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Oberlandesgericht Brandenburg - Neues Unterhaltsrecht - FD-Platzhalter-rund

Rechtsprechung zum Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts [UÄndG]
OLG Brandenburg 2008 - 2011




Urteil vom 08.01.2008 - 9 UF 207/07: BGB § 1578b; ZPO §§ 114 ff
Beschluß vom 08.02.2008 - 13 UF 6/07: BGB §§ 1601, 1602, 1603
Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07: BGB §§ 1361, 1573, 1574, 1578b
Urteil vom 29.04.2008 - 10 UF 124/07: BGB §§ 1578, 1578b
Urteil vom 12.06.2008 - 9 UF 186/07: BGB §§ 1569, 1570, 1578b
Urteil vom 29.07.2008 - 10 UF 195/07: BGB §§ 1574, 1578b, 1581
Urteil vom 23.09.2008 - 10 UF 15/08: BGB §§ 1573, 1578, 1578b, 1579
Urteil vom 07.10.2008 - 10 UF 3/08: BGB §§ 1570, 1573, 1578, 1585b
Urteil vom 11.11.2008 - 10 UF 45/08: BGB §§ 1361, 1569 ff, 1578b, 1609
Beschluß vom 02.12.2008 - 10 WF 227/08: BGB §§ 313, 1570, 1572, 1573, 1578, 1605
Beschluß vom 05.02.2009 - 9 WF 356/08: BGB § 1361; ZPO §§ 114, 115
Urteil vom 24.03.2009 - 10 UF 92/08: BGB §§ 1572, 1578, 1577, 1578b
Urteil vom 07.05.2009 - 9 UF 85/08: BGB §§ 1578b, 1579
Urteil vom 16.06.2009 - 10 UF 124/08: BGB §§ 1577, 1578, 1578b, 1579
Urteil vom 30.06.2009 - 10 UF 175/08: BGB §§ 1570, 1573, 1577, 1578, 1578b
Urteil vom 02.03.2010 - 10 UF 63/09: BGB §§ 1577, 1615l
Urteil vom 03.06.2010 - 10 UF 69/09: BGB §§ 1361, 1570, 1574, 1615l
Urteil vom 27.07.2010 - 10 UF 132/09: BGB §§ 1573, 1574, 1578b
Teilurteil vom 11.08.2010 - 13 UF 39/09: BGB §§ 138, 1408

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1. Im Rahmen der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist maßgeblich darauf abzustellen, inwieweit überhaupt noch ehebedingte Nachteile vorhanden sind. Die lange Dauer einer Ehe und das fortgeschrittene Alter des Unterhalt begehrenden Ehegatten deuten zwar indiziell darauf hin, daß ehebedingte Nachteile fortdauern; insoweit besteht aber auch bei langer Ehezeit keine feste zeitliche Grenze: So kann auch bei einer länger als 20 Jahre andauernden Ehe der Anspruch zu kürzen oder zu befristen sein.

2. Es handelt sich bei § 1578b BGB zwar um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter; insoweit trägt der zum nachehelichen Unterhalt verpflichtete geschiedene Ehegatte die vollständige Darlegungs- und Beweislast. Sind aber die relevanten Tatsachen unstreitig oder von dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten ausreichend substantiiert dargetan, ist es an dem Unterhalt begehrenden Ehegatten, diese auszuräumen oder Gründe für eine längere Schonfrist darzutun.
3. Es besteht kein Anspruch auf Prozeßkostenhilfe, wenn Vermögenswerte in Form von Festgeldanlagen und Rentenlebensversicherungen vorhanden sind, da diese erst einer Verwertung zugeführt werden müssen, bevor die Allgemeinheit mit den Prozeßkosten belastet wird. Dies gilt auch dann, wenn mit der Verwertung Einbußen für den Betroffenen verbunden sind.

Urteil vom 08.01.2008 - 9 UF 207/07: BGB § 1578b; ZPO §§ 114 ff

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1. Zur Sicherung des Unterhaltsbedarfs eines minderjährigen Kindes bis zur Höhe des jeweiligen Regelbedarfs ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt zu verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen.
2. An die äußeren Umstände, die eine Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit begründen können, sind jedenfalls dann, wenn es um die Sicherstellung des Mindestunterhalts für ein minderjähriges Kind geht, hohe Anforderungen zu stellen.

Beschluß vom 08.02.2008 - 13 UF 6/07: BGB §§ 1601, 1602, 1603

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1. Zur angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 BGB in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung.
2. Sind auf seiten des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile festzustellen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch andauern, und läßt sich gegenwärtig nicht sicher absehen, ob die Nachteile überhaupt noch auszugleichen sind, bzw. ab wann diese Nachteile entfallen sein könnten, ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578b BGB n.F. (noch) nicht vorzunehmen.

Urteil vom 22.04.2008 - 10 UF 226/07: BGB §§ 1361, 1573, 1574, 1578b

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1. Wird über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, so handelt es um eine sogenannte überobligatorische Tätigkeit. Das Einkommen daraus ist nach den allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls anzurechnen. Bei Selbständigen, die üblicherweise über das 65. Lebensjahr hinaus tätig sind, ist das erzielte Einkommen regelmäßig in vollem Umfang für Unterhaltszwecke zu verwenden. Neben den tatsächlichen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ist auch die zusätzlich bezogene Altersrente bedarfserhöhend zu berücksichtigen.
2. Die Herabsetzung bzw. zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs kann noch nicht im Ausgangsverfahren ausgesprochen werden, sondern ist einem späteren Abänderungsverfahren zu überlassen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute mit hinreichender Sicherheit erst nach Verkündung des den Unterhalt erstmals festsetzenden Urteils entflochten sind (vgl. BGH FamRZ 2007, 793 ff Rdn. 60 f). Ein solcher Fall ist anzunehmen, wenn der Ausgleich des Zugewinns noch nicht stattgefunden hat, ein solcher aber von einem Ehegatten begehrt wird und hierüber zwischen den Parteien noch Streit im Hinblick auf die einzustellenden Vermögenspositionen besteht.

Urteil vom 29.04.2008 - 10 UF 124/07: BGB §§ 1578, 1578b

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1. Auch nach der Neufassung von § 1570 BGB sind die Umstände des Einzelfalles im Hinblick auf die Notwendigkeit der Versorgung eines gemeinschaftlichen Kindes für den Umfang einer auszuübenden Berufstätigkeit zu berücksichtigen.
2. Im Rahmen der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sind nur bereits eingetretene oder zuverlässig voraussehbare Begrenzungsgründe zu berücksichtigen. Scheidet danach eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts aus, bleibt es dem Unterhaltsschuldner unbenommen, gegebenenfalls später eintretende veränderte Umstände für eine Befristung in Zukunft im Wege der Abänderungsklage geltend zu machen.

Urteil vom 12.06.2008 - 9 UF 186/07: BGB §§ 1569, 1570, 1578b

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1. Unter dem Gesichtspunkt der selbst herbeigeführten Leistungsunfähigkeit vermögen nur schwerwiegende Gründe, die sich aus einem verantwortungslosen, zumindest aber leichtfertigen und unterhaltsbezogenen Verhalten ergeben, der Partei nach Treu und Glauben die Berufung auf ihre Leistungsunfähigkeit zu versagen. Ein solches verantwortungsloses Verhalten liegt regelmäßig schon nicht vor, wenn sich der Arbeitnehmer gegen die betriebsbedingte Maßnahme seines Arbeitgebers nicht mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzt.
2. Wenn schon ein unterlassener Rechtsbehelf allenfalls dann im Einzelfall unterhaltsbezogen leichtfertig wäre, wenn die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung offensichtlich unbegründet war, dann kann die Beendigung eines Kündigungsschutzprozesses durch Abschluß eines Vergleichs ebenfalls höchstens dann die Annahme unterhaltsbezogener Leichtfertigkeit rechtfertigen, wenn die Kündigung offensichtlich unbegründet war.
3. Zur Frage der Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 BGB.
4. Sind die Voraussetzungen für eine Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit derzeit noch nicht abschließend feststellbar, dann ist eine Entscheidung hierüber einem etwaigen Abänderungsverfahren zu überlassen.

Urteil vom 29.07.2008 - 10 UF 195/07: BGB §§ 1574, 1578b, 1581

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1. Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts ist vom Nettoeinkommen des Unterhaltsschuldners zusätzliche Altersvorsorge bis zu 4 % des Bruttoeinkommens abzugsfähig.
2. Erhält der Unterhaltsschuldner Unfallrenten für erlittene Arbeitsunfälle, sind diese in voller Höhe zu berücksichtigen, da sie Einkommensersatzfunktionen haben.
3. Ist der Unterhaltsgläubiger arbeitslos und erhält Sozialleistungen, muss er sich ein fiktives Einkommen aus Erwerbstätigkeit zurechnen lassen, wenn er keine ausreichenden Bemühungen um eine Arbeitsstelle nachweisen kann.
4. Im Rahmen der Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts auf den angemessenen Bedarf ist dem Unterhaltsgläubiger regelmäßig eine Übergangsfrist einzuräumen, die es ihm ermöglichen soll, sich wirtschaftlich und persönlich auf die vom Gericht festzusetzende zeitlich Grenze einzustellen.

Urteil vom 23.09.2008 - 10 UF 15/08: BGB §§ 1573, 1578b, 1579

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1. Zur Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Kinderbetreuung auf den angemessenen Lebensbedarf sowie zur Begrenzung des Betreuungsunterhalts.
2. Voraussetzung für eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1579 Nr. 2 BGB n.F. ist ein auf Dauer angelegtes Verhältnis, wobei die Mindestdauer zwei bis drei Jahre betragen muß.
3. Während einer Umschulung bezogene Sozialleistungen sind kein Einkommen im unterhaltsrechtlichen Sinne.

Urteil vom 07.10.2008 - 10 UF 3/08: BGB §§ 1570, 1573, 1578, 1585b

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1. Krankengeld und Übergangsgeld sind als Lohnersatzleistungen unterhaltsrechtlich bedeutsames Einkommen.
2. § 1609 BGB beschränkt sich auf die Regelung der Rangfolgen mehrerer Unterhaltsberechtigter, betrifft also die Leistungsfähigkeit; auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs hat diese Vorschrift hingegen keine Auswirkung.
3. Ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts unterbleibt nur, wenn sich andernfalls ein Mißverhältnis zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten ergibt. Ein solches Mißverhältnis ist bei Aufeinandertreffen von Ehegatten- und Volljährigenunterhalt dann zu bejahen, wenn dem Ehegatten durch Unterhalt und Eigeneinkommen der angemessene Bedarf, der mit 1.100 € anzusetzen ist, nicht verbleibt.
4. Eine Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB zwar möglich, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte keine ehebedingten Nachteile erlitten hat; diese Vorschrift gilt nach ihrer systematischen Stellung jedoch nur für den nachehelichen Unterhalt, nicht für den Trennungsunterhalt. Die Vorschrift kann mangels planwidriger Regelungslücke des Gesetzes, die für eine solche entsprechende Anwendung erforderlich wäre, auch nicht entsprechend angewendet werden: Der Gesetzgeber hat die Möglichkeiten für eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs ausdrücklich nur im Hinblick auf den nachehelichen Unterhalt eröffnet, weil dort der Grundsatz der Eigenverantwortung nach § 1569 BGB zu beachten ist.

Urteil vom 11.11.2008 - 10 UF 45/08: BGB §§ 1361, 1569 ff, 1578b, 1609

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1. Für die auf den Wegfall einer notariell vereinbarten Unterhaltsverpflichtung gerichtete Abänderung ist maßgebend, ob Veränderungen in den tatsächlichen wie auch rechtlichen Verhältnissen eingetreten sind, die eine Anpassung unter dem Gesichtspunkt der geänderten Geschäftsgrundlage gebieten. Dabei hat der Abänderungskläger grundsätzlich alle für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände darzulegen und rechnerisch darzustellen, daß sich ein Unterhaltsanspruch nicht mehr ergibt.
2. Wenn und soweit Kindesunterhalt in titulierter Höhe weiterbezahlt worden ist, obwohl dessen Höhe wegen der Volljährigkeit des in der Ausbildung befindlichen Kindes nunmehr zweifelhaft erscheint, ist trotz des Grundsatzes, daß Unterhaltsansprüche so zu errechnen sind, als ob über alle Ansprüche zugleich entschieden würde, zu erwägen, es zumindest für die Vergangenheit bei dem gezahlten Betrag zu belassen.

Beschluß vom 02.12.2008 - 10 WF 227/08: BGB §§ 313, 1570, 1572, 1573, 1578, 1605

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1. Ist zwischen den Parteien umstritten, inwieweit das Einkommen eines auf Trennungsunterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten, der trotz der Betreuung zweier 7- und 4-jähriger Kinder vollzeit arbeitet, als überobligatorisch anzusehen ist, kann in einem Prozeßkostenhilfeverfahren vorläufig davon auszugehen sein, daß der gesamte Verdienst in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist.
2. Im Prozeßkostenhilfeverfahren kann für Fahrten zur Arbeitsstelle gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO grundsätzlich allenfalls der sich aus § 3 Abs. 6 S. 1 Nr. 2a der Verordnnung zur Durchführung von § 82 SGB XII ergebende Betrag von höchstens 208 € abgesetzt werden.

Beschluß vom 05.02.2009 - 9 WF 356/08: BGB § 1361; ZPO §§ 114, 115

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1. Wer sich im Unterhaltsprozeß darauf beruft, er könne krankheitsbedingt keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, muß Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Der bloße Hinweis auf eine Erkrankung läßt weder erkennen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, noch inwieweit sich diese auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Aus dem Vortrag muß sich auch ergeben, auf welchen Zeitpunkt sich die Behauptung, nicht mehr erwerbsfähig zu sein, bezieht.
2. Grundsätzlich will das Unterhaltsrecht den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich so stellen, wie er ohne die Scheidung stände; deshalb sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens regelmäßig zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt. Der bedürftige Ehegatte ist nicht besser zu stellen, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde: Er kann nicht auf einen unveränderten Unterhalt vertrauen, wenn das relevante Einkommen des Unterhaltsschuldners zurückgeht. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet jedoch ihre Grenzen bei einer Verletzung der nachehelichen Solidarität: Der Unterhaltsschuldner darf den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht unterhaltsrechtlich leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltsschuldners veranlaßt, und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können, bleiben sie unberücksichtigt, so daß statt dessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind.
3. Wer gehalten ist, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, muß sich gehörig um einen Arbeitsplatz bemühen. Insoweit wird eine intensive und konkrete Eigenbemühung in Form der regelmäßigen, wöchentlichen Lektüre der örtlichen Zeitungen und sonstigen Werbeträger sowie die Bewerbung auf alle Annoncen, die für Stellensuchende in Betracht kommen und einen für den Bewerber günstigen Tätigkeitsbereich haben, erwartet. Blindbewerbungen, also solche, die abgegeben werden, ohne Anhaltspunkte dafür, daß der Arbeitgeber überhaupt eine Arbeitskraft sucht, sind allein zum Nachweis ordnungsgemäßer Arbeitsplatzsuche nicht ausreichend. Die Anzahl der notwendigen Bewerbungen hängt von den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes, insbesondere der Anzahl der angebotenen Stellen ab; 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat können als zumutbar angesehen werden.
4. Weder die lange Dauer der Ehe noch eine ungesicherte berufliche Zukunft des Unterhaltsgläubigers stehen einer Befristung des nachehelichen Unterhalts generell entgegen.

Urteil vom 24.03.2009 - 10 UF 92/08: BGB §§ 1572, 1578, 1577, 1578b

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1. Zur Verwirkung des nachehelichen Unterhalts (hier: wegen Betrugs im Unterhaltsprozeß) kann bereits ein versuchter Prozeßbetrug, also eine Täuschung über das Ausmaß der eigenen Bedürftigkeit, führen, wobei bereits die Einreichung eines Schriftsatzes, mit dem notwendige Angaben verschwiegen werden, genügen kann.
2. Zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts bei langer Ehedauer (hier: 24 Jahre) und Betreuung zweier Kinder.

Urteil vom 07.05.2009 - 9 UF 85/08: BGB §§ 1578b, 1579

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1. Bei der gemäß § 1577 Abs. 3 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob, wenn der Vermögenswert aus dem Verkauf eines gemeinsamen Hauses stammt, der Unterhaltsschuldner einen entsprechenden Erlösanteil zur freien Verfügung erhalten hat, und in welcher Höhe der Unterhaltsgläubiger sonstiges Vermögen oder Altersvorsorge besitzt.
2. Eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung hat Einkommensersatzfunktion mit der Folge, daß die Deckungsvermutung bei schadensbedingten Mehraufwendungen keine Anwendung findet; behinderungsbedingter Mehraufwand muß daher im einzelnen dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden.
3. Der grundsätzlich 1.000 € betragende Ehegattenselbstbehalt ist herabzusetzen, wenn der Unterhaltsschuldner nicht mehr erwerbstätig ist.
4. Im Rahmen der zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs ist von Bedeutung, welche Zeit der Unterhaltsgläubiger benötigt, um sich auf die neue Lebenssituation einzustellen, insbesondere wenn zwischen Trennung und Rechtskraft der Scheidung ein erheblicher Zeitraum liegt. (Red.)

Urteil vom 16.06.2009 - 10 UF 124/08: BGB §§ 1577, 1578, 1578b, 1579

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1. Mit der Neuregelung des § 1570 BGB hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt.
2. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt und seiner Begrenzung.

Urteil vom 30.06.2009 - 10 UF 175/08: BGB §§ 1570, 1573, 1577, 1578, 1578b

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1. Die nicht mit dem Vater des Kindes verheiratete Mutter ist bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes jederzeit berechtigt, eine Berufstätigkeit aufzugeben und sich ganz der Pflege und Erziehung des Kindes zu widmen. Entscheidend für den Unterhaltsanspruch ist nur, dass von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann; ob andere Gründe die Mutter an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hindern, ist im Rahmen von § 1615l BGB unbeachtlich.
2. Das Maß des Betreuungsunterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter richtet sich nach deren Lebensstellung bis zur Geburt des Kindes, die sich an dem bis dahin nachhaltig erzielten Einkommen - abzüglich berufsbedingter Aufwendungen - orientiert. Ihr Verdienstausfall entspricht somit ihrem nicht gedeckten Unterhaltsbedarf.
3. Auf den Unterhaltsbedarf können Eigeneinkünfte anzurechnen sein; dazu gehören Arbeitslosengeld und Krankengeld, nicht aber Wohngeld. Von den Eigeneinkünften sind Aufwendungen für die Kitabetreuung des Kindes abzusetzen, wenn der Unterhaltsschuldner lediglich Tabellenunterhalt für das Kind bezahlt. Da diese Einkünfte der Mutter bei einem Alter des Kindes von unter drei Jahren grundsätzlich auf überobligatorischer Tätigkeit beruhen, hat die Anrechnung der Einkünfte in analoger Anwendung von § 1577 Abs. 2 BGB unter Beachtung der besonderen Umstände der Kinderbetreuungssituation im Einzelfall zu erfolgen; eine pauschale Beurteilung verbietet sich.
4. Auf seiten des Unterhaltsschuldners sind von einem Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Haus grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Daher sind grundsätzlich auch Kreditraten abzugsfähig, wenn dies nicht zu einer einseitigen Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsgläubigers führt. In diesem Fall kann aber der Tilgungsanteil der Kredite unter dem Gesichtspunkt einer sekundären Altersvorsorge zu berücksichtigen sein.
5. Die Befristung des Unterhalts der nichtehelichen Mutter kommt nur dann in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung bereits vorausschauend festgestellt werden kann, dass nach Ablauf des dreijährigen Basisunteralts die Voraussetzungen für einen Billigkeitsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 S. 4 BGB nicht gegeben sind.

Urteil vom 02.03.2010 - 10 UF 63/09: BGB §§ 1577, 1615l

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1. Wenn und soweit die Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes schon lange zurückliegt, ist von der geschiedenen Ehefrau grundsätzlich die Ausübung zumindest einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit ungeachtet der Kinderbetreuung zu erwarten.
2. Da die Kindesmutter nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Recht mit Rücksicht auf die Kinderbetreuung nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war, ist ihr eine Übergangszeit zuzubilligen. Nachdem es bereits seit längerem absehbar war, daß es zu einer Unterhaltsrechtsreform kommen und das Altersphasenmodell dann nicht mehr gelten würde, ist eine Übergangszeit von sechs Monaten ausreichend.
3. Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl dem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommen des Unterhaltsschuldners und beider Unterhaltsgläubiger zu ermitteln.
4. Ein Anspruch auf Krankheitsvorsorgeunterhalt ist, wenn eine private Krankenversicherung besteht, bereits vom Zeitpunkt der Trennung an gegeben. Der Anspruch besteht dann aber nicht, wenn dem Unterhaltsgläubiger ein fiktives Einkommen aus abhängiger Beschäftigung zugerechnet wird, da er bei tatsächlicher Ausübung einer solchen Beschäftigung gesetzlich krankenversichert wäre und insoweit keiner Leistungen des Unterhaltsschuldners bedürfte.

Urteil vom 03.06.2010 - 10 UF 69/09: BGB §§ 1361, 1570, 1574, 1615l

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1. Teils auch erheblich schwankende Einkünfte eines selbständigen Tischlers sind nicht unüblich und können nicht dazu führen, daß diese berufliche Tätigkeit als unangemessen im Sinne des § 1574 Abs. 2 BGB anzusehen ist.
2. Eine Ansparabschreibung kann bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens eines Selbständigen regelmäßig nicht berücksichtigt werden.
3. Allein von einer Partei erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen für eine im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Immobilie sind auch für die Zeit nach Beginn der Scheidung im Rahmen der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens abzusetzen, da die Abzahlung auch nach der Scheidung beiden Parteien zugute kommt.
4. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, kann der Unterhaltsgläubiger nicht bereits ab Rechtskraft der Scheidung auf wirtschaftliche Eigenständigkeit verwiesen und kann ihm ein Unterhaltsanspruch völlig versagt werden, wenn die Ehe der Parteien bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages gut 19 Jahre gedauert hat.

Urteil vom 27.07.2010 - 10 UF 132/09: BGB §§ 1573, 1574, 1578b

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1. Die Zwangslage der Vertragspartnerin eines Ehevertrages aus ihrer Schwangerschaft und ihrer daraus und aus der früheren Trennung der Parteien resultierenden Belastungssituation rechtfertigt für sich allein nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit.
2. Eine Schwangerschaft ist jedoch ein Indiz für eine ungleiche Verhandlungsposition und rechtfertigt es, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen (im Anschluß an BGH FamRZ 2009, 1041 = FuR 2009, 459).
3. Schon die Üblichkeit ehevertraglicher Regelungen zur Trennung von Firmen- und Privatvermögen bei Ehen mit einem selbständigen Partner ist ein gewichtiges Indiz gegen die Sittenwidrigkeit. Die Trennung von Privat- und Firmenvermögen vermindert zugunsten des angestellten Ehepartners das Risiko, im Fall wirtschaftlicher Not des Unternehmens zugleich die Lebensgrundlage zu verlieren.
4. Für die Frage, ob ein Ehevertrag in objektiver Hinsicht einer Inhaltskontrolle standhält, kommt es auf den Umfang des Verzichts gegenüber den Regelungen des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts an. Bestand bei Zugrundelegung des Erwartungs- bzw. Planungshorizonts der Vertragsparteien kein Raum für die Annahme, dass sich der vereinbarte Verzicht auf den öffentlich-rechtichen Versorgungsausgleich zum Nachteil der Vertragspartnerin auswirken würde, ist diesbezüglich nicht von Sittenwidrigkeit auszugehen.

Teilurteil vom 11.08.2010 - 13 UF 39/09: BGB §§ 138, 1408

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