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OLG Koblenz, Urteil vom 23.12.2008 - 11 UF 519/08 - FD-Platzhalter-rund

OLG Koblenz, Urteil vom 23.12.2008
11 UF 519/08



Unterhalt unter Verwandten; Anspruch des volljährigen Kindes auf Unterhalt; Bedarf eines Studenten; Studiengebühren als Mehrbedarf; Ersatzhaftung bei nur fiktiven Einkünften des Barunterhaltspflichtigen; Anspruchsübergang auf den Leistenden; Berechnung des Familienunterhalts gegenüber einem nicht privilegierten Kind; Vorrang des Ehegatten.

BGB §§ 1360, 1607, 1609, 1613

1. In dem Unterhaltsbedarf eines volljährigen studierenden Kindes von 640 € abzüglich des Kindergeldes von 154 €, mithin 486 € (Nr. 13.2 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Koblenz [KoL, Stand: 01.01.2008]) sind zu entrichtende Studiengebühren nicht enthalten. Es handelt sich dabei um Mehrbedarf.
2. Die Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 2 S. 1 BGB tritt auch dann ein, wenn der gleichrangig barunterhaltspflichtige Elternteil nur fiktiv zuzurechnende Einkünfte hat.
3. Begehrt ein nicht privilegiertes volljähriges Kind Unterhalt, ist der anteilige Familienunterhalt des jetzigen Ehegatten des Schuldners grundsätzlich unter Vorwegabzug des Unterhalts des volljährigen Kindes zu berechnen, da die Unterhaltspflicht gegenüber diesem Kind die ehelichen Verhältnisse prägt. Dies gilt auch dann, wenn in der Vergangenheit kein Unterhalt gezahlt wurde. Allerdings muß der Vorrang des jetzigen Ehegatten gewahrt bleiben.

OLG Koblenz, Urteil vom 23. Dezember 2008 - 11 UF 519/08

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mainz vom 25.08.2008 (31 F 444/07) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
(1) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Monate Oktober bis Dezember 2007 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.458 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.01.2008 zu zahlen.
(2) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab 01.01.2008 bis zur Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften einen monatlichen Unterhalt von 486 € zu zahlen, zahlbar im voraus bis zum 1. eines jeweiligen Monats.
(3) Der Beklagte wird verurteilt, ab 15.01.2008 jeweils zum 15. Januar eines Jahres und zum 15. Juni eines Jahres bis Beendigung des Studiums der Rechtswissenschaften an die Klägerin allgemeine Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz zuzüglich des Beitrags für das Studentenwerk und des Verwaltungskostenbeitrags in der jeweils gültigen Höhe, derzeit zusammen 602 €, zu zahlen.
(4) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Verfahrenskosten von 546,69 € zu zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die im Januar 1987 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Dieser hat mit Jugendamtsurkunde vom 5. November 1987 die Vaterschaft anerkannt und sich verpflichtet, den Regelunterhalt bis zum vollendeten 18. Lebensjahres zu zahlen. Der Beklagte hat zunächst Kindesunterhalt geleistet und die Zahlungen nach Verlust seiner Arbeitsstelle eingestellt. In den letzten zehn Jahren hat er keinen Unterhalt gezahlt. Die Kindesmutter hat am 30. August 2005 den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin geheiratet und lebt seit Oktober 2006 von diesem getrennt.

Die Klägerin hat ab April 2005 in einem Internat gelebt und im Juni 2008 das Abitur gemacht. Zum Wintersemester 2007/2008 hat sie an der Universität T. das Studium der Rechtswissenschaften aufgenommen. Sie hat dafür monatliche Studiengebühren nach dem Landeshochschulgebührengesetz, einen Beitrag für das Studentenwerk und einen Verwaltungskostenbeitrag von derzeit insgesamt 602 € pro Semester zu entrichten, zu zahlen jeweils bei Rückmeldung zum 15. Januar bzw. 15. Juni des Jahres. Mit anwaltlichem Schreiben vom 3. Oktober 2007 hat die Klägerin den Beklagten über den Beginn des Studiums unterrichtet und ihn zur Vorbereitung eines Antrages auf Gewährung von BAföG-Leistungen um Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen aufgefordert.

Der Beklagte ist verheiratet und hat aus dieser Ehe einen am 10. Dezember 1992 geborenen Sohn. Er wohnt in einer im Eigentum seiner Ehefrau stehenden Eigentumswohnung, für die er die Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 900 € monatlich und die Nebenkosten von 131,14 € monatlich trägt. Seine Ehefrau übt eine Halbtagstätigkeit aus.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten rückständigen Ausbildungsunterhalt für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2007 sowie laufenden Unterhalt ab 1. Januar 2008; sie begehrt ferner die Zahlung der jeweiligen Studiengebühren, des Beitrags für das Studentenwerk und des Verwaltungskostenbeitrags von insgesamt 602 € pro Semester, und diesen Betrag als Rückstand für das Wintersemester 2007/2008 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Kosten von 906,30 €. Die Klägerin hat geltend gemacht, ihre Mutter sei nicht leistungsfähig; sie habe nur ein Einkommen von 818,32 € netto aus ihrer Tätigkeit bei der B. GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin ist.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Mainz hat der Klage weitgehend stattgegeben. Es ist von einem Nettoeinkommen des Beklagten von 2.638,87 € bzw. von 2.661,22 € von Juli 2007 bis Juni 2008 ausgegangen. Nach Abzug von Fahrtkosten für die kürzeste Wegstrecke von 400 € und 77,93 € für eine weitere Altersversorgung verblieben dem Beklagten 2.160,94 €; damit sei er in jedem Fall in der Lage, den Unterhalt von 486 € an die Klägerin zu zahlen. Die Ehefrau des Beklagten sei unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen, da sie ihren Bedarf aus eigenen Einkünften decken könne. Der Wohnvorteil des Beklagten belaufe sich nach Abzug der Darlehensverbindlichkeiten auf Null. Die den Wohnwert übersteigenden Darlehensverbindlichkeiten seien nicht zu berücksichtigen, da sie der Vermögensbildung der Ehefrau dienten. Die verbrauchsabhängigen Nebenkosten seien aus dem Selbstbehalt zu erbringen. Ein fiktives Einkommen der Kindesmutter müsse sich die Klägerin nicht entgegenhalten lassen. Die auf Zahlung von 1.200 € für die Anschaffung eines Laptops nebst Zubehör erhobene Klage der Klägerin hat das Amtsgericht abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Abweisung der Klage insgesamt weiter. Er macht geltend, er sei seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet, da diese aus ihrer Halbtagstätigkeit nur ein bereinigtes Einkommen von 956,63 € erziele. Von seinem Einkommen seien Fahrtkosten in Höhe von 550 €, 200 € für eine weitere Lebensversicherung, 343 € an Unterhalt für seinen Sohn, 75 € seines Sohnes für den Besuch des Konservatoriums, 900 € für Darlehensverbindlichkeiten und 131,14 € Nebenkosten monatlich in Abzug zu bringen. Die Klägerin habe die Einkünfte ihrer Mutter unzutreffend dargestellt: Selbst wenn sie lediglich Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit erziele, seien ihr ein Wohnwert für mietfreies Wohnen sowie der Unterhaltsanspruch gegen den von ihr getrennt lebenden Ehemann anzurechnen. Die Kindesmutter dürfte über monatliche Gesamteinkünfte von mindestens 2.400 € verfügen und sei gegenüber der Klägerin barunterhaltspflichtig. Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Mainz vom 25. August 2008 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Ihre Anschlußberufung, mit der sie zunächst die Verurteilung des Beklagten auf Zahlung von 1.200 € für den Laptop nebst Zubehör beantragt hat, hat sie zurückgenommen.

Der Senat hat den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin als Zeugen vernommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 18. November 2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Unterhaltsbedarf der volljährigen und studierenden Klägerin beläuft sich auf 640 € abzüglich des Kindergeldes von 154 €, mithin auf 486 € monatlich (vgl. Ziff. 13.2 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Koblenz [KoL, Stand: 01.01.2008]). Dieser Betrag deckt den gesamten Bedarf des studierenden Kindes ab. Nicht darin enthalten sind jedoch die Studiengebühren (Anm. A. 9 der Düsseldorfer Tabelle [Stand: 01.01.2008]). Es handelt sich dabei um Mehrbedarf (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 365). Dieser kann für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des Verzuges verlangt werden. Hier hat die Klägerin den Beklagten erst nach Aufnahme des Studiums und damit nach Zahlung der Studiengebühren für das Wintersemester 2007/2008 zur Auskunft aufgefordert; damit kann die Klägerin von dem Beklagten von vornherein nicht die rückständigen Studiengebühren für das Wintersemester 2007/2008 in Höhe von 602 € verlangen.

Die Klägerin hat keine Einkünfte; sie erhält insbesondere keine BAföG-Leistungen. Sie kann sich an den allein leistungsfähigen Beklagten halten und muß nicht ihre - grundsätzlich gleichrangig zum Unterhalt verpflichtete Mutter - in Anspruch nehmen.
Die Mutter der Klägerin ist nicht leistungsfähig: Sie verfügt über ein Einkommen weit unterhalb des Selbstbehalts von 1.100 €. Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, daß sie von ihrem getrennt lebenden Ehegatten, dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und Zeugen Dr. G., Trennungsunterhalt erhält; der Zeuge hat den dahingehenden Sachvortrag des Beklagten nicht bestätigt. Er hat glaubhaft bekundet, die Mutter der Klägerin unterhalte sich selbst, und er zahle keinen Trennungsunterhalt; vielmehr unterstütze er die Mutter der Klägerin gelegentlich mit darlehensweise zur Verfügung gestellten kleineren Geldbeträgen. Der Beklagte hat somit nicht ein den Selbstbehalt übersteigendes Einkommen der Kindesmutter zu beweisen vermocht.

Es kann dahinstehen, ob der Kindesmutter wegen Verletzung ihrer Erwerbsobliegenheit fiktiv ein höheres Einkommen zuzurechnen ist. Eine Mithaftung für die Unterhaltsansprüche der Klägerin aus Zurechnung fiktiver Einkünfte kommt nicht in Betracht; die Klägerin kann sich vielmehr allein an den leistungsfähigen Beklagten halten (§ 1607 Abs. 2 BGB). Ist absehbar, daß der Gläubiger aus einem erlangten Titel gegen einen gleich nahen Verwandten nicht mit Erfolg vollstrecken kann, so kann der auf ihn entfallende Anteil gemäß § 1607 Abs. 2 BGB von dem oder den Mitverpflichteten verlangt werden. Nach allgemeiner Ansicht gilt die Ersatzpflicht nach § 1607 Abs. 2 BGB auch dann, wenn der bisher betreuende, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes barunterhaltspflichtige Elternteil allenfalls fiktiv zuzurechnende Einkünfte hat (OLG Nürnberg FamRZ 2000, 687, 688; OLG Hamm NJW-RR 2006, 509; Palandt/Diederichsen, BGB 68. Aufl. § 1607 Rdn. 12; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 608), denn auf solche lediglich fiktiven Einkünfte kann im Wege der Vollstreckung nicht zurückgegriffen werden.

Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht aus der von dem Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30. Juli 2008 (FamRZ 2008, 2104, 2106 = FuR 2008, 597 = EzFamR BGB § Nr. 68). Lediglich im Rahmen der Bemessung des Ehegattenunterhalts und des vorweg abzuziehenden Unterhalts der volljährigen Kinder ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes das fiktive Einkommen eines Ehegatten einzubeziehen; im Verhältnis zwischen volljährigem Kind und Eltern verbleibt es jedoch bei Regelung des § 1607 Abs. 2 BGB. Soweit sich ein Elternteil fiktives Einkommen zurechnen lassen muß, findet ein Anspruchsübergang auf den leistenden Ehegatten statt (§ 1607 Abs. 2 S. 2 BGB).

Der Beklagte hat nach seinem eigenen Vorbringen ein Einkommen von 2.661,22 €. Davon sind Fahrtkosten von 400 € für die kürzeste Strecke in Abzug zu bringen. Als zusätzlicher Beitrag zur Altersversorgung ist ein Betrag von 77,93 € zu berücksichtigen. Damit ist insgesamt eine zusätzliche Altersversorgung in Höhe von 4% des Bruttoeinkommens anerkannt. Weitere Beträge können nicht deswegen berücksichtigt werden, weil von dem Einkommen des Beklagten monatlich 127,82 € in eine Direktversicherung zur Altersvorsorge abgeführt werden. Der Beklagte ist unterhaltsrechtlich gehalten, seine private Rentenversicherung ruhend zu stellen.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, die Darlehensverbindlichkeiten des Beklagten für die eheliche Wohnung könnten nur in Höhe des Wohnwertes berücksichtigt werden. Die monatlichen Zinsleistungen des Beklagten belaufen sich - ausgehend von einem Zinssatz von 4,49% und einer Darlehenssumme von 100.000 € (Darlehensvertrag vom 19. Juli 2006) - auf anfänglich 374,17 €. Die Tilgungsleistungen dienen der Vermögensbildung; sie sind in Kenntnis der gegenüber der Klägerin grundsätzlich bestehenden Unterhaltspflicht begründet worden, und können unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden. Der Beklagte trägt auch die monatlichen verbrauchsunabhängigen Kosten von 131,14 €, was eine maximale monatliche Belastung von insgesamt 505,31 € ergibt. Dieser Betrag ist, da die Ehefrau des Beklagten ebenfalls Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielt, im Verhältnis der beiden Einkommen und damit in einem Verhältnis von 2/3 zu 1/3 aufzuteilen. Er verbleibt eine monatliche Belastung für den Beklagten von 336,87 €. Da sich dieser Betrag unterhalb der in dem Selbstbehalt enthaltenen Kaltmiete von 350 € bewegt, scheidet eine Berücksichtigung weiterer Zinszahlungen aus.

Von dem verbleibenden Einkommen des Beklagten ist der um den Kindergeldanteil bereinigte Unterhalt von 288 € für den gegenüber der Klägerin vorrangigen minderjährigen Sohn M. in Abzug zu bringen (§ 1609 Nr. 1 BGB). Bei der Bemessung des Unterhalts des minderjährigen Kindes ist, da dessen Mutter im wesentlichen die Betreuungsleistung übernimmt, das Einkommen des Beklagten zugrunde zu legen.

Die Kosten für den Besuch des Konservatoriums von 75 € sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei um Kosten für den Gitarrenunterricht des Sohnes des Beklagten; dabei handelt es sich nicht um einen zusätzlichen Bedarf, sondern um Kosten, die aus dem laufenden Kindesunterhalt zu decken sind.

Das ergibt folgende Berechnung des Einkommens des Beklagten: 2.661,22 € ./. 400 € ./. 79,93 € ./. 288 € ./. 1.893,29 €; nach Abzug des Selbstbehalts von 1.100 € verbleibt dem Beklagten ein Einkommen von 793,29 €. Davon kann er den Unterhaltsbedarf der Klägerin von 486 € sowie deren Mehrbedarf für die Studiengebühren ab dem Sommersemester 2008 in Höhe von 602 € pro Semester - entspricht 100,30 € pro Monat - sowie den vorrangigen Unterhaltsbedarf seiner Ehefrau (§ 1609 Nr. 3 BGB) decken. Nach Abzug des Unterhaltsbedarfs der Klägerin von insgesamt 586,30 € verbleibt dem Beklagten ein freies Einkommen von 206,99 € und seiner Ehefrau ein angemessener Unterhalt.

Dem Beklagten ist darin zuzustimmen, daß der Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich die Hälfte des gemeinsamen bereinigten Nettoeinkommens verbleiben muß (BGH FamRZ 2004, 24 = FuR 2004, 33 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 42). Begehrt jedoch (wie hier) ein nicht privilegiertes volljähriges Kind (aus einer früheren Verbindung) des Verpflichteten Unterhalt, ist der anteilige Familienunterhalt des jetzigen Ehegatten des Schuldners grundsätzlich unter Vorwegabzug des Unterhalts des volljährigen Kindes zu berechnen, da die Unterhaltspflicht gegenüber diesem Kind die ehelichen Lebensverhältnisse prägt. Allerdings muß der Vorrang des jetzigen Ehegatten gewahrt bleiben. Zwischen dem Unterhalt des Ehegatten und dem Unterhalt des volljährigen Kindes darf kein Mißverhältnis entstehen. Dem Ehegatten muß daher ein Mindestbedarf bleiben (BGH FamRZ 2003, 860, 865 = FuR 2003, 275 = EzFamR BGB § 1601 Nr. 8; Wendl/Staudigl, aaO § 3 Rdn. 79). Der Ehegatte hat einen Anspruch auf einen angemessenen, nicht nur auf notwendigen Unterhalt (§ 1360 S. 1 BGB).

Vorliegend prägt die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin die ehelichen Verhältnisse. Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob der Beklagte in der Vergangenheit regelmäßig Unterhalt an die Klägerin geleistet hat, denn die Unterhaltspflicht bestand schon bei Eheschließung. Wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (FamRZ 2006, 683 = FuR 2006, 266 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 9) ein nach der Scheidung geborenes Kind die ehelichen Verhältnisse prägt, dann ist erst recht ein bereits vor Eheschließung geborenes Kind eheprägend.

Der Ehefrau des Beklagten verbleibt ein angemessener Unterhalt. Sie verfügt über ein um das Kindergeld bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.229,13 € (vgl. Gehaltsbescheinigung Januar 2008). Davon sind Fahrtkosten von 70 €, ein Betrag von 49,07 € für eine Unfallversicherung und weitere 58,43 € für eine Lebensversicherung in Abzug zu bringen; es verbleibt ein Einkommen von 1.051,63 €. Die Kosten für die Schülerjahreskarte des minderjährigen Sohnes M. von 55 € sind nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, sondern aus dem laufenden Kindesunterhalt zu decken.

Somit steht der Ehefrau des Beklagten aus dem Familieneinkommen insgesamt ein monatlicher Betrag von (1.051,63 € + 206,99 € =) 1.258,62 € zur Verfügung. Sie kann damit weit mehr als ihren monatlichen notwendigen Eigenbedarf von 800 € (vgl. Anm. B. VII. der Düsseldorfer Tabelle [Stand: 01.01.2008]) decken und ist in ihrer Lebensführung durch die Unterhaltszahlungen des Beklagten an die Klägerin nicht unterhaltsrechtlich relevant eingeschränkt.

Nach alledem kann die Klägerin von dem Beklagten rückständigen Unterhalt für die Zeit von Oktober bis Dezember 2007 in Höhe von (3 x 486 € =) 1.458 € und ab 1. Januar 2008 laufenden monatlichen Unterhalt von 486 € sowie 602 € pro Semester für die Dauer ihres Studiums der Rechtswissenschaften verlangen.

Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Verfahrenskosten ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß § 286 BGB begründet, jedoch nur in Höhe von 546,69 €. Anzusetzen ist eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG aus einem Streitwert von (12 x 648 € =) 5.832 €, mithin 439,40 €. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20 € gemäß Nr. 7001 VV-RVG und der Mehrwertsteuer von 87,29 € ergibt sich ein Ersatzanspruch von 546,69 €. Eine 1,8 Geschäftsgebühr ist nicht gerechtfertigt, denn es handelte sich um eine Angelegenheit durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrads.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird bis zum 17. November 2008 auf (Rückstand [1.485 € + 602 € =] 2.087 € + laufender Unterhalt [12 x 586,30 € =] 7.035,60 € + 1.200 € + 906,30 € =) 11.228,90 € und ab 18. November 2008 auf 10.028,90 € festgesetzt. Der Streitwert für die erste Instanz wird in Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung bis zum 15. Juni 2008 auf (Rückstand [1.720 € + 602 € =] 2.322,00 € + laufender Unterhalt [12 x 740,30 € =] 8.883,60 € + 1.200 € + 906,30 € =) 13.311,90 € und ab 16. Juni 2008 auf (Rückstand [1.458 € + 602 € =] 2.060 + laufender Unterhalt [12 x 586,30 € =] 7.035,60 € + 1.200 € + 906,30 € =) 11.201,90 € festgesetzt.

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