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OLG Thüringen, Beschluß vom 24.07.2008 - 1 UF 167/08 - FD-Platzhalter-rund

OLG Thüringen, Beschluß vom 24.07.2008
1 UF 167/08



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Betreuungsunterhalt; Befristung des Betreuungsunterhalts.

BGB §§ 1570, 1578b

1. Die gesetzliche Neuregelung des § 1570 BGB verlangt keinen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeiterwerbstätigkeit.
2. Von einem Elternteil, der ein Kind betreut, das den Kindergarten oder die beiden ersten Grundschulklassen besucht, wird man in der Regel keine Vollbeschäftigung verlangen können.
3. Nach Inkrafttreten des UÄndG ist dem betreuenden Elternteil eine Überlegungsfrist zuzubilligen.
4. Voraussetzungen der Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1578b BGB.

OLG Thüringen, Beschluß vom 24. Juli 2008 - 1 UF 167/08

Tenor

Dem Antragsgegner wird Prozeßkostenhilfe für die Rechtsverfolgung in der Berufungsinstanz

gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Erfurt vom 17. April 2008 (36 F 853/05) verweigert (§ 114 ZPO).


Gründe

I. Die Parteien streiten noch um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf monatlichen Nachscheidungsunterhalt in Höhe von zunächst 600 € und ab 21. Dezember 2007 in Höhe von 544 € ab Rechtskraft der Ehescheidung in Anspruch genommen. Die Parteien haben am 6. März 1999 vor dem Standesbeamten des Standesamtes Erfurt die Ehe miteinander geschlossen; sie haben sich am 4. Juli 2004 getrennt. Das Amtsgericht Erfurt hat die Ehe durch Urteil vom 10. Mai 2007 geschieden. Das Scheidungsurteil ist laut Rechtskraftvermerk des Amtsgerichts seit 28. August 2007 rechtskräftig, nachdem die Antragstellerin ihre Berufung am 23. Juli 2007 zurückgenommen hat.

Die Antragstellerin ist 1964 in China, geboren und ist chinesische Staatsangehörige; sie ist ohne Beruf und erhält Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Antragsgegner ist 1964 geboren und deutscher Staatsangehöriger. Aus der Ehe der Parteien ist das gemeinsame Kind W. T. (geboren 2001 in China) hervorgegangen. Das Kind lebt bei der Kindesmutter; es hat einen Kindergarten besucht und wurde im Sommer 2007 eingeschult.

Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Die Parteien haben am 16. Februar 2005 einen gerichtlichen Unterhaltsvergleich vor dem Amtsgericht Erfurt (34 F 1274/04) geschlossen, in dem der Ehemann sich verpflichtet hat, ab 1. April 2005 an seine Ehefrau einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 255 € und einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 600 € zu zahlen.

Das Amtsgericht Erfurt hat den Antragsgegner durch Urteil vom 6. September 2007 (36 F 1162/06) verpflichtet, an die Antragstellerin dieses Verfahrens in Abänderung des Vergleichs vom 16. Februar 2005 einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 190 € ab 1. Mai 2006 und in Höhe von 231 € ab 1. Mai 2007 sowie einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 574 € ab 1. April 2006 und in Höhe von 544 € ab 1. Mai 2007 zu zahlen. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, daß der Antragsgegner über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.695 € netto verfügt. Das Amtsgericht hat eine Mangelfallberechnung vorgenommen und dabei berücksichtigt, daß W. im Mai 2007 sechs Jahre alt geworden ist. Das Amtsgericht ist weiter davon ausgegangen, daß die Kindesmutter keine Verpflichtung treffe, einer Teilerwerbstätigkeit nachzugehen, da der Betreuung von W. eine besondere Bedeutung zukomme, die eingeschult werde. Die Kleinfamilie lebe isoliert. Für W. beginne eine neue Lebensphase, die mit Unsicherheiten verbunden sei. Für die Kindesmutter werde es im Hinblick auf ihre schlechten Deutschkenntnisse besonders schwer sein, W. im Schulalltag zu begleiten. Aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse und des Fehlens einer in Deutschland verwertbaren Berufsausbildung sei es der Kindesmutter nicht zuzumuten, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Die Kindesmutter stamme aus einem völlig anderen Kulturkreis. Sie sei eine ängstliche Person, die sich nur ganz wenigen Menschen öffne. Es sei zu einem Entwurzelungsprozeß gekommen. Sie sei daher vor Erreichen des 8. Geburtstages von W. nicht verpflichtet, eine Tätigkeit aufzunehmen. Das Amtsgericht hat im Verfahren auf Trennungsunterhalt von einer Befristung des Unterhalts abgesehen, weil die weitere Entwicklung noch nicht prognostizierbar sei.

Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren (Nachscheidungsunterhalt) vorgetragen, auf der Grundlage ständiger Rechtsprechung könne dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit erst ab einem Alter von mindestens 8 Jahren zugemutet werden. Da das Kind W. erst sechs Jahre alt sei, erstrecke sich der Anspruch der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt wegen Kindesbetreuung mindestens bis Mai 2009. Da bis zu diesem Zeitpunkt von der Antragstellerin eine Erwerbstätigkeit aus den vorgenannten Gründen nicht verlangt werden könne, könne erst danach eine Prüfung über die Weiterzahlung von nachehelichen Unterhalt auf gleicher oder anderer Grundlage erfolgen. Die Forderung des Antragsgegners, die Antragstellerin zur Arbeitsaufnahme zu verpflichten, entbehre daher jeglicher rechtlicher Grundlage. Nunmehr seien die Parteien rechtskräftig geschieden. Die Anspruchsgrundlage sei benannt. Die Anspruchshöhe betrage 544 €. Die Berechnungsgrundlage ergebe sich aus dem Urteil vom 6. September 2007, welches zum Gegenstand des Vortrages der Antragstellerin gemacht werde. Sie hat (zuletzt) beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, an sie seit Rechtskraft der Ehescheidung einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 544 € zu zahlen.

Der Antragsgegner hat vorgetragen, die Antragstellerin sei aufgrund des Kindergartenbesuchs bis in die Nachmittagsstunden zumindest zu einer halbtägigen Beschäftigung in der Lage. Die Antragstellerin könne auf jeden Fall in Teilzeitstellen in Erfurt ohne Bildungsabschluß und ohne im Besitz des Führerscheins sein zu müssen, tätig werden; auch bliebe der Antragstellerin noch genügend Zeit, sich um die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse zu kümmern. Sie habe bereits während des Bestehens der Ehe mit dem Antragsgegner Deutschsprachunterricht genommen. Sie habe diesen in den letzten drei Jahren fortsetzen können. Die Antragstellerin habe bereits seit mehreren Jahren eine unbefristete Arbeitserlaubnis für Deutschland, mithin scheitere auch hieran eine Tätigkeitsaufnahme nicht. Es gebe sowohl im Bereich des Kindergartens als auch des Schulhortes in Thüringen und im Besonderen in Erfurt gute Betreuungsangebote; hierfür sei die Antragstellerin darlegungs- und beweisbelastet.

Die Zahlungsverpflichtung sei im übrigen zu befristen bis längstens zum Erreichen des 12. Lebensjahres des Kindes, mithin bis Mai 2013, da es der Antragstellerin dann in jedem Falle zumutbar sei, einer eigenen Vollbeschäftigung nachzugehen und somit für ihren Unterhalt selbst Sorge zu tragen. Die Antragstellerin habe in China in einem Hotel gearbeitet und Massageleistungen erbracht. Diese Tätigkeiten seien in etwa mit einem Begleitservice gleichzusetzen. Da Erfurt und der Umkreis von Erfurt auch sehr viel von ausländischen und hier insbesondere chinesischen Touristen besucht werde, hätte die Antragstellerin sogar die Möglichkeit, in ihrer Heimatsprache ohne aufwendiges Deutsch zu arbeiten. Die Antragstellerin habe ihren Sprachlehrgang eigenmächtig abgebrochen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Erfurt hat den Antragsgegner mit Urteil vom 17. April 2008 verpflichtet, an die Antragstellerin einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 544 € ab Rechtskraft der Ehescheidung bis zum 31. Dezember 2007, 433 € vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 und 271 € vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011 zu zahlen. Es hat zur Begründung ausgeführt, bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsabänderungsgesetzes richte sich der Anspruch der Kindesmutter nach § 1570 BGB, und es bestehe keine Erwerbsobliegenheit, solange das Kind die ersten beiden Grundschulklassen besuche (§ 1570 BGB).

Ab dem 1. Januar 2008 werde der Unterhalt nach § 1570 BGB nur für drei Jahre nach der Geburt geschuldet. Der Unterhalt verlängere sich nach § 1570 Abs. 1 S. 2, 3 BGB nach kindbezogenen Billigkeitsgründen (Satz 2: »solange und soweit«, und Satz 3: »Belange des Kindes«). Jeweils im Einzelfall seien die jeweiligen Umstände festzustellen. Hierzu fehle es seitens der Kindesmutter an Vortrag zu den Belangen des Kindes und der in Anspruch genommenen Betreuung. Der Kindesvater habe unwidersprochen vorgetragen, daß W. bis gegen 15 bis 16 Uhr betreut werde.

Allerdings habe die Antragstellerin Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 2 BGB. Betreuungsunterhalt komme nach Erreichen des dritten Lebensjahres in Betracht, und zwar aus Gründen, die sich aus dem Prinzip der nachehelichen Solidarität ergeben. Die Verlängerung ergebe sich allein aus den Wirkungen der Ehe und nicht aus einer kindbezogenen Betreuungsbedürftigkeit (BT-Dr. 16/6980 S. 19). Beispielhaft werde aufgeführt, daß einem geschiedenen Ehegatten, der im Interesse der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft aufgegeben oder zurückgestellt habe, ein längerer Betreuungsunterhalt einzuräumen sei, als einem Ehegatten, der von vornherein alsbald wieder in den erlernten oder ausgeübten Beruf zurückkehren wolle. Geschützt werde demnach das Vertrauen des geschiedenen Ehegatten in eine Vereinbarung zur Wahrnehmung der Betreuungsaufgaben für die gemeinsamen Kinder, nicht dagegen das Vertrauen auf eine dauerhafte Sicherstellung des Unterhalts, weil sich insoweit der Unterhaltsanspruch aus §§ 1573 Abs. 1, 1574 Abs. 1, 2 BGB ableite. Der Betreuungsunterhalt könne dann über den 3-Jahreszeitraum hinaus verlängert werden, wenn dies aufgrund der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit und der Dauer der Ehe der Billigkeit entspreche.

Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin dem Antragsgegner 2002 nach Deutschland gefolgt sei, beide Länder einem anderen Kulturkreis entspringen, die Antragstellerin isoliert in Erfurt lebe und der Antragsgegner die Ursache für die Entwurzelung der Antragstellerin gesetzt habe. Die Deutschkenntnisse der Antragstellerin seien eher schlecht. Es sei ihr zuzubilligen, sich in Deutschland neu zu positionieren und sich gegebenenfalls fortzubilden. Sie könne derzeit nur auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Ihr sei ein Übergangszeitraum zuzubilligen.

Welche Erwerbstätigkeit angemessen sei, werde in § 1574 Abs. 2 BGB erläutert und richtet sich danach, ob die Erwerbstätigkeit einer früheren Erwerbstätigkeit, der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspreche. Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich sei, obliege es der Antragstellerin, sich fortbilden zu lassen.

Das Amtsgericht hat der Antragstellerin im Hinblick auf die 8-jährige Ehezeit (bis zur rechtskräftigen Scheidung) eine Übergangszeit bis Ende 2008 zugebilligt. Ab 1. Januar 2009 sei sie verpflichtet, eine Tätigkeit auf der Basis eines Minijobs von 400 € aufzunehmen. Ab 1. Januar 2010 sei der Umfang auf 800 € anzuheben. In diesem Zeitraum sei es ihr bis Ende 2009 möglich, eine Fortbildung durchzuführen, ab 1. Juli 2011 sei es angemessen, den Unterhaltsanspruch in Wegfall geraten zu lassen. Wegen der Einzelheiten der Unterhaltsberechnung wird auf das Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 17. April 2008 Bezug genommen.

Der Antragsteller beabsichtigt, das Urteil erster Instanz mit der Berufung anzugreifen und ersucht um Prozeßkostenhilfe für seinen Antrag, das Urteil erster Instanz aufzuheben und die Klage abzuweisen. Er rügt, das Amtsgericht habe der Antragstellerin Unterhaltsansprüche nach § 1570 Abs. 2 BGB zugebilligt, obwohl die Antragstellerin zu ihrem Unterhaltsbegehren nicht vorgetragen habe. Bereits aus diesem Grunde sei das Urteil erster Instanz aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Antragstellerin wehre sich seit der Trennung von dem Antragsgegner vehement, sich in den Kulturkreis Deutschland zu integrieren, die deutsche Sprache zu erlernen, mit der gemeinsamen Tochter, die deutsche Staatsangehörige sei, Kontakte innerhalb Deutschlands zu pflegen, Freundschaften aufzubauen und sich insgesamt in ihrem sozialen Umfeld zu integrieren. Die Antragstellerin sei in der Lage, ihre Rechte bei Behörden und öffentlichen Stellen - zur Geltendmachung von Sozialleistungen - ohne Zuhilfenahme Dritter, insbesondere Dolmetscher, durchsetzen. Die Antragstellerin habe ihn unmittelbar vor der Verhandlung am 14. März 2008 auf das übelste lautstark beschimpft und beleidigt. Obwohl der Antragstellerin durch die Bundesagentur für Arbeit eine 300-stündige Deutschausbildung vermittelt worden sei, habe sie das Kursangebot nicht wahrgenommen. Sie schotte die gemeinsame Tochter der Parteien förmlich von dem Antragsgegner ab, rede vom »bösen Herrn T.« und verhindere jede Kontaktaufnahme des Antragsgegners zu Behörden, die ihm Auskunft über sein eigenes Kind geben könnten. Sie habe durch Entwendung von Firmeninterna und gezielte Information seines Arbeitgebers erreicht, daß er von Auslandseinsätzen seiner Firma entbunden worden sei und auf beschwerlichem Wege das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber wieder habe aufbauen müssen. Sie habe seine Kreditkarte entwendet und über einen Zeitraum von 11 Tagen je 500 € von seinem Konto ohne seine Zustimmung abgehoben, so daß er seinen eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr habe nachkommen können. Sie beziehe laufende Sozialleistungen, sei somit versorgt, und auch aus diesem Grunde könne von ihr kein weitergehender Unterhalt, auch nicht ab Rechtskraft der Ehescheidung, beansprucht werden.

Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragsgegners bietet nach dem bisherigen Vorbringen in der Berufungsinstanz keine hinreichende Aussicht auf Erfolg; ihm war daher Prozeßkostenhilfe zu verweigern (§ 114 ZPO). Der Antragsgegner schuldet der Antragsgegnerin nach § 1570 BGB Unterhalt wegen Betreuung der gemeinsamen Tochter W., die im Jahre 2001 geboren ist, und zwar auch über den 1. Januar 2008 hinaus.

Der Unterhaltsbedarf richtet sich beim nachehelichen Unterhalt allgemein nach den fortgeschriebenen ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB, vgl. BGH FamRZ 2008, 968); er wird also vom beiderseitigen Einkommen der geschiedenen Ehegatten abgeleitet. Der nacheheliche Betreuungsunterhalt stellt den Unterhaltsberechtigten allerdings nur so, wie er stünde, wenn er selbst voll arbeiten könnte. Die Differenz zu den - auch vom Einkommen des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten abgeleiteten - ehelichen Lebensverhältnissen sichert hingegen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB, BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - Pressemitteilung Nr. 139/2008).

Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht davon aus, daß die Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2007 nach § 1570 BGB a.F. bei der Betreuung eines sechs Jahre alten Kindes zu keiner Erwerbstätigkeit verpflichtet war. Der Bundesgerichtshof hat für die alte Rechtslage regelmäßig eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils verneint, solange das Kind noch nicht acht Jahre alt ist mit der Begründung, die gesunde Entwicklung eines Kindes bis zu acht Jahren erfordere es in der Regel, daß sich ein Elternteil dem Kind noch jederzeit widmen könne, was einem Erwerbstätigen etwa bei ausfallenden Schulstunden und Erkrankung des Kindes nicht möglich wäre (BGH FamRZ 1983, 456, 458).

Bei der Unterhaltsberechnung für den Zeitraum Rechtskraft der Ehescheidung bis zum 31. Dezember 2007 ist bei dem Antragsgegner von seinem anrechenbaren Nettoeinkommen in Höhe von 1.695 € auszugehen. Bringt man hiervon den geschuldeten Kindesunterhalt in Höhe von 280 € in Abzug (Thüringer Tabelle [Stand: 01.07.2007] 3. Einkommensgruppe II. Altersstufe), so verbleibt ein Betrag in Höhe von (1.695 € ./. 280 € =) 1.415 €. Der geschuldete Ehegattenunterhalt beträgt dann (3/7 x 1.415 € =) 606,42 €, aufgerundet 607 €. Damit wird der eheangemessene Selbstbehalt des Antragsgegners, der für erwerbstätige Unterhaltspflichtige 915 € beträgt (Thüringer Leitlinien [Stand: 01.07.2007] Ziffer 21.4.), unterschritten.

Es liegt somit ein absoluter Mangelfall vor, weil das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der nachrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht (Thüringer Leitlinien, aaO Ziff. 23.1.). Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich für minderjährige Kinder auf 135% des Regelbetrages und für den nichterwerbstätigen getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten - abweichend von dem Amtsgericht - auf 550 € (Thüringer Leitlinien, Ziff. 23.2.2.; vgl. Wendl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis 6. Aufl. § 5 Rdn. 238a). Die Verteilungsmasse beträgt (1.695 € ./. 915 € =) 780 €. Die Summe der Einsatzbeträge für W. in Höhe von (226 € x 135% =) 306 € und die Antragstellerin in Höhe von 550 € machen insgesamt 856 € aus. Auf die Antragstellerin entfallen 550 € x (780 € ./. 856 € =) 501,16 €, aufgerundet 502 € monatlich. Das Amtsgericht hat 544 € monatlich ausgeurteilt.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht die frühere Regelung für verfassungswidrig und nur noch bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung für anwendbar erklärt hatte (BVerfG FamRZ 2007, 965), hat der Gesetzgeber den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils neu geregelt. Lediglich für Unterhaltsansprüche, die vor dem 1. Januar 2008 fällig geworden waren, gilt nach § 36 Nr. 7 EGZPO das frühere Recht weiter.

Das bis Ende 2007 geltende Recht sah für den nachehelichen Betreuungsunterhalt in § 1570 BGB a.F. einen zeitlich unbegrenzten Anspruch vor, der von der Rechtsprechung sehr weitgehend, aber auch sehr pauschaliert in Sinne eines Altersphasenmodells ausgelegt wurde. Bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes mußte der betreuende Elternteil nicht arbeiten und hatte einen vollen Unterhaltsanspruch. Danach, bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, sollte nur eine halbschichtige Tätigkeit zumutbar sein und der Unterhaltsanspruch nur wegen des restlichen Unterhaltsbedarfs fortbestehen. Für den Betreuungsunterhalt der Mutter des nichtehelich geborenen Kindes sah das Gesetz nur einen zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres vor, der nur dann verlängert werden konnte, wenn es grob unbillig gewesen wäre, den Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Allerdings hatte der Bundesgerichtshof schon die Verlängerungsmöglichkeit nach dieser früheren Regelung aus verfassungsrechtlichen Gründen weit ausgelegt (BGH FamRZ 2006, 1362; BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 aaO).

Die für Unterhaltsansprüche ab Januar 2008 geltende gesetzliche Neuregelung hat den nachehelichen Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) und den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615l Abs. 2 BGB) auch zur Dauer einander weitgehend angeglichen. Allerdings kann in beiden Fällen zunächst nur für die Dauer von mindestens drei Jahren nach der Geburt Betreuungsunterhalt verlangt werden. Verlangt der betreuende Elternteil aus Billigkeitsgründen Unterhalt über diese Dauer hinaus, muß er die Gründe dafür darlegen und beweisen, was eine individuelle Beurteilung der Verhältnisse erfordert (BGH FamRZ 2008, 968, und Urteil vom 16. Juli 2008 aaO).

Gründe, die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen können, ergeben sich zunächst nach den insoweit wortgleichen Vorschriften der §§ 1570 Abs. 1 S. 2 und 3, 1615l Abs. 2 S. 4 und 5 BGB aus kindbezogenen Gründen, wobei die Belange des Kindes und die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen sind. Insoweit darf aus verfassungsrechtlichen Gründen und wegen der identischen gesetzlichen Regelung nicht zwischen ehelich und nichtehelich geborenen Kindern differenziert werden (BGH Urteil vom 16. Juli 2008 aaO).

Daneben können aber auch elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Beim nachehelichen Betreuungsunterhalt sieht § 1570 Abs. 2 BGB dies ausdrücklich vor und verweist dabei auf die Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer. Auch die gesetzliche Regelung zum Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes schließt dies nicht aus, indem es eine Verlängerung »insbesondere« aus kindbezogenen Gründen vorsieht. Daraus und aus dem Schutz der Familie in Art. 6 Abs. 1 GG läßt sich entnehmen, daß sich die Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes aus elternbezogenen Gründen um so mehr der Verlängerungsmöglichkeit beim nachehelichen Betreuungsunterhalt annähern kann, als die Beziehung der Eltern einer Ehe vergleichbar war, also bei längerem Zusammenleben oder bei einem gemeinsamen Kinderwunsch (BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 aaO).

Der Bundesgerichtshof (aaO) hat auf einen weiteren Gesichtspunkt hingewiesen, der ebenfalls für einen verlängerten Anspruch spricht und im Gegensatz zu den zuvor genannten Umständen möglicherweise nach dem Alter des Kindes generalisiert werden kann. Selbst wenn ein Kind im Kindergarten volltags betreut wird, führt dies nämlich noch nicht notwendig zu einer vollschichtigen Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils, denn zusätzlich zur Betreuung insbesondere in den Abendstunden könnte eine vollschichtige Erwerbspflicht überobligatorisch sein. Die Frage, ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalls eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, hat der Bundesgerichtshof in die Prüfung des Berufungsgerichts gestellt, an das er das Verfahren zurückverwiesen hat, aber darauf hingewiesen, daß dieser Gesichtspunkt allein regelmäßig angesichts einer eingeschränkten Erwerbspflicht nicht zu einem vollen Unterhaltsanspruch führen könne.

Auch das Oberlandesgericht München (Urteil vom 4. Juni 2008 - 12 UF 1125/07) geht davon aus, daß keinesfalls nach dem Motto »von Null auf 100« bereits ab dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts von der Mutter eines 6-jährigen Kindes sofort eine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann, der Gesetzgeber es aber vermieden habe, eine Altersgrenze festzulegen, ab der von einem Elternteil eine vollschichtige oder teilweise Erwerbstätigkeit erwartet werden könne. Allerdings werde durch die 3-Jahres-Grenze des § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB ein deutlicher Anhaltspunkt dafür geschaffen, daß ab diesem Zeitpunkt eine zumindest zeitweise Erwerbstätigkeit trotz bestehender Kindesbetreuung als grundsätzlich zumutbar anzusehen werde.

Die neue Regelung solle die Abkehr vom bisher praktizierten Altersphasenmodell bewerkstelligen. Eine pauschale Betrachtung, wie sie durch das Altersphasenmodell in der Vergangenheit häufig vorgenommen worden sei, verbiete sich nach dem neuen Recht. Dennoch müßten die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse der Kinder in bestimmten Altersphasen berücksichtigt werden. Zudem seien die Arbeitsplätze auch heute noch nur selten auf die Bedürfnisse alleinerziehender Eltern ausgerichtet; vielmehr werde von den Arbeitnehmern zunehmend Flexibilität auch hinsichtlich der Arbeitszeiten gefordert, die mit den bestehenden Möglichkeiten der Fremdbetreuung häufig nicht in Einklang zu bringen seien. Arbeitgeber ihrerseits zeigten sich nur selten so flexibel, daß sie auf die besonderen Bedürfnisse alleinerziehender Eltern Rücksicht nehmen würden. Unabhängig von der Tatsache, daß die alleinige Zuständigkeit für die Alltagsbetreuung sehr viel mehr Zuwendung und Anstrengung erfordere als die Kindesbetreuung in einer intakten Familie, was dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt immanent sei, benötigten Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Kinder in diesem Alter können nicht allein unbeaufsichtigt zu Hause gelassen werden, auch nicht stundenweise. Wenn sie auch zunehmend zur Selbständigkeit erzogen werden sollten, benötigten sie dennoch weiterhin bei der Grundversorgung wie Waschen, Anziehen, Essen etc. Anweisung und Unterstützung (OLG München aaO).

Regelmäßig werde daher eine volle Erwerbstätigkeit neben der Betreuung eines kleinen Kindes zu einer massiven Überforderung des betreuenden Elternteils führen, die sich dann unmittelbar auf das Wohl des Kindes auswirke. Wenn man aber den Grund für Betreuungsunterhaltsansprüche nicht nur im unmittelbaren Kindeswohl, sondern auch in der elterlichen Solidarität zum Wohle des gemeinsamen Kindes sehe, werde deutlich, daß die Gefahr bestehe, eine Lastenverteilung zwischen den Eltern vorzunehmen, die allgemeinen Gerechtigkeitsmaßstäben nicht entspreche (OLG München aaO).

Spreche man dem betreuenden Elternteil eines über dreijährigen Kindes im Kindergarten- und Grundschulalter Betreuungsunterhaltsansprüche ab, da er für seinen Unterhalt selbst zu sorgen habe, fordert man von diesem, sein gesamtes Leben an dieser Aufgabe auszurichten und eigene Interessen weitgehend zurückzustellen. Dagegen träfe den anderen Elternteil lediglich die Verpflichtung zur Zahlung von Barunterhalt für das Kind. Dieser wäre in seiner Freizeitgestaltung nicht beeinträchtigt und könnte sich etwa einer neuen Partnerschaft zuwenden; denn dafür blieben ihm, im Gegensatz zum betreuenden Elternteil, sowohl die zeitlichen Ressourcen als auch die notwendigen finanziellen Mittel. Eine angemessene Lastenverteilung zwischen den grundsätzlich zu gleichen Teilen verpflichteten Eltern wäre damit in keiner Weise gewährleistet (OLG München aaO).

Der Senat schließt sich im Ergebnis den vom Bundesgerichtshof und vom Oberlandesgericht München herausgearbeiteten Grundsätzen an. Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung, wonach die Neuregelung keineswegs einen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zu Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt, sondern im Interesse des Kindeswohls vielmehr auch künftig ein gestufter, an den Kriterien des § 1570 BGB n.F. orientierter Übergang möglich ist (BT-Dr. 16/1830 S. 18 unten und S. 19 oben). Wenn sich auch nach der Gesetzesänderung eine pauschale Betrachtung, wie sie durch das Altersphasenmodell in der Vergangenheit häufig vorgenommen wurde, nach neuem Recht verbietet, müssen die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse des Kindes in bestimmten Altersphasen berücksichtigt werden. Ein Kind, das den Kindergarten oder die beiden ersten Grundschulklassen besucht, bedarf einer intensiven Betreuung.

Auch bei bestehenden Betreuungsmöglichkeiten wird man eine Vollzeiterwerbstätigkeit regelmäßig von dem betreuenden Elternteil nicht verlangen können, solange ein Kind wie im vorliegenden Fall den Kindergarten bzw. die ersten Grundschulklassen besucht. Man wird regelmäßig nur eine Teilbeschäftigung fordern können, die mit zunehmendem Alter des Kindes zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit auszubauen sein dürfte.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16. Juli 2008, den Betreuungsunterhalt nach dem Alter des Kindes zu generalisieren, folgt der Senat im vorliegenden Fall der von dem Amtsgericht vorgenommenen Abstufung des Umfangs der Erwerbsverpflichtung der Antragstellerin. Die Antragstellerin konnte zunächst bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften davon ausgehen, daß sie bis zum 8. Lebensjahr ihres Kindes (24. Mai 2009) keine Erwerbsobliegenheit traf. Die Antragstellerin ist daher in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluß vom 19. März 2008 - 4 WF 41/08: sechs Monate) und dem Oberlandesgericht Celle (FamRZ 2008, 997: zwei Monate wegen anschließender Verwirkung) eine Überlegungsfrist zuzubilligen, die das Amtsgericht im vorliegenden Fall zu Recht mit einem Jahr bemessen hat. Der Senat erachtet eine Frist von einem Jahr deshalb für angemessen und erforderlich, da die Antragstellerin - unstreitig - mit ihrem Ehemann bis 2002 in China gelebt hat, die deutsche Sprache bisher nicht beherrscht, über keine in Deutschland verwertbare Berufsausbildung verfügt, in China als Masseuse (Begleitung) und noch nie in Deutschland gearbeitet hat.

Demnach ist es auch nicht zu beanstanden, daß die Antragstellerin verpflichtet ist, ihre Tätigkeit ab 1. Januar 2009 auf einen 400 € und ab 1. Januar 2010 auf einen 800 € Job auszudehnen, nachdem das Kind W. im Mai 2009 acht Jahre alt wird. Von der Antragstellerin kann bis zum 30. Juni 2011 (W. ist dann zehn Jahre alt) keine Ausweitung auf eine Vollzeitbeschäftigung verlangt werden. Im Interesse des Kindeswohls ist auch künftig nur ein stufenweiser, an den Kriterien von § 1570 Abs. 1 BGB orientierter Übergang in die Vollerwerbstätigkeit zumutbar (BT- Dr. 16/6980 S. 18, 19; Palandt/Brudermüller, BGB Nachtrag zur 67. Aufl. § 1570 Rdn. 10).

Da das Amtsgericht seine Staffelung der Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 16. Juli 2008) - sowohl auf kindbezogene Gründe (altersbedingter Betreuungsbedarf), die auf Erfahrungswerten beruhen, als auch auf elternbezogene Gründe (fremder Kulturkreis, Leben erst seit 2002 in Deutschland, keine in Deutschland anerkannte Berufsausbildung, keine Erwerbstätigkeit seit der Eheschließung im Jahre 1999) gestützt hat, die offenkundig oder unstreitig waren, bedurfte es keines diesbezüglichen Vortrags der Antragstellerin.

Im konkreten Fall wird man von der Antragsgegnerin neben der Betreuung von W., die bis zum Sommer 2009 noch die zweite Grundschulklasse besuchen wird, angesichts ihrer persönlichen Situation nicht mehr als einen 400 € Job und bis zum Ende der 4. Grundschulklasse (30. Juni 2011) nicht mehr als eine Halbtagstätigkeit erwarten können.

Die Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts für die Zeit ab 1. Januar 2008 ist nicht zu beanstanden.

Das Amtsgericht hat den Anspruch der Antragstellerin auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1578b BGB zeitlich bis zum 30. Juni 2011 befristet. Gegen eine Befristung spricht, daß ein nach Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes festzusetzender Betreuungsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB aufgrund der Unsicherheiten, die in der Entwicklung des Kindes und dessen Reife liegen, zeitlich nicht begrenzt werden kann, weil in der Regel eine sichere Prognose iSv § 258 iVm § 323 Abs. 1 ZPO, ab welchem Zeitpunkt eine vollständige Drittbetreuung möglich ist, und wann die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes endet, nicht getroffen werden kann (vgl. Borth, FamRZ 2008, 1, 11; OLG München aaO). Da lediglich der Antragsgegner um Prozeßkostenhilfe für die Berufungsinstanz ersucht hat, und die Begrenzung in seinem Interesse liegt, erübrigen sich weitere Ausführungen.

Der Vortrag des Antragsgegners zu der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs durch das Verhalten der Antragstellerin gegenüber seinem Arbeitgeber ist unsubstantiiert. Dem Beweisangebot Zeugenvernehmung nachzugehen, liefe auf eine Ausforschung hinaus. Die Kontoabhebungen der Antragstellerin sind bereits im Verfahren auf Trennungsunterhalt im Termin vom 16. Februar 2005 (34 F 1274/04) vor dem Amtsgericht erörtert worden. Der Senat geht im summarischen Prozeßkostenhilfe-Prüfungsverfahren davon aus, daß die Antragstellerin den Betrag im Zusammenhang mit der Trennung abgehoben, und der Antragsgegner die Abhebung in Höhe von 5.500 € mit laufendem Unterhalt verrechnet hat, da dieser ausweislich des Protokolls und des geschlossenen Vergleichs von Oktober 2004 bis März 2005 keinen Kindes- und Trennungsunterhalt gezahlt hat.

Zwar kann eine fortgesetzte massive und schuldhafte Vereitelung des Umgangsrechts zu einem Ausschluß oder einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs des betreuenden Elternteils gemäß § 1579 Nr. 7 BGB führen; allerdings muß das Fehlverhalten schwerwiegend sein, um die Annahme der Verwirkung zu rechtfertigen (BGH FamRZ 1987, 356, 358). Der Antragsgegner hat bereits nicht hinreichend vorgetragen, daß der Antragstellerin ein schwerwiegendes Fehlverhalten anzulasten ist. Dazu wäre es im Einzelnen erforderlich gewesen, daß der Antragsgegner vorträgt, wie sich sein Umgang mit W. und das Verhältnis zu ihr nach der Trennung der Ehegatten im einzelnen gestaltet hat. Ebenso wenig ist seinem Vorbringen zu entnehmen, welche Bemühungen er selbst in der Vergangenheit unternommen hat, um eine Änderung der ablehnenden Haltung des Kindes herbeizuführen, etwa indem er diesem durch Briefe oder gelegentliches Übersenden von kleinen Geschenken seine fortbestehende Zuneigung vermittelt hat. Bloße Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts rechtfertigen keine Verwirkung (BGH FamRZ 2007, 193, 195; 2007, 882).

Der Scheidungsausspruch ist jedenfalls am 23. Juli 2007 rechtskräftig geworden, als die Antragstellerin ihre Berufung gegen die Entscheidung zur Scheidung zurücknahm, denn mit der Rücknahme des Hauptrechtsmittels kam eine (weitere) Anschließung nicht mehr in Betracht; eine etwa erfolgte Anschließung hätte ihre Wirkung verloren (BGH FamRZ 1998, 1024; Zöller/Philippi, ZPO 26. Aufl. § 629a Rdn. 36).

Soweit die Berufung für den Zeitraum vom 23. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 in Höhe von monatlich 42 € Aussicht auf Erfolg hat, scheidet eine Prozeßkostenhilfebewilligung aus, da der Berufungsstreitwert nicht erreicht wird.


OLG Thüringen, Beschluß vom 24.07.2008 - 1 UF 167/08
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