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Oberlandesgericht Düsseldorf - Neues Unterhaltsrecht - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung zum Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts [UÄndG]
OLG Düsseldorf 2008 - 2011




Beschluß vom 17.01.2008 - II-3 WF 294/07: BGB §§ 1361, 1578b
Beschluß vom 19.03.2008 - II-4 WF 41/08: BGB §§ 1570, 1609; ZPO § 323
Urteil vom 18.04.2008 - II-6 UF 150/07: BGB §§ 1570, 1578b
Urteil vom 05.05.2008 - II-2 UF 135/06: BGB §§ 1570, 1578, 1578b, 1609; EGZPO § 36
Beschluß vom 09.05.2008 - II-2 WF 62/08: BGB § 1570
Beschluß vom 02.06.2008 - II-4 WF 41/08: BGB §§ 1570, 1609; ZPO § 323
Urteil vom 16.06.2008 - II-2 UF 5/08: BGB §§ 1573, 1578, 1578b
Beschluß vom 07.07.2008 - II-8 WF 109/08: BGB § 1578b; ZPO § 114
Beschluß vom 02.09.2008 - II-3 UF 63/08: BGB § 1578b
Urteil vom 18.09.2008 - II-7 UF 33/08: BGB §§ 1570, 1578, 1612b n.F.
Urteil vom 18.09.2008 - I-24 U 157/07: BGB §§ 280, 675, 611, 1573, 1578
Urteil vom 24.09.2008 - II-8 UF 212/07: BGB §§ 1569 ff, 1578b; InsO §§ 35, 80, 221
Urteil vom 16.10.2008 - II-7 UF 119/08: BGB § 1570
Urteil vom 29.10.2008 - II-8 UF 99/08: BGB §§ 1572, 1578b
Beschluß vom 18.11.2008 - I-24 U 19/08: BGB §§ 280, 675, 611, 1573, 1578b
Beschluß vom 19.11.2008 - II-1 WF 133/08: BGB § 1570
Beschluß vom 15.12.2008 - II-2 WF 222/08: BGB § 1570
Urteil vom 14.01.2009 - II-8 UF 113/08: BGB §§ 1570, 1578, 1578b
Beschluß vom 16.03.2009 - II-8 WF 38/09: BGB § 1578b; GKG § 42
Urteil vom 01.04.2009 - II-8 UF 203/08: BGB §§ 1572, 1578b
Beschluß vom 24.07.2009 - I-24 U 49/08: BGB §§ 280, 611, 675, 1569 ff, 1578b; ZPO § 323
Beschluß vom 12.08.2009 - II-8 WF 73/09: BGB §§ 1570, 1572, 1573, 1577, 1579
Urteil vom 31.08.2009 - II-2 UF 48/09: BGB §§ 1573, 1578b
Urteil vom 09.09.2009 - II-8 UF 56/09: BGB § 1578b
Urteil vom 07.10.2009 - II-8 UF 32/09: BGB §§ 1570, 1578b
Urteil vom 29.10.2009 - II-7 UF 88/09: BGB §§ 1361, 1570, 1574
Beschluß vom 22.12.2009 - II-8 WF 155/09: BGB § 1577
Urteil vom 03.03.2010 - II-8 UF 165/09: BGB §§ 1572, 1578b
Urteil vom 17.03.2010 - II-8 UF 173/09: BGB § 1578b
Beschluß vom 27.01.2011 - II-7 UF 125/10: BGB § 1578b

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Eine Herabsetzung des Trennungsunterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf oder seine zeitliche Begrenzung entsprechend der für den nachehelichen Uunterhalt geltenden Regelung des § 1578b BGB ist für den Trennungsunterhalt nicht vorgesehen.

Beschluß vom 17.01.2008 - II-3 WF 294/07: BGB §§ 1361, 1578b

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1. Ein über das dritte Lebensjahr des Kindes hinausgehender Betreuungsunterhalt kommt nur dann in Betracht, wenn der betreuende Elternteil substantiiert darlegt, daß die konkrete Betreuungssituation oder eine besondere Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht zulassen.
2. Bestand vor dem 1. Januar 2008 ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt, dann mußte sich der Unterhaltsgläubiger erst mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften darauf einstellen, daß er künftig neben der Betreuung eines zwischenzeitlich sechs Jahre alten Kindes einer Erwerbstätigkeit nachgehen muß. Ihm ist daher eine Übergangsfrist zuzubilligen, innerhalb derer er sich auf die verschärften Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit einstellen und Bemühungen um einen Arbeitsplatz entfalten kann.

Beschluß vom 19.03.2008 - II-4 WF 41/08: BGB §§ 1570, 1609; ZPO § 323

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1. Ist einer Grundschule eine Offene Ganztagsschule (Betreuung bis 16 Uhr) angeschlossen, dann kann dem betreuenden Elternteil wegen dieser bestehenden Betreuungsmöglichkeit eine Tätigkeit von 20 Wochenstunden zugemutet werden.
2. Arbeitet der Unterhaltsgläubiger als Büroangestellter mit 18 Wochenstunden, und verdient er brutto nur 500 €, dann ist er gehalten, sich um eine besser bezahlte Stelle zu bemühen: Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß auch eine ungelernte Kraft bei entsprechendem Engagement einen Stundenlohn von 10 € brutto erzielen kann.
3. Zur Frage der zeitlichen Befristung (§ 1578b BGB) eines Anspruchs auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) wegen noch mangelnder Überschaubarkeit der künftigen tatsächlichen Verhältnisse.

Urteil vom 18.04.2008 - II-6 UF 150/07: BGB §§ 1570, 1578b

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Die Ansprüche gleichrangiger Ehegatten, die beide über Einkommen verfügen, sind auf der Grundlage des ab dem Jahr 2008 geltenden Unterhaltsrechts derart zu ermitteln, dass die tatsächlichen Einkünfte sowohl der Ehegatten als auch des Unterhaltsverpflichteten zu addieren und - gegebenenfalls nach Bereinigung um das Anreizsiebtel - danach durch die Personenzahl der Unterhaltsgemeinschaft zu teilen sind. Der sich hiernach ergebende Bedarf ist um die eigenen Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu kürzen. Durch eine Kontrollberechnung, bei der die Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten auf Basis der Steuerklasse I ermittelt werden, ist sicherzustellen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nicht an hohen Einkünften des weiteren Ehegatten partizipiert.

Urteil vom 05.05.2008 - II-2 UF 135/06: BGB §§ 1570, 1573, 1578b, 1609; EGZPO § 36

Hinweis

Der zweite Familiensenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 05.05.2008 die bislang ungeklärte und umstrittene Frage entschieden, wie der Unterhalt zu berechnen ist, wenn eine Mangellage vorliegt, zwei Unterhaltsgläubiger im gleichen Rang stehen und ihnen damit im Grundsatz ein gleich hoher Unterhaltsbedarf zusteht, und wenigstens einer von ihnen Einkommen erzielt. Diese Berechnungsmethode ermögliche es, auch Fälle mit zwei, drei oder mehr aktuellen/getrennt lebenden/geschiedenen Ehepartnern sachgerecht zu lösen.

Wenn etwa sowohl der geschiedene als auch der neue Partner arbeiten und Einkommen erzielen, dann wird nach dieser vom Senat dargestellten Berechnungsmethode zum Zwecke der Berechnung des Unterhalts das verfügbare Einkommen des Unterhaltsschuldners und dasjenige aller Unterhaltsgläubiger im gleichen Rang addiert und durch die Zahl der Beteiligten (ohne Kinder im 1. und im 4. Rang) geteilt (im Falle von zwei Unterhaltsgläubigern: sog. »Drittel-Lösung«); anschließend wird das jeweilige Erwerbseinkommen des Unterhaltsgläubigers abgezogen, um die konkrete Höhe seines individuellen Unterhaltsanspruchs zu ermitteln.

Minderjährige und nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegierte volljährige Kinder werden bei dieser Berechnung nicht mitgezählt, da sie im 1. Rang stehen, und ihr Unterhalt daher bereits vorweg vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abgezogen wird.

Berücksichtigt wird ferner der bundesweit unterschiedliche Erwerbstätigenbonus (»Anreizsiebtel« bzw. »Anzeizzehntel«), das einem Erwerbstätigen einen Vorwegabzug von einem Siebtel bzw. Zehntel seines Einkommens ermöglicht.
Damit sich jedoch der geschiedene Ehepartner nicht durch eine erneute Eheschließung seines ehemaligen Partners besser stellt, hat sich der Senat auf eine fiktive Berechnung ohne erneute Eheschließung festgelegt: Ohne Korrekturen könnte diese Berechnungsweise, etwa bei einem hohen Einkommen des neuen Ehepartners, dazu führen, daß der geschiedene Ehepartner besser stünde als ohne erneute Eheschließung seines früheren Ehepartners. Der Senat hat daher zusätzlich geprüft, welcher Unterhalt dem geschiedenen Ehepartner zu zahlen wäre, wenn der andere nicht erneut geheiratet hätte (Differenzmethode, fiktive Berechnung auf Basis der Steuerklasse I). Gegebenenfalls ist der Unterhalt dann auf diesen Betrag zu begrenzen.
Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Polizeibeamter aus erster Ehe drei Kinder zwischen zwölf und 22 Jahren und lebte in zweiter Ehe mit zwei Kindern im Alter von sechs und neun Jahren. Beide Ehefrauen erzielten eigenes Einkommen bzw. mußten sich wegen unterlassener Bemühungen um einen Arbeitsplatz fiktives Einkommen anrechnen lassen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (§ 543 ZPO).

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1. Trotz Stärkung des Grundsatzes der Eigenverantwortung durch die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform hat das Prinzip der Eigenverantwortung zurückzustehen, wenn und soweit es das Kindeswohl erfordert. Der kinderbetreuende Elternteil muß sich daher nicht auf Fremdbetreuungsmöglichkeiten verweisen lassen, wenn und soweit dies mit den Kindesbelangen nicht vereinbar ist.
2. Das Gesetz enthält zwar keine ausdrückliche Vorgabe zu der Frage, in welchem Umfange der betreuende Elternteil bei einer bestehenden Betreuungsmöglichkeit auf eine eigene Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann, macht jedoch mit den Worten »soweit und solange« deutlich, daß es auf die Verhältnisse des Einzelfalles ankommt.
3. Ein Kinder betreuender Elternteil hat, wie dies durch die nunmehrigen §§ 1569, 1570, 1574 BGB fixiert ist, grundsätzlich bestehende Kinderbetreungsplätze zu nutzen, um auch selbst einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, daß solche Möglichkeiten im konkreten Fall nicht bestehen.
4. Die gesetzliche Neuregelung verlangt keineswegs einen abrupten übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeittätigkeit; im Interesse des Kindeswohls ist vielmehr auch künftig ein gestufter Übergang möglich.
5. Die in § 1570 Abs. 2 BGB geschaffene Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch aus dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität zu verlängern, wird insbesondere dann geboten sein, wenn dem betreuenden Ehegatten ein schützenswertes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung zuzubilligen ist. Hier finden die konkreten ehelichen Lebensverhältnisse sowie die nachwirkende eheliche Solidarität ihren Niederschlag.
6. Die Verpflichtung zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit neben sämtlichen Lasten der Kinderbetreuung besteht dann nicht, wenn dies zu einer deutlich ungleichen Lastenverteilung beider Elternteile führen würde.

Beschluß vom 09.05.2008 - II-2 WF 62/08: BGB § 1570

Hinweis

Der zweite Familiensenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat am 9. Mai 2008 entschieden, daß es einem alleinerziehenden geschiedenen Ehepartner, der zwei Kinder im Grundschulalter betreut, auch nach Inkrafttreten der Unterhaltsreform nur zumutbar sein kann, einer Teilzeittätigkeit nachzugehen. Gegebenenfalls seien bestehende Kinderbetreuungsplätze zu nutzen. Der alleinerziehende Elternteil habe zu beweisen, daß Betreuungsmöglichkeiten im Einzelfall nicht bestehen.
Eine Vollzeittätigkeit könne hingegen regelmäßig nicht erwartet werden, weil Zeit verbleiben müsse, zur Arbeitsstätte zu gelangen, die notwendigen Einkäufe zu tätigen, die Grundschulkinder angemessen zu versorgen, zu betreuen und zu fördern (Hausaufgaben und Freizeitaktivitäten).

Entscheidend seien stets die Umstände des Einzelfalles (vgl. § 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 sowie Abs. 2 BGB). So könne auch die zuvor in der Ehe praktizierte Rollenverteilung von Bedeutung sein; auch komme etwa ein gleitender Übergang in das Arbeitsleben in Betracht: Die Anzahl der Arbeitsstunden könne nach und nach auf das zumutbare Maß gesteigert werden, wenn ein alleinerziehende Ehepartner früher nicht berufstätig gewesen sei.

Mit der Gesetzesänderung sollte die Eigenverantwortung der geschiedenen Ehepartner gestärkt werden. Bis zum Inkrafttreten der Unterhaltsrechtreform zum 01.01.2008 ging die Rechtsprechung regelmäßig davon aus, daß Alleinerziehende bis zum 8. Lebensjahr eines Kindes im Regelfall keiner Berufstätigkeit, vom 9. bis zum 15. Lebensjahr einer Teilzeitbeschäftigung und ab dann einer Vollerwerbstätigkeit nachzugehen hätten (sog. »0/8/15-Altersphasenmodell«). Nach bisherigem Recht hatte im übrigen der andere Ehepartner zu beweisen, daß eine Kinderbetreuungsmöglichkeit bestand, und damit eine Erwerbstätigkeit der Alleinerziehenden möglich war.
Im konkreten Fall hatte sich die auf Unterhalt klagende, alleinerziehende und geschiedene Ehefrau um die beiden sechs und neun Jahre alten Kinder gekümmert. Sie hatte erstmals nach der Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Das Amtsgericht Duisburg hatte in erster Instanz noch eine Vollzeittätigkeit für zumutbar gehalten, der Senat hingegen nur eine Erwerbstätigkeit von fünf Stunden täglich.

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1. Nach dem Willen des Gesetzgebers des neuen Unterhaltsrechts kommt ein über das dritte Lebensjahr eines Kindes hinausgehender Betreuungsunterhalt nur dann in Betracht, wenn der Unterhalt begehrende Elternteil substantiiert darlegt, daß die konkrete Betreuungssituation oder eine besondere Betreuungsbedürftigkeit eines Kindes eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht zulassen.

2. Ein Unterhaltsgläubiger, der Betreuungsunterhalt erhält, mußte sich erst mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften darauf einstellen, daß er neben der Betreuung eines inzwischen 6-jährigen Kindes einer Erwerbstätigkeit nachgehen muß. Ihm ist daher eine Übergangsfrist zuzubilligen, innerhalb derer er sich auf die verschärften Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit einstellen und Bemühungen um einen Arbeitsplatz entfalten kann.

Beschluß vom 02.06.2008 - II-4 WF 41/08: BGB §§ 1570, 1609; ZPO § 323

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Gibt es für einen Beruf (hier: Näherin) seit längerer Zeit in Deutschland keinen Arbeitsmarkt mehr, dann ist nicht davon auszugehen, daß der Unterhaltsgläubiger auch ohne Ehe derzeit nur einen Beruf im Geringverdienerbereich ausüben könnte; vielmehr ist anzunehmen, daß er sich beruflich umorientiert hätte, sofern er nicht nur wegen fehlender beruflicher Praxis auf Tätigkeiten im Geringverdienerbereich angewiesen ist.

Urteil vom 16.06.2008 - II-2 UF 5/08: BGB §§ 1573, 1578, 1578b

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1. Die Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen Unterhaltsansprüche nach der seit 1. Januar 2008 geltenden Vorschrift des § 1578b BGB zu befristen sind, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und darf deshalb grundsätzlich nicht im Prozeßkostenhilfe-Prüfungsverfahren entschieden werden.
2. Soweit rückständige Unterhaltsansprüche, die zunächst kraft Gesetzes auf einen öffentlichen Leistungsträger übergegangen sind und dann an den Berechtigten zurückübertragen wurden, geltend gemacht werden, ist der Berechtigte in der Regel nicht als bedürftig anzusehen, weil ihm insoweit ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen den Leistungsträger zusteht (im Anschluß an BGH FamRZ 2008, 1159).

Beschluß vom 07.07.2008 - II-8 WF 109/08: BGB § 1578b; ZPO § 114

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Bei fast 17-jähriger kinderloser Ehe und beiderseitiger Vollzeittätigkeit während der Ehe kommt eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts auf vier Jahre in Betracht.

Beschluß vom 02.09.2008 - II-3 UF 63/08: BGB § 1578b

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Der Vorabzug des Kindesunterhalt von dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils hat für die Berechnung des Ehegattenunterhalts in Höhe der Tabellen- und nicht der Zahlbeträge zu erfolgen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kommt nicht in Betracht; § 1612b BGB ist verfassungskonform auszulegen.

Urteil vom 18.09.2008 - II-7 UF 33/08: BGB §§ 1570, 1578, 1612b n.F.

Hinweis

Der Senat hat angesichts des Kindesalters (die gemeinsame, von ihrer Mutter betreute Tochter ist erst fünf Jahre alt) den betreuenden Elternteil nicht darauf verwiesen, er könne seinen Bedarf gänzlich durch eigene Erwerbstätigkeit decken: »Mehr als eine etwa halbschichtige Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Kindesinteressen nicht zumutbar.«

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1. Nach dem Grundsatz des sichersten Weges hat der Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit um nachehelichen Unterhalt die in Betracht kommende Begrenzung des Anspruchs vorzutragen, auch wenn das Gericht dies ohnehin aufgrund des Klageabweisungsantrages des Rechtsanwalts zu erwägen hat.
2. Ein etwaiger Fehler des Gerichts des Vorprozesses entlastet den Rechtsanwalt nur, wenn dieser Fehler aus der gerichtlichen Entscheidung ersichtlich ist (im Anschluß an BGHZ 174, 205).

Urteil vom 18.09.2008 - I-24 U 157/07: BGB §§ 280, 675, 611, 1573, 1578

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Eine entsprechende Regelung im rechtskräftig gerichtlich bestätigten Insolvenzplan ist als Verzicht des unterhaltsberechtigten Gläubigers auf laufende Unterhaltsansprüche ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu bewerten, auch wenn der Unterhaltsgläubiger dem Plan in der Gläubigerversammlung widersprochen, und das Insolvenzgericht daraufhin seine Zustimmung fingiert hat.

Urteil vom 24.09.2008 - II-8 UF 212/07: BGB §§ 1569 ff, 1578b; InsO §§ 35, 80, 221, 254

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1. Zur Beurteilung der Erwerbsobliegenheit eines betreuenden Elternteils.
2. Auch nach neuem Recht ist eine pauschalierende Beurteilung anhand des Kindesalters zulässig.

Beschluß vom 16.10.2008 - II-7 UF 119/08: BGB § 1570

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1. Der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB ist nach dem seit Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht gemäß § 1578b Abs. 2 BGB grundsätzlich befristbar. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Unterhaltsberechtigten ist im Rahmen der nach § 1578b BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen, steht einer Befristung jedoch grundsätzlich nicht entgegen.
2. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Unterhaltsberechtigten ist nicht allein deshalb als ehebedingter Nachteil (im Sinne des § 1578b BGB) anzusehen, weil die Erkrankung während der Ehe ausgebrochen ist, und nicht ausgeschlossen werden kann, daß ihr Ausbruch und Verlauf durch den unglücklichen Verlauf der Ehe begünstigt wurde.
3. Ein ehebedingter Nachteil liegt jedoch vor, wenn sich die Versorgungslage des Unterhaltsberechtigten im Krankheitsfall durch die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse verschlechtert hat. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund seiner Erwerbsabstinenz während der Ehe die Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt.

Urteil vom 29.10.2008 - II-8 UF 99/08: BGB §§ 1572, 1578b

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1. Nach dem Grundsatz des sichersten Weges hat der Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit um nachehelichen Unterhalt die in Betracht kommende Begrenzung des Anspruchs vorzutragen, auch wenn das Gericht dies ohnehin aufgrund des Klageabweisungsantrages des Rechtsanwalts zu erwägen hat.
2. Auf den Unterhalt wegen Krankheit ist die Befristungsmöglichkeit nach § 1573 Abs. 5 BGB nicht anzuwenden.
3. Der Mandant hat im Regreßprozeß zur Begründung seines Schadens sämtliche Umstände darzulegen, die im Ausgangsprozeß gemäß § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB vorzutragen waren und zu einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs geführt hätten.

Beschluß vom 18.11.2008 - I-24 U 19/08: BGB §§ 280, 611, 675, 1573, 1578b

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Zu dem Anspruch auf Unterhalt wegen Betreuung zweier Kinder im Alter von 16 und 11 Jahren.

Beschluß vom 19.11.2008 - II-1 WF 133/08: BGB § 1570

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1. Auch nach der Neuregelung des Betreuungsunterhalts durch das Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften ab dem 1. Januar 2008 muß der betreuende Elternteil nicht zwingend nach Vollendung des dritten Lebensjahres des von ihm betreuten Kindes eine Vollzeittätigkeit aufnehmen, sondern der gesetzlich vorgesehene Beurteilungsrahmen des Billigkeitsunterhalts ist anhand der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles auszufüllen.
2. Die neue Gesetzeslage läßt zwar kein - auch modifiziertes - Altersphasenmodell mehr zu; wohl aber kann aufgrund von Erfahrungswerten ein Beurteilungsrahmen geschaffen werden, der in jedem Einzelfall anhand der jeweiligen Besonderheiten auszufüllen ist.
3. Im Regelfall ist unter Berücksichtigung des Umfangs der auch bei einer Ganztagsbetreuung in einer Kindertageseinrichtung oder Schule verbleibenden elterlichen Betreuungsleistung entsprechend dem Alter des jüngsten Kindes vom betreuenden Elternteil eine stufenweise Ausweitung der Erwerbstätigkeit zu erwarten.
4. Regelmäßig wird neben der Betreuung eines Kindes im Alter von 3 bis 8 Jahren (Abschluß der zweiten Grundschulklasse) eine teilschichtige Erwerbstätigkeit bis zum Umfang von 20 Wochenstunden, mindestens im Umfange einer geringfügigen Beschäftigung, und neben der Betreuung eines Kindes im Alter von bis zu 12 Jahren (Abschluß des 6. Schuljahres) eine teil- bis vollschichtige Erwerbstätigkeit, mindestens im Umfange von 20 Wochenstunden, auszuüben sein; danach besteht in der Regel die Obliegenheit zur Ausübung einer Vollzeittätigkeit.
5. Dabei ist in jedem Einzelfall die Beurteilung insbesondere anhand folgender Kriterien vorzunehmen: Anzahl der betreuten Kinder, Möglichkeiten der Fremdbetreuung, besondere Förder- und Betreuungsbedürfnisse des Kindes, regelmäßige Arbeitszeiten des betreuenden Elternteils, Beteiligung des anderen Elternteils an der Betreuung, gemeinsame Vorstellung der Eltern zur Ausgestaltung der Kinderbetreuung.

Beschluß vom 15.12.2008 - II-2 WF 222/08: BGB § 1570

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1. Bei dergestalt untypischem Eheverlauf, daß das erste Kind der Parteien erst nach längerer Ehedauer (hier: ca. 14 Jahre) geboren wurde, und für die Ehefrau nach der Geburt eines weiteren Kindes erst mit knapp 50 Jahren eine Erwerbsobliegenheit eingetreten ist, ist eine Beschränkung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1578b BGB nicht geboten.
2. Beschränkt ein Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch ausdrücklich auf die Sättigungsgrenze für den Quotenunterhalt, ist es nicht möglich, zusätzlich eine weitere Unterhaltsposition, die im Rahmen einer konkreten Bedarfsbemessung zu berücksichtigen wäre, geltend zu machen.

Urteil vom 14.01.2009 - II-8 UF 113/08: BGB §§ 1570, 1578, 1578b

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Für einen rein deklaratorischen Unterhaltsverzicht ohne eigenen Regelungsinhalt ist neben dem - ohnehin - gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 GKG festgesetzten Betrag kein - weiterer - Streitwert festzusetzen.

Beschluß vom 16.03.2009 - II-8 WF 38/09: BGB § 1578b; GKG § 42

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1. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit fällt als allgemeines Lebensrisiko im Regelfall in die Risikosphäre des Erkrankten. Eine Erkrankung ist nicht allein deshalb ein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578b BGB, weil sie während der Ehe ausgebrochen ist (im Anschluß an BGHZ 179, 43 = FuR 2009, 203). Das gilt auch dann, wenn der Ausbruch oder der Verlauf der Erkrankung durch die Scheidungsproblematik oder durch Eheprobleme begünstigt worden ist.
2. Auch nach einer längeren Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe kann eine Beschränkung und/oder Befristung des Unterhalts geboten sein. Das gilt insbesondere dann, wenn bereits bei Eheschließung große Unterschiede im beruflichen Qualifikationsniveau der Parteien bestanden, und die Einkommensdifferenz nach der Trennung ihre Ursache in diesen Unterschieden hat, und wenn dem unterhaltsberechtigten Ehepartner durch die ehebedingte Erwerbsabstinenz keine berufliche Entwicklungschancen verschlossen geblieben sind, die sich ihm ohne die Ehe eröffnet hätten.

Urteil vom 01.04.2009 - II-8 UF 203/08: BGB §§ 1572, 1578b

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Im Regreßprozeß wegen einer versäumten Unterhaltsabänderungsklage hat der klagende Mandant dem Gericht den Sachverhalt vorzutragen, den er als Schuldner dem Familiengericht im Ausgangsverfahren unterbreitet hätte, und aus dem sich schlüssig ergeben muß, daß der titulierte Unterhalt wegen unvorhergesehener, wesentlicher Veränderung der tatsächlichen und/oder rechtlichen Verhältnisse hätte herabgesetzt werden müssen.

Beschluß vom 24.07.2009 - I-24 U 49/08: BGB §§ 280, 611, 675, 1569 ff, 1578b; ZPO § 323

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Die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit neben der Betreuung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, indiziert die Vereinbarkeit der Tätigkeit mit den Belangen des Kindes (im Sinne des § 1570 Abs. 1 BGB). Der Abzug eines Betreuungsbonus oder eine Teilanrechnung der tatsächlich erzielten Einkünfte (nach § 1577 Abs. 2 BGB) kommt deshalb im Regelfall nicht in Betracht.

Beschluß vom 12.08.2009 - II-8 WF 73/09: BGB §§ 1570, 1572, 1573, 1577, 1579

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Nach einer Ehedauer von zwölf Jahren ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch bei einer 54 Jahre alten Ehefrau der Aufstockungsunterhalt (hier: auf drei Jahre) zu befristen.

Urteil vom 31.08.2009 - II-2 UF 48/09: BGB §§ 1573, 1578b

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Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt - Aufstockungsunterhalt - ist zu befristen, wenn der/die Unterhaltsberechtigte nach der Scheidung der Ehe an seine vor/bei Eheschließung gegebenen Verdienstmöglichkeiten angeknüpft hat.

Urteil vom 09.09.2009 - II-8 UF 56/09: BGB § 1578b

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1. Zu §§ 1570, 1578b Abs. 1 und 2 BGB.
2. Jedenfalls wirtschaftlich kann der Zeitraum ab Beginn des Mutterschutzes bei der Bemessung der Ehezeit zu berücksichtigen sein.
3. Leidet ein in der 34. Schwangerschaftswoche geborenes Kind an einer Immunschwäche, die immer wieder zu Atemwegsinfekten führt, bedingt dies einen erhöhten Betreuungsbedarf, wenn das Kind wegen Ansteckungsgefahr nicht regelmäßig den Kindergarten kann und zu Hause versorgt werden muss, wofür andere Personen als die Kindesmutter nicht zur Verfügung stehen.
4. Vor dem Hintergrund von beruflich bedingten Fahrzeiten von 1½ Stunden, von Schichtdienst und zumindest eingeschränkter Stabilität des Kindes kann eine mehr als halbschichtige Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden.

Urteil vom 07.10.2009 - II-8 UF 32/09: BGB §§ 1570, 1578b

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1. Nach einem Jahr der Trennung trifft den Unterhalt begehrenden Ehegatten grundsätzlich eine aus der Eigenverantwortung erwachsende Verpflichtung, ebenfalls zum Unterhalt beizutragen.
2. Der nicht erwerbstätige getrennt lebende Ehegatte kann jedoch auf Grund noch bestehender Ehe nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt (teilweise) durch eigene Erwerbstätigkeit zu verdienen, als dies nach der Scheidung der Fall ist.
3. Nach dem strenger an die Eigenverantwortlichkeit angelehnten § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB kann kein abrupter Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollerwerbstätigkeit verlangt werden kann, wenn das Kind älter als drei Jahre ist.
4. Dies gilt erst recht für die Erwerbsobliegenheit eines getrennt lebenden Unterhaltsgläubigers, weil sich hiernach die Erwerbsobliegenheit noch näher an den gelebten ehelichen Verhältnissen orientiert, und § 1361 Abs. 2 BGB als Schutzvorschrift für die bislang nicht erwerbstätige Hausfrau ausgelegt wird.
5. Vor dem Hintergrund einer praktizierten Rollenverteilung kann es dem Unterhaltsgläubiger nur in kleinen Schritten zumutbar sein, finanziell auf eigene Füßen zu kommen.

Urteil vom 29.10.2009 - II-7 UF 88/09: BGB §§ 1361, 1570, 1574

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Wird eine Erwerbstätigkeit neben der Betreuung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, tatsächlich ausgeübt, kommt der Abzug eines Betreuungsbonus oder die Teilanrechnung der Einkünfte nach § 1577 Abs. 2 BGB im Regelfall nicht in Betracht. Das gilt auch dann, wenn die Tätigkeit bereits im Trennungsjahr aufgenommen wurde.

Beschluß vom 22.12.2009 - II-8 WF 155/09: BGB § 1577

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Wenn der Unterhaltsberechtigte während der Ehe fast durchgehend erwerbstätig war und die Möglichkeit hatte, sich beruflich seinen persönlichen Fähigkeiten und Neigungen entsprechend zu entfalten, während die Unterhaltspflichtige zunächst 20 Jahre lang den Haushalt und die Kinder versorgt hat und sich erst im Anschluß daran seinem beruflichen Fortkommen widmen konnte, und zudem durch die während der Ehe begründeten hohen Verbindlichkeiten der Parteien faktisch allein belastet wird, lassen diese atypischen Umstände auch beim Krankenunterhalt - trotz der hier bestehenden besonderen Verpflichtung zur nachehelichen Solidarität (BGH FamRZ 2009, 1207 = FuR 2009, 530) - eine zeitnahe Befristung des Unterhaltsanspruchs geboten erscheinen.

Urteil vom 03.03.2010 - II-8 UF 165/09: BGB §§ 1572, 1578b

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Ein ehebedingter Nachteil, der die Befristung des nachehelichen Unterhalts im Regelfall ausschließt (BGH FamRZ 2009, 1990 = FuR 2010, 96), kann dem Unterhaltsberechtigten aus dem Verlust seines Unterhaltsanspruchs aus einer früheren Ehe durch die Wiederheirat erwachsen.

Urteil vom 17.03.2010 - II-8 UF 173/09: BGB § 1578b

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Einer im übrigen gebotenen Befristung nach § 1578b Abs. 2 BGB steht nicht entgegen, daß der angemessene Lebensbedarf im Sinne von § 1578b Abs. 1 BGB (hier: Existenzminimum für Nichterwerbstätige) nicht durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten sichergestellt werden kann.

Beschluß vom 27.01.2011 - II-7 UF 125/10: BGB § 1578b

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