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OLG Düsseldorf, Beschluß vom 19.11.2008 - II-1 WF 133/08 - FD-Platzhalter-rund

OLG Düsseldorf, Beschluß vom 19.11.2008
II-1 WF 133/08



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Unterhalt wegen Kinderbetreuung (Betreuung zweier Kinder im Alter von 16 und 11 Jahren).

BGB § 1570

Zum Unterhalt wegen Betreuung zweier Kinder im Alter von 16 und 11 Jahren.

OLG Düsseldorf, Beschluß vom 19. November 2008 - II-1 WF 133/08


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 10.06.2006 (252 F 116/08) abgeändert.

2. Der Beklagten wird ratenfreie Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. in Düsseldorf für die Verteidigung gegen die Klage bewilligt.


Gründe

Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Die beabsichtigte Verteidigung der Beklagten gegen die vom Kläger erhobene Abänderungsklage hat hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Beklagte hat auch ab 10. April 2008 einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB n.F.

Nach § 1570 BGB n.F. kann von der Beklagten ab 10. April 2008 keine Vollzeittätigkeit neben der Betreuung der Töchter G. (geboren am 25. November 1996, noch 11 Jahre) und L. (geboren am 23. November 1992, noch 16 Jahre) erwartet werden. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2008 (BGHZ 177, 272 = FuR 2008, 485= EzFamR BGB § 1570 Nr. 13 unter Tz. 103) ausgeführt hat, ist bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils stets zu berücksichtigen, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde. Der von dem betreuenden Elternteil geleistete Betreuungsaufwand kann nach der gesetzlichen Wertung in § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben. Der Umfang der im Verhältnis zum Unterhaltsverpflichteten zumutbaren Kinderbetreuung neben der Erwerbstätigkeit hängt auch davon ab, inwiefern der Unterhaltsberechtigte nach der bisherigen Lebensgestaltung weiterhin auf einen Fortbestand einer bisherigen Aufgabenverteilung vertrauen durfte.

Unter Berücksichtigung der bisherigen Betreuungsregelung und des von der Beklagten zu leistenden Betreuungsaufwands für die Töchter G. und L. auch im Falle einer ganztägigen Betreuung wäre eine Vollzeittätigkeit der Beklagten derzeit überobligatorisch. Eine über den Umfang einer 2/3-Stelle hinausgehende Erwerbstätigkeit kann von der Beklagten neben den von ihr weiter erbrachten Betreuungsleistungen derzeit nicht erwartet werden.

Einer genauen Ermittlung des der Beklagten zuzurechnenden Einkommens bedarf es derzeit nicht. Eine Berechnung des der Beklagten weiter zustehenden Betreuungsunterhalts ist bereits deshalb nicht möglich, weil der Kläger die Höhe seines Einkommens aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als niedergelassener Gynäkologe weder ausreichend dargetan noch belegt hat. Das unterhaltsrechtlich maßgebliche Einkommen aus freiberuflicher Tätigkeit ist in der Regel nach dem durchschnittlichen Gewinn der letzten drei voll dokumentierten Kalenderjahre zu bemessen. Der Kläger hat sein durchschnittliches bereinigtes Einkommen zunächst mit 3.200 € angegeben, ohne die Grundlage der Einkommensermittlung mitzuteilen. Unterhaltsrechtlich kann die von ihm seit der Trennung von seiner jetzigen Ehefrau im Januar 2008 getätigte Entnahme von monatlich 5.300 € brutto nicht als maßgebliches Einkommen des Klägers angesehen werden. Getätigte Entnahmen müssen der Höhe nach nicht mit den erzielten Gewinnen übereinstimmen. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand kann daher nicht beurteilt werden, daß sich bei Berücksichtigung eines der Beklagten zuzurechnenden Erwerbseinkommens aus einer Teilzeittätigkeit im Umfange von 26 bis 27 Wochenstunden ein geringerer monatlicher Unterhalt als 396 € errechnet.

Von einer Ermittlung des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens des Klägers kann auch nicht mit der Begründung abgesehen werden, ein über 3.200 € monatlich liegender Teil des Einkommens werde zur Vermögensbildung verwendet. Angesichts der Unterhaltsverpflichtungen des Klägers gegenüber insgesamt fünf minderjährigen Kindern und der zwei minderjährige Kinder betreuenden Beklagten ist Raum für eine Vermögensbildung bislang nicht ersichtlich.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Soweit der Beklagten kein Betreuungsunterhalt zusteht, verbleibt möglicherweise ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 BGB. Ob die Beklagte durch eigene Einkünfte ihren eheangemessenen Bedarf decken kann, kann erst nach Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Klägers beurteilt werden..

Eine Entscheidung über die Befristung des Unterhaltanspruchs gemäß § 1578b BGB n.F. läßt sich erst treffen, wenn die Höhe eines etwaigen Unterhaltsanspruchs festgestellt wurde. Bei der durchzuführenden Billigkeitsprüfung hat eine umfassende Abwägung aller maßgeblichen Umstände zu erfolgen; hierbei ist auch die Höhe des Unterhalts und das Verhältnis zu dem vorhandenen Einkommen des Verpflichteten zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu prüfen, ob es der Beklagten unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die mit ihr in einem Haushalt lebenden beiden gemeinsamen Kinder der Parteien zuzumuten ist, ihren Lebensstandard künftig - gegebenenfalls nach einer angemessenen Übergangsfrist - zu senken.

Eins Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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