erwerbsobliegenheit anhand des Alters des betreuten Kindes an, weil stets zu beachten sei, ob dem betreuenden Elternteil auch neben der (auch ganztägigen) Fremdbetreuung des Kindes ein Betreuungs- und Erziehungsanteil verbleibe, der in Verbindung mit Vollzeiterwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen und damit unzumutbaren Belastung führen würde.
7. Der Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB ist nur dann zu befristen, wenn aufgrund einer hinreichend sicheren Prognosegrundlage festgestellt werden kann, zu welchem Zeitpunkt der Betreuungsbedarf des Kindes soweit abgesunken sein wird, daß dem das Kind betreuenden Elternteil eine Vollzeiterwerbstätigkeit zugemutet werden kann.

Beschluß vom 06.10.2008 - 12 UF 101/08: BGB §§ 1570, 1578

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Zur Konkurrenz der Unterhaltsansprüche zwischen einer geschiedenen Ehefrau und einer nach § 1615l BGB unterhaltsberechtigten Mutter.

Beschluß vom 10.10.2008 - 10 WF 322/08: BGB §§ 1609, 1615l

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Bei den Kosten für die Grundausstattung eines Säuglings handelt es sich schon im Ansatz nicht um eine Bedarfsposition der nicht verheirateten Mutter, sondern um Sonderbedarf des Kindes, der konkret darzulegen und nicht nur mit einem willkürlich gegriffenen Betrag anzugeben ist.

Beschluß vom 20.10.2008 - 10 WF 336/08: BGB §§ 1610, 1615l

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Das Vertrauen eines geschiedenen Ehegatten auf die Gewährung des vereinbarten nachehelichen Unterhalts steht einem Wegfall des Unterhaltsanspruchs alsbald nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform jedenfalls dann entgegen, wenn die Ehe von langer Dauer war, der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung noch elf Jahre gemeinsame minderjährige Kinder betreut und aufgrund seines Alters und seiner fehlenden Berufsausbildung und -erfahrung wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.

Beschluß vom 27.10.2008 - 10 WF 350/08: BGB § 1578b; EGZPO § 36 Nr. 1

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Die sogenannte »Drittelmethode« ist ab Verkündung des BGH-Urteils vom 30. Juli 2008 (FamRZ 2008, 1911 = FuR 2008, 542 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 69) anzuwenden.

Urteil vom 13.03.2009 - 12 UF 156/08: BGB § 1578

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1. Nicht jede Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt einen Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO dar und ist dementsprechend auch geeignet, die Präklusionsfolgen nach § 323 Abs. 2 ZPO auszulösen; es muß sich vielmehr um einen grundlegenden Richtungswechsel handeln, dessen Bedeutung über den konkret entschiedenen Einzelfall hinausgeht.
2. Da die Vorschrift des § 1578b BGB über die Befristung des Unterhalts als Einrede ausgestaltet ist, obliegt zwar grundsätzlich dem Unterhaltsschuldner die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Unterhaltsgläubiger keine ehebedingten Nachteile erlitten hat. Arbeitet der Unterhaltsgläubiger indessen nachehelich in dem bereits vor der Ehe ausgeübten Beruf, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß keine ehebedingten Nachteile vorliegen. Es ist dann Sache des Unterhaltsgläubigers, diese Vermutung zu erschüttern.

Urteil vom 27.03.2009 - 12 UF 203/08: BGB § 1578b; ZPO § 323

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Zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts wegen Kindesbetreuung.

Urteil vom 12.05.2009 - 10 UF 264/08: BGB §§ 1570, 1578b

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1. Neben der Betreuung von zwei 11 Jahre und 14 Jahre alten Schulkindern ist der Betreuungselternteil aus elternbezogenen Gründen auch dann noch nicht zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn die Kinder nach der Schule ganztägig in einer geeigneten Tagespflegestelle betreut werden könnten.
2. Zur unterhaltsrechtlichen Behandlung eines Geldvermögens, welches dem berechtigten Ehegatten nach Scheidung der Ehe im Wege der Erbschaft zugeflossen ist.
3. Wird der Unterhalt auf einen angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt, indem er auf einen Nachteilsausgleich nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten beschränkt worden ist, umfaßt der Unterhaltsbedarf auch den Altersvorsorgebedarf (im Anschluß an OLG Bremen FamRZ 2008, 1957).

Urteil vom 06.08.2009 - 17 UF 210/08: BGB §§ 1570, 1577, 1578, 1578b

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1. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit/Gebrechen kommt nicht in Betracht, wenn der Unterhaltsgläubiger im Hinblick auf seine verminderte Erwerbsfähigkeit keine Gelegenheit mehr hat, entsprechende Dispositionen zu treffen, um sich auf die durch das Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften zum 1. Januar 2008 geänderte Rechtslage einzustellen.
2. Der Unterhaltsgläubiger muß beweisen, daß nach der Scheidung ehebedingte Nachteile bestehen; insoweit tritt eine Beweislastumkehr ein. Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese Beweislastumkehr auf den Fall anzuwenden ist, daß der Unterhaltsgläubiger bei der Scheidung in demselben Beruf arbeitet, den er bereits bei der Eheschließung ausgeübt hat.

Beschluß vom 21.09.2009 - 10 UF 119/09: BGB §§ 1572, 1578b; EGZPO § 36 Nr. 1

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1. Die 44-jährige geschiedene Ehefrau eines Zahnarztes kann vier Jahre nach Rechtskraft der Scheidung auch dann auf den Arbeitsmarkt für un- und angelernte Kräfte verwiesen werden, wenn sie das Abitur erworben und ein Lehramtsstudium im Zusammenhang mit der Eheschließung abgebrochen hat; das gilt jedenfalls dann, wenn sie während der Ehezeit mehrere Jahre als ungelernte Empfangskraft in der Praxis des Ehemannes mitgearbeitet hat.
2. Hat die zweite Ehefrau des Unterhaltspflichtigen vorehelich geborene Kinder (Stiefkinder des Unterhaltspflichtigen) in die Ehe mitgebracht, und wird ihr im Rahmen der Dreiteilungsmethode ein Einkommen aus hypothetischer Erwerbstätigkeit zugerechnet (BGH FamRZ 2010, 111 = FuR 2010, 164), so sind diese Einkünfte jedenfalls um den Betrag zu bereinigen, den sie zur Deckung des durch Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters nicht gedeckten Mindestbedarfes ihrer Kinder benötigen würde.
3. Dem Umstand der Haushaltsersparnis durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen mit seiner zweiten Ehefrau kann im Rahmen der Dreiteilungsmethode dadurch Rechnung getragen werden, daß der Quotenbedarf der geschiedenen Ehefrau pauschal um 10% erhöht wird.
4. Zur Beurteilung ehebedingter Nachteile bei einer Abiturientin, die im Zusammenhang mit der Eheschließung in jungen Jahren ein Studium abgebrochen hat.

Urteil vom 11.03.2010 - 17 UF 154/09: BGB §§ 1570, 1574, 1578, 1578b

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Die geschiedene Ehefrau, die nach der Trennung der Eheleute zum neben der Alleinbetreuung der gemeinsamen Kinder frühestmöglichen Zeitpunkt ein zeitnah vor der Eheschließung konkret vorbereitetes (hier: Lehramts-) Studium aufgenommen und innerhalb der maßgeblichen Regelstudienzeit erfolgreich (hier: mit »sehr gut«) abgeschlossen hat, erfüllt ihre sekundäre Darlegungslast dafür, ohne Eheschließung und Familiengründung heute eine diesem tatsächlichen Studienerfolg entsprechende Tätigkeit (hier: verbeamtete Gymnasiallehrerin) auszuüben, auch wenn sie das zweite Staatsexamen später tatsächlich nicht bestanden hat; die Anforderungen an die auf dieser Grundlage dem unterhaltspflichtigen Ehemann obliegende Widerlegung solcher ehebedingter Nachteile werden durch ein bei Eheschließung und Geburt der gemeinsamen Kinder erreichtes Alter der Ehefrau von 29 Jahren nicht herabgesetzt.

Urteil vom 18.05.2010 - 10 UF 9/10: BGB § 1578b

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Die von dem Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast ehebedingter Nachteile (BGH FamRZ 2010, 875 = FuR 2010, 398) gelten auch, soweit der Unterhaltsverpflichtete geltend macht, tatsächlich fortwirkende Nachteile seien nicht mehr als ehebedingt anzusehen, da es der Unterhaltsberechtigten nach der Trennung möglich gewesen wäre und sie die Obliegenheit getroffen hätte, diese Nachteile zwischenzeitlich vollständig auszugleichen.

Urteil vom 06.07.2010 - 10 UF 64/10: BGB § 1578b

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