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Bundesgerichtshof 2011 - Neues Unterhaltsrecht - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes 2011
Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts [UÄndG]



Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08: BGB §§ 1571, 1573, 1577, 1578, 1578b
Urteil vom 02.02.2011 - XII ZR 11/09: BGB §§ 242, 313, 1408, 1570
Urteil vom 16.02.2011 - XII ZR 108/09: BGB § 1578b
Urteil vom 02.03.2011 - XII ZR 44/09: BGB §§ 1572,1578b
Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 03/09: BGB § 1570
Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 63/09: BGB §§ 1572, 1578b
Versäumnisurteil vom 06.04.2011 - XII ZR 79/09: BGB § 779; ZPO § 794
Urteil vom 04.05.2011 - XII ZR 70/09: BGB § 1603; ZPO §§ 323, 522
Urteil vom 01.06.2011 - XII ZR 45/09: BGB §§ 1570, 1684
Urteil vom 08.06.2011 - XII ZR 17/09: BGB § 1578b; EGZPO § 36
Urteil vom 15.06.2011 - XII ZR 94/09: BGB § 1570
Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 127/09: BGB §§ 1601, 1610, 1611, 1615l; BAföG; ZPO § 265
Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 157/09: BGB § 1578b
Urteil vom 13.07.2011 - XII ZR 84/09: BGB § 1579
Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 121/09: BGB §§ 1573, 1578, 1578b
Urteil vom 05.10.2011 - XII ZR 117/09: BGB § 1579
Urteil vom 26.10.2011 - XII ZR 162/09: BGB § 1578b
Urteil vom 23.11.2011 - XII ZR 47/10: BGB §§ 313, 1578, 1578b; EGZPO § 36
Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 151/09: BGB §§ 1578, 1581

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1. Eine von dem Unterhaltspflichtigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente ausgeübte Erwerbstätigkeit ist - entsprechend der Lage für den Unterhaltsberechtigten - sowohl hinsichtlich des Ehegattenunterhalts als auch des Kindesunterhalts regelmäßig überobligatorisch. Hierfür ist es unerheblich, ob der Unterhaltspflichtige abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist.
2. Die Anrechnung eines aus überobligatorischer Tätigkeit erzielten Einkommens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und hat der Überobligationsmäßigkeit Rechnung zu tragen. Eine danach eingeschränkte Anrechnung des Einkommens ist sowohl beim Ehegattenunterhalt als auch beim Kindesunterhalt schon bei der Ermittlung des vom Unterhaltspflichtigen abgeleiteten Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen.
3. Zur Ermittlung der Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt sogenannter privilegierter Volljähriger.
4. Wenn eine Befristung des Ehegattenunterhalts nach § 1578b Abs. 2 BGB wegen aktuell bestehender ehebedingter Nachteile ausgeschlossen ist, darf das Familiengericht die Entscheidung über eine - teilweise - Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 1 BGB nicht mit dem Hinweis auf eine nicht abgeschlossene wirtschaftliche Entflechtung der Verhältnisse zurückstellen, sondern muß hierüber insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich ist.

Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08: BGB §§ 1571, 1573, 1577, 1578, 1578b

BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08
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BGH, Urteil vom 12.01.2011 - XII ZR 83/08
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Hält ein ehevertraglich vereinbarter Verzicht auf nachehelichen Unterhalt der richterlichen Ausübungskontrolle nicht stand, so muß die anzuordnende Rechtsfolge im Lichte des Unterhaltsrechts und damit auch der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsreform und deren Änderungen gesehen werden. Deshalb ist zu berücksichtigen, daß § 1570 BGB nur noch einen auf drei Jahre begrenzten Basisunterhalt vorsieht, der aus kind- und elternbezogenen Gründen verlängert werden kann.

Urteil vom 02.02.2011 - XII ZR 11/09: BGB §§ 242, 313, 1408, 1570

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1. Für das Bestehen ehebedingter Nachteile kommt es vor allem darauf an, ob aus der tatsächlichen, nicht notwendig einvernehmlichen Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung Erwerbsnachteile entstanden sind (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2010, 2059 = FuR 2011, 100).
2. Gab der unterhaltsberechtigte Ehegatte während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft seinen Arbeitsplatz auf, ist es jedenfalls grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der unterhaltspflichtige Ehegatte damit einverstanden war oder nicht, so daß daraus entstandene Erwerbsnachteile ehebedingt sind. Etwas anderes gilt, wenn die Aufgabe (oder der Verlust) der Arbeitsstelle ausschließlich auf Gründen beruhte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen.

Urteil vom 16.02.2011 - XII ZR 108/09: BGB § 1578b

BGH, Urteil vom 16.02.2011 - XII ZR 108/09
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BGH, Urteil vom 16.02.2011 - XII ZR 108/09
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1. Im Rahmen des Krankheitsunterhalts nach § 1572 BGB kann sich ein ehebedingter Nachteil aus der Aufgabe der Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung und Haushaltstätigkeit während der Ehe ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht erfüllt sind. Denn nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben.
2. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.

Urteil vom 02.03.2011 - XII ZR 44/09: BGB §§ 1572,1578b

BGH, Urteil vom 02.03.2011 - XII ZR 44/09
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BGH, Urteil vom 02.03.2011 - XII ZR 44/09
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1. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa während der Kindergarten- und Grundschulzeit, abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53).
2. Zur Verwirkung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1579 BGB.

Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 3/09: BGB § 1570

BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 3/09
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BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 3/09
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Zur Herabsetzung und Befristung nachehelichen Krankheitsunterhalts.

Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 63/09: BGB §§ 1572, 1578b

BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 63/09

BGH, Urteil vom 30.03.2011 - XII ZR 63/09

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Die Rückforderung von Leistungen, die aufgrund eines nichtigen Prozeßvergleichs erbracht worden sind, kann jedenfalls dann im Wege eines neuen Rechtsstreits erfolgen, wenn das Ursprungsverfahren, in dem der Vergleich geschlossen worden ist, rechtskräftig beendet ist (Abgrenzung zu BGHZ 142, 253 = NJW 1999, 2903).

Versäumnisurteil vom 06.04.2011 - XII ZR 79/09: BGB § 779; ZPO § 794

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1. Für die Abänderung einer Jugendamtsurkunde über den Kindesunterhalt ist in Verfahren, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet wurden, die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 4 ZPO zulässig.
2. Die vom Unterhaltsberechtigten begehrte Abänderung einer einseitig erstellten Jugendamtsurkunde setzt keine Änderung der ihr zugrunde liegenden Umstände voraus. Im Rahmen eines Abänderungsbegehrens durch den Unterhaltspflichtigen ist hingegen die Wirkung eines in der Urkunde liegenden Schuldanerkenntnisses zu berücksichtigen, was geänderte Umstände seit Abgabe des Schuldanerkenntnisses voraussetzt (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2009, 314 = FuR 2009, 162 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 62, und an den Senatsbeschluß FamRZ 2007, 715 = FuR 2007, 216 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 57).
3. Die Erstausbildung gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den dieser grundsätzlich auch bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern vorrangig befriedigen darf (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 1994, 372 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 21 = BGHF 8, 1423).
4. Auch der betreuende Elternteil im Sinne von § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB kann ein anderer leistungsfähiger Verwandter im Sinne von § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB sein. Dem barunterhaltspflichtigen Elternteil kann der angemessene Selbstbehalt belassen bleiben, wenn der Kindesunterhalt von dem betreuenden Elternteil unter Wahrung dessen angemessenen Selbstbehalts gezahlt werden kann, und ohne seine Beteiligung an der Barunterhaltspflicht ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstünde (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2008, 137 = FuR 2008, 92 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 59).

Urteil vom 04.05.2011 - XII ZR 70/09: BGB §§ 1603, 1606; ZPO §§ 323, 522

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1. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa während der Kindergarten- und Grundschulzeit, abstellt, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2011, 791 = FuR 2011, 392).
2. Für die Betreuung des gemeinsamen Kindes ist grundsätzlich auch der barunterhaltspflichtige Elternteil in Betracht zu ziehen, wenn er dies ernsthaft und verläßlich anbietet. Wie bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts nach § 1684 BGB ist auch im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB maßgeblich auf das Kindeswohl abzustellen, hinter dem rein unterhaltsrechtliche Erwägungen zurücktreten müssen (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2010, 1880 = FuR 2011, 53).

Urteil vom 01.06.2011 - XII ZR 45/09: BGB §§ 1570, 1684

BGH, Urteil vom 01.06.2011 - XII ZR 45/09
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BGH, Urteil vom 01.06.2011 - XII ZR 45/09
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1. Die Anwendung des § 36 Nr. 1 EGZPO und des darin enthaltenen Zumutbarkeitskriteriums ist auf die Fälle beschränkt, in denen sich der Abänderungsgrund aus dem Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 ergibt (im Anschluß an die Senatsurteile BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 = FuR 2010, 164; 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 = FuR 2010, 579, und FamRZ 2010, 538 = FuR 2010, 284).
2. Zur Feststellung ehebedingter Nachteile in der Altersvorsorge, wenn der Versorgungsausgleich nur einen Teil der Ehezeit erfaßt (im Anschluß an die Senatsurteile FamRZ 2010, 1633 = FuR 2010, 634, und FamRZ 2011, 713 = FuR 2011, 408).

Urteil vom 08.06.2011 - XII ZR 17/09: BGB § 1578b; EGZPO § 36 Nr. 1

BGH, Urteil vom 08.06.2011 - XII ZR 17/09
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BGH, Urteil vom 08.06.2011 - XII ZR 17/09
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1. Ein Altersphasenmodell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa bis zum achten und zum zwölften Lebensjahr, abstellt, wird den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluß an das Senatsurteil FamRZ 2011, 791 = FuR 2011, 392).
2. Das gilt auch, wenn solche Altersphasen nur als Regelfall behandelt werden, innerhalb dessen die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, die Begründung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils aber nicht auf individuelle Einzelumstände gestützt ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 = FuR 2009, 391 Tz. 28).

Urteil vom 15.06.2011 - XII ZR 94/09: BGB § 1570

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Der Unterhaltsberechtigte verliert den Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern nicht deshalb, weil er infolge einer Schwangerschaft und der anschließenden Kindesbetreuung seine Ausbildung verzögert beginnt. Das gilt jedenfalls insoweit, als der Unterhaltsberechtigte seine Ausbildung nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes - gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit - aufnimmt.

Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 127/09: BGB §§ 1601, 1610, 1611, 1615l; BAföG; ZPO § 265

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Altersunterhalt: Zu den Voraussetzungen, unter denen ein vor langer Zeit zwischen geschiedenen Ehegatten vereinbarter Unterhaltsanspruch nach Erreichen des Rentenalters noch begrenzt und/oder zeitlich befristet werden kann.

Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 157/09: BGB § 1578b

BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 157/09
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BGH, Urteil vom 29.06.2011 - XII ZR 157/09
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1. Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, daß der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, daß er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle.
2. Ein nach § 1579 Nr. 2 BGB beschränkter oder versagter nachehelicher Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich wiederaufleben, wobei es einer umfassenden Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung aller Umstände bedarf. Bei Beendigung der verfestigten Lebensgemeinschaft lebt ein versagter Unterhaltsanspruch regelmäßig im Interesse gemeinsamer Kinder als Betreuungsunterhalt wieder auf. Für andere Unterhaltstatbestände gilt dies nur dann, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität geschuldet ist, das im Ausnahmefall eine weitergehende nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann.

Urteil vom 13.07.2011 - XII ZR 84/09: BGB § 1579

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1. Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an, die vom Familiengericht aufgrund des - gegebenenfalls beweisbedürftigen - Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind (Fortführung der Senatsurteile FamRZ 1993, 789 = EzFamR BGB § 1572 Nr. 5 = BGHF 8, 747, und FamRZ 2008, 2104 = FuR 2008, 597 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 68).
2. Bei der Bedarfsermittlung aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse ist es Aufgabe der Tatsacheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles eine geeignete Methode zur möglichst realitätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens zu finden. Daher kann es im Einzelfall zulässig und geboten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem sog. In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln (im Anschluß an BGH FamRZ 2004, 1177 = FuR 2004, 507 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 62).
3. Für eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts genügt auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nicht der alleinige Hinweis auf die Dauer der Ehe, der Kinderbetreuung und der bisherigen Unterhaltszahlungen, wenn andere Umstände unstreitig sind, die für eine Verlängerung des Unterhalts sprechen. Die Entscheidung des Familiengerichts muß erkennen lassen, daß alle wesentlichen Faktoren berücksichtigt worden sind.

Urteil vom 21.09.2011 - XII ZR 121/09: BGB §§ 1573, 1578, 1578b

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1. Mit der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1579 Nr. 2 BGB ist die verfestigte Lebensgemeinschaft als eigenständiger Härtegrund in das Gesetz übernommen worden. Eine Änderung der Rechtslage ist damit allerdings nicht verbunden.
2. Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 1579 Nr. 2 BGB ist es, rein objektive Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, daß der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, sich damit endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, daß er diese nicht mehr benötigt. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners spielen hingegen keine Rolle.
3. Wurde in einem vorangegangenen Abänderungsverfahren eine verfestigte Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten rechtskräftig verneint, steht dies einer späteren Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit nach § 1579 Nr. 2 BGB nicht entgegen, die auf neue Umstände gestützt ist. Als solche kommen insbesondere Indiztatsachen für das Erscheinungsbild der Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit und ein längerer Zeitablauf in Betracht.

Urteil vom 05.10.2011 - XII ZR 117/09: BGB § 1579

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Zu der sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter Nachteile bei der Unterhaltsherabsetzung und -befristung (im Anschluß an die Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875, und FamRZ 2010, 2059).

Urteil vom 26.10.2011 - XII ZR 162/09: BGB § 1578b

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1. Daß der Unterhaltspflichtige mit der Herabsetzung gemäß § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. eines nach altem Recht nicht befristbaren Unterhaltsanspruchs (hier: Anspruch auf Altersunterhalt) ausgeschlossen war, steht einer Herabsetzung und/oder Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB nicht entgegen.
2. Der durch die Eheschließung bedingte Wegfall eines aus einer früheren Ehe herrührenden Unterhaltsanspruchs stellt keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578b BGB dar.

Urteil vom 23.11.2011 - XII ZR 47/10: BGB §§ 313, 1578 a.F., 1578b; ZPO § 323 a.F.; EGZPO § 36

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1. Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluß an BVerfG FamRZ 2011, 437).
2. Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB zu berücksichtigen.
3. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat. Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten beeinflußt haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluß an das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 30 = BGHF 6, 1199).
4. Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.

Urteil vom 07.12.2011 - XII ZR 151/09: BGB §§ 1578, 1581

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