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OLG Stuttgart, Urteil vom 20.08.2008 - 18 UF 256/07 - FD-Platzhalter-rund

OLG Stuttgart, Urteil vom 20.08.2008
18 UF 256/07



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Begrenzung des nachehelichen Unterhalts; Übergangsregelung; Anpassung eines Unterhaltsvertrages an das UÄndG 2007.

BGB § 1578b; ZPO §§ 323, 794

1. Ein gerichtlicher Vergleich ist wie ein sonstiges privatrechtliches Rechtsgeschäft allein nach den Regeln des materiellen Rechts an veränderte Umstände anzupassen; maßgeblich sind die Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage.
2. Haben sich danach die Umstände, die zur Grundlage einer Absprache erhoben worden sind, nach Abschluß des Vergleichs schwerwiegend geändert, so kann eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
3. Die Bemessung des Unterhalts im Abänderungsverfahren ermöglicht diese keine freie, von der bisher festgesetzten Höhe unabhängige Neubemessung des Unterhalts und keine abweichende Beurteilung der zugrunde liegenden Verhältnisse; vielmehr kann die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Angleichung bestehen, wobei allein auf den Parteiwillen als dem Geltungsgrund der Vereinbarung abzustellen ist. Ist danach eine Änderung eingetreten, so muß die gebotene Anpassung nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen.
4. Der Wandel der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts hat durch die Regelung in § 1578b BGB nicht nur eine Konkretisierung erfahren, sondern ist darüber hinaus mit dem Ziel weiterentwickelt worden, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitskriterien, insbesondere des Maßstabs der »ehebedingten Nachteile«, zu erleichtern.
5. Eine Änderung der Gesetzeslage stellt regelmäßig eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs dar, die dessen Anpassung rechtfertigt.
6. Im Rahmen der Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist vorrangig zu prüfen, ob sich eine Einkommensdivergenz der geschiedenen Ehegatten, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich rechtfertigt.
7. Ein geschiedener Ehegatte durfte nach langer Ehedauer bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes mit Wirkung zum 1. Januar 2008 auf eine getroffene Unterhaltsregelung vertrauen. Da dieses Vertrauen in eine getroffene Regelung aufgrund der Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 EGZPO nicht übergangen werden darf, hat der Unterhaltsschuldner für eine angemessene Übergangszeit Sorge zu tragen, um dem Unterhaltsgläubiger die Möglichkeit zu geben, sich auf den Wegfall seines Unterhaltsanspruchs und ein damit verbundenes Absinken seines Lebensstandards einzustellen. (Red.)

OLG Stuttgart, Urteil vom 20. August 2008 - 18 UF 256/07

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Balingen vom 07.12.2007 (3 F 365/04) wie folgt abgeändert:
Der vor dem Oberlandesgericht Stuttgart am 16.07.1996 (18 UF 52/96) geschlossene Vergleich wird dahingehend abgeändert, daß der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte ab 01.03.2003 monatlichen Unterhalt wie folgt zu zahlen: Vom 01.03.2003 bis zum 31.12.2003 917 € zuzüglich 225 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.142 €, vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 973 € zuzüglich 237 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.210 €, vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2005 1.041 € zuzüglich 259 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.300 €, vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 1.100 € zuzüglich 279 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.379 €, vom 01.01.2008 bis zum 31.03.2010 800 € zuzüglich 200 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.000 €, und vom 01.04.2010 bis zum 31.03.2018 500 €, wobei ein Altersvorsorgeunterhalt entfällt.
Der Unterhaltsanspruch der Beklagten wird bis 31.03.2018 befristet.
2. Die weitergehende Berufung der Parteien wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden in beiden Instanzen gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 621a, 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat, soweit er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten aufgrund der ab 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage erstreiten will, ab 1. April 2018 Erfolg. Für die Vergangenheit in der Zeit vom 1. März 2003 bis zum 31. Dezember 2007 ist der Prozeßvergleich vom 16. Juli 1996 lediglich an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten und deren Auswirkungen auf den ausgehandelten Unterhaltsbedarf anzupassen mit der Folge, daß sich die Zahlungspflichten des Klägers zwar im tenorierten Umfang verringern, es aber andererseits bei den verabredeten Bemessungsgrundlagen bleibt. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2018 ist der vereinbarte Unterhalt nach der Neuregelung in § 1578b BGB unter Beachtung des Vertrauensschutzes der Beklagten nach § 36 Nr. 1 EGZPO zur Vermeidung grober Unbilligkeiten auf ein angemessenes Maß abzusenken, so daß der Kläger vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2010 laufend noch 1.000 € schuldet (davon 200 € Altersvorsorgeunterhalt), und danach lediglich 500 €. Ab 1. April 2018 gerät der Anspruch vollständig in Wegfall.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil ihr im Hinblick auf die versäumte Frist zur Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 2 ZPO, die am 11. Februar 2008 endete, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 233 ZPO) zu gewähren ist, denn sie hat glaubhaft gemacht, daß sie kein eigenes oder ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten trifft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf sich der Rechtsanwalt im Rahmen der gebotenen Fristenkontrolle grundsätzlich auf die Prüfung des Erledigungsvermerks in der Handakte beschränken, was hier geschehen ist (BGH NJW 2007, 2332). Auch war die allgemein erteilte Weisung an die Kanzleiangestellten ausreichend, nach der sämtliche Haupt- und Vorfristen im Fristenkalender sofort zu notieren und diese Eintragungen entsprechend in der Akte zu vermerken, und bei Rechtsmittelsachen neben der Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist auch jeweils eine Vorfrist von einer Woche einzutragen waren (vgl. dazu BGH NJW 2007, 2332). Ein Organisationsverschulden scheidet somit gleichfalls aus.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2007 teilweise begründet. Im übrigen hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Abänderungsklage des Klägers ist nach § 323 Abs. 1 ZPO zulässig. Bei einem gerichtlichen Vergleich erfolgt die in § 323 Abs. 4 iVm § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Umstände wie bei sonstigen privatrechtlichen Rechtsgeschäften allein nach den Regeln des materiellen Rechts. Maßgeblich sind die früher aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätze über die Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage, die nunmehr in § 313 BGB ausdrücklich normiert worden sind. Haben sich danach die Umstände, die zur Grundlage einer Absprache erhoben worden sind, nach Abschluß des Vergleichs schwerwiegend geändert, so kann eine Anpassung unter Wahrung des Parteiwillens verlangt werden (BGH FamRZ 1992, 539 = EzFamR BGB § 1603 Nr. 15 = BGHF 8, 66; 2001, 1140 = FuR 2001, 314 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 51), soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger vorliegend dargetan, weil er sich zum einen auf eine Verminderung seiner Einkünfte beruft mit der Folge einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit, und andererseits einen (teilweisen) Wegfall der Bedürftigkeit der Beklagten aufgrund gestiegener Einkünfte geltend macht. Beide Gesichtspunkte sind geeignet, eine Herabsetzung der Unterhaltslast zu rechtfertigen, die im Prozeßvergleich vom 16. Juli 1996 (OLG Stuttgart - 18 UF 52/96) einvernehmlich festgelegt worden ist. Weiter besteht nach der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2008 nunmehr die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 1578b BGB zu befristen. Auch diese Einwendung hat der Kläger erhoben.

II. Bei der gebotenen Anpassung des Unterhaltsvergleichs vom 16. Juli 1996 ist zunächst nur die Entwicklung der Einkommens- und Vermögenssituation der Beklagten im maßgebenden Zeitraum (ab 1. März 2003) zu betrachten, weil die Parteien den sich aus den ehelichen Lebensverhältnissen ergebenden Elementarunterhaltsbedarf (§ 1578 Abs. 1 BGB) bei Abschluß des ersten Vergleichs am 11. Juli 1986 vor dem Familiengericht Balingen (4 F 24/86) abweichend von der üblichen Praxis nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz, sondern durch eine Schätzung dessen gewonnen haben, was die Beklagte nach der Scheidung zur Aufrechterhaltung des in der Ehe erreichten, gehobenen Lebensstandards benötigte. Diese Methode wurde auch im nachfolgenden, per Vergleich am 16. Juli 1996 beendeten Verfahren beibehalten, und ist auch jetzt noch zu beachten (BGH FamRZ 1990, 280 = BGHF 6, 1243). Da sich der Unterhaltsbedarf der Beklagten aber seither nicht verringert, sondern aufgrund von allgemeinen Preissteigerungen sogar noch erhöht hat, wirkt sich die Einkommensverbesserung auf seiten der Beklagten nur bedingt auf ihren Unterhaltsanspruch aus.

Sodann ist in einem weiteren Prüfungsschritt die Frage zu stellen, ob mit dem Wegfall der bisherigen Erwerbseinkünfte des Klägers und deren Ersetzung durch Versorgungsbezüge und sonstige Einkünfte die Grundlage für die bisherige Bedarfsbemessung entfallen ist, denn ein Unterhaltsanspruch wird allein durch seine Bestimmung anhand eines im Zeitpunkt der Scheidung konkret dargelegten Bedarfs nicht dauerhaft festgeschrieben, sondern kann für den Fall eines Einkommensrückgangs abgesenkt werden. Eine Bindung an die vorangegangene Bedarfsermittlung besteht insoweit nicht (BGHZ 153, 372 = FamRZ 2003, 848 = FuR 2003, 358 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 58).

Indessen ergeben sich aus den letzteren Überlegungen keine Einschränkungen, weil der Kläger den Unterhaltsbedarf der Beklagten, der bei einer Anpassung der ausgehandelten Bemessungsgrundlagen im streitigen Zeitraum verbleibt, erfüllen kann, ohne daß der Halbteilungsgrundsatz und die Grenze des Angemessenen verlassen würden.

1. Nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof für die Unterhaltsbemessung im Abänderungsverfahren entwickelt hat (BGH FamRZ 1983, 569 = BGHF 3, 807), ermöglicht diese keine freie, von der bisher festgesetzten Höhe unabhängige Neubemessung des Unterhalts und keine abweichende Beurteilung der zugrunde liegenden Verhältnisse; vielmehr kann die Abänderungsentscheidung nur in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Angleichung bestehen, wobei allein auf den Parteiwillen als dem Geltungsgrund der Vereinbarung abzustellen ist (BGH FamRZ 1985, 362 = EzFamR BGB § 1582 Nr. 2 = BGHF 4, 776), denn nur daran läßt sich ablesen, welche Verhältnisse zur Grundlage des Vergleichs erhoben, und wie diese von den Parteien bewertet worden sind. Ist nach alledem eine Änderung eingetreten, so muß die gebotene Anpassung nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen (BGH FamRZ 2001, 1140 = FuR 2001, 314 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 51).

a) Vorliegend ergibt sich aus den Schriftsätzen im Verfahren 4 F 24/86 (AmtsG Balingen), daß die Parteien die Höhe des Unterhalts ursprünglich nicht nach dem Halbteilungsgrundsatz bemessen haben, sondern anhand eines konkreten Bedarfs der Beklagten, der allerdings nicht aufgrund einzelner aufgelisteter Positionen errechnet, sondern grob geschätzt worden ist. Danach sollte die Beibehaltung des in der Ehe erreichten Lebensstandards der Beklagten monatlich 5.000 DM zuzüglich 900 DM als Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit erfordern. Diese Beträge sollten den an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierten Lebensbedarf der Beklagten im Zeitpunkt der Scheidung darstellen und das Maß des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 Abs. 1 BGB bestimmen. Sie bleiben deshalb als rechnerische, auf einen vergangenen Zeitpunkt bezogene Bemessungsgrundlage von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse zunächst unberührt (BGH FamRZ 1985, 582 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 9 = BGHF 4, 779).

So hatte der Kläger im Jahre 1985 als Apotheker einen Reingewinn (vor Steuern) in Höhe von rund 400.000 DM erzielt, wobei in den Jahren 1982 bis 1984, die aufgrund der gebotenen Durchschnittsbetrachtung des wirtschaftlichen Erfolgs eines Selbständigen maßgebend sind (vgl. BGH FamRZ 2004, 1177 = FuR 2004, 507 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 62), ähnliche Größenordnungen zu verzeichnen waren. Hinzu kamen die Wohnwerte von drei Immobilien, nämlich der Wohnwert einer vom Kläger selbst genutzten Villa in M., einer an die Beklagte per Vergleich vom 11. Juli 1986 für 900 DM monatlich vermieteten Villa in Balingen und einer Ferienwohnung in U. am Bodensee, was eine Zurechnung weiterer Jahreseinkünfte von mindestens 25.000 DM gerechtfertigt haben dürfte. Weiter hatte der Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (und Schiffsbeteiligungen) in Höhe von 57.000 DM, die in erster Linie auf Abschreibungen beruhten (im Jahre 1984 entfielen allein auf das vom Kläger bewohnte Gebäude in M. Abschreibungen nach § 7b EStG in Höhe von 120.643 DM). Die Versicherungsbeiträge beliefen sich im Jahre 1985 auf 78.000 DM, die Steuerlast auf 167.000 DM, so daß noch ein Jahresnettoeinkommen von 155.000 DM verblieb. Zuzüglich der Wohnwerte (25.000 DM) hätten - grob geschätzt - rund 180.000 DM in die Unterhaltsberechnung eingestellt werden müssen.

Indessen hatten sich die Parteien im gerichtlichen Vergleich vom 11. Juli 1986 darauf geeinigt,
» daß aufgrund der beiderseitigen Einkommen in den Jahren 1982 bis 1984 für den angemessenen Unterhalt der Parteien ein Betrag von 120.000 DM zur Verfügung gestanden hat, «
und daß der gegenwärtige Elementarunterhaltsbedarf der Beklagten »auf 5.000 DM« bemessen wird. Da sich die Parteien auf einen laufenden Unterhalt von 3.900 DM verständigt haben, und hiervon rechnerisch 900 DM für den Altersvorsorgeunterhalt aufzubringen waren, müssen die Mieteinnahmen der Beklagten auf 2.000 DM monatlich geschätzt und bedarfsdeckend in Abzug gebracht worden sein. Aus dieser Handhabung kann wiederum geschlossen werden, daß von den Einkünften, die hinsichtlich eines Teilbetrages von 120.000 DM als eheprägend vereinbart worden sind, 24.000 DM auf die Beklagte entfielen, und 96.000 DM auf den Kläger. Demnach haben die Parteien bei ihrer Betrachtung nahezu die Hälfte der tatsächlichen Einkünfte des Klägers (180.000 DM) ausgeklammert.

b) Diese Absprache ist für das vorliegende Verfahren nach wie vor bindend, weil sie auch im Vergleich vom 16. Juli 1996 (OLG Stuttgart - 18 UF 52/96) keine grundlegende Veränderung erfahren hat. Die Parteien haben in Ziffer 3. des Vergleichs nämlich nur geregelt, daß es weiterhin bei dem am 11. Juli 1986 »vereinbarten Geschiedenenunterhalt von 3.900 DM bleibt«. Jedenfalls hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen Vortrag gehalten, der die Annahme rechtfertigen würde, die Parteien seien im Jahre 1996 von ihrer ursprünglichen Bedarfsbemessung abgewichen und hätten den eheangemessenen Unterhalt nunmehr nach der Halbteilung bestimmt. Auch die Begleitumstände lassen einen entsprechenden Rückschluß nicht zu.
Zunächst kann aus der Gesamtschau des Vergleichsinhalts insoweit eine sichere Erkenntnis gewonnen werden, als sich der Unterhaltsanspruch der Beklagten im Hinblick auf ihre - in Ziffer 1. übernommene - Verpflichtung, die Internatskosten für den gemeinsamen Sohn A. nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB hälftig mitzutragen, nicht in gleicher Weise erhöhen sollte, denn die anteiligen Aufwendungen summierten sich nach den Angaben des Klägers nahezu auf 2.000 DM und konnten von der Beklagten nicht vollständig durch zusätzliche Einkünfte aufgefangen werden. Das Nettoeinkommen der Beklagten belief sich auf 1.100 DM; die Mieteinnahmen waren im wesentlichen unverändert. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, daß die Parteien dem Grundsatz Rechnung tragen wollten, daß der Ehegattenunterhalt nur den eigenen Bedarf, nicht aber denjenigen eines Kindes umfaßt, auch wenn es volljährig ist, und eine anteilige Haftung in Rede steht (BGH FamRZ 2005, 1817 = FuR 2005, 555 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 24). Dieselben Überlegungen haben in gleicher Weise für die Unterhaltslasten der Beklagten gegenüber ihrer Mutter zu gelten.

Zusätzlich widerspräche es dem erkennbaren Willen und dem Interesse der Parteien, Ziffer 3. des Prozeßvergleichs vom 16. Juli 1996 lediglich eine deklaratorische Bedeutung dergestalt beizumessen, daß sich deren Wirkung in einer bloßen Bestätigung der Vereinbarung vom 11. Juli 1986 erschöpft habe, denn es bestand bereits deshalb ein praktisches Regelungsbedürfnis, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten seither insoweit verändert hatten, als sie nunmehr über ein Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.100 DM verfügte, während ihre Bruttomieteinnahmen annähernd gleich geblieben waren (ca. 3.000 DM). Somit lag es nahe, die Unterhaltslast des Klägers an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Indessen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung im Vergleich vom 11. Juli 1986 aufgegeben und den Unterhalt nunmehr nach den eheprägenden Einkünften bemessen hätten (§§ 133, 157 BGB); im Gegenteil spricht bereits der Wortlaut des Vergleichs gegen eine solche Handhabung, weil keine Berechnungsgrundlagen genannt sind.

Auch aus der Tatsache, daß im Urteil des Familiengerichts Balingen vom 19. Dezember 1995 (3 F 331/94), das dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht am 16. Juli 1996 vorausgegangen ist und bereits rechtskräftig geworden war, die Einkünfte der Parteien festgestellt und die Einwendungen des Klägers gegen den Vergleich vom 11. Juli 1986 zurückgewiesen worden sind, ergibt sich nichts anderes, denn der Kläger hatte lediglich eine Klage nach § 767 ZPO mit der Behauptung eines teilweisen Unterhaltsverzichts, hilfsweise einer Aufrechnungsvereinbarung, erhoben, und damit allenfalls die Vollstreckbarkeit des Vergleichs zu Fall bringen wollen, nicht aber dessen Bestand (vgl. BGH FamRZ 2005, 1479 = FuR 2005, 417 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 55). Dies hat zur Folge, daß die formelle Rechtskraft des familiengerichtlichen Urteils, die dadurch eingetreten ist, daß der Kläger mit Schriftsatz vom 25. April 1996 seine Berufung auf seine bisherigen Hilfsanträge beschränkt und lediglich eine hälftige Freistellung von seinen Unterhaltspflichten gegenüber A. weiterverfolgt hat, die Ausgestaltung des ursprünglichen Unterhaltsrechtsverhältnisses von vornherein unberührt gelassen hat.

c) Wird Ziffer 3. des Vergleichs vom 16. Juli 1996 aufgrund der vorstehenden Erwägungen dahingehend verstanden, daß die Parteien ihre konkrete Bedarfsbemessung grundsätzlich beibehalten wollten, muß dem Umstand Rechnung getragen werden, daß sich der ursprünglich ausgehandelte Elementarbedarf der Beklagten - wegen der gleichbleibenden Unterhaltsverpflichtung des Klägers - seit Abschluß des Vergleichs am 11. Juli 1986 von 5.000 DM um die zwischenzeitlich erzielten Erwerbseinkünfte der Beklagten in Höhe von 1.100 DM auf 6.100 DM erhöht hatte, was umgerechnet einem Betrag von 3.118,88 € entsprach. Nur eine solchermaßen berechnete Anpassung erweist sich letztendlich als sachgerecht, weil auf der anderen Seite auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu beachten waren. Wird der ursprüngliche Unterhaltsbedarf von 5.000 DM ab 1986 mit Hilfe des allgemeinen Verbraucherindexes hochgerechnet, hätte sich dieser im Jahre 1996 auf (2.556,46 € x 95,3 : 75,2 =) 3.239 € summiert. Dabei zeigt eine Gegenüberstellung mit dem im Wege der Auslegung ermittelten Bedarf von 3.118,88 €, daß sich die Größenordnungen bis auf 120,12 € gleichen, wobei die verbleibende Differenz einem gegenseitigen Nachgeben geschuldet sein dürfte, das einem Vergleichsabschluß regelmäßig vorausgeht.

2. Ferner ist der Kläger in der Lage, den auf der Grundlage eines konkreten Bedarfs von 3.118,88 € errechneten Unterhalt zu erfüllen, ohne seinen - bei einer hälftiger Teilhabe - verbleibenden eheangemessenen Selbstbehalt zu gefährden (§§ 1578 Abs. 1 S. 1, 1581 BGB).

a) Der Kläger war bis zum 28. Februar 2003 selbständiger Apotheker. Zu Recht hat ihm das Familiengericht zugestanden, die Apotheke mit Erreichen des 63. Lebensjahres zu veräußern, nachdem der Kläger zu diesem Zeitpunkt ausreichend für das Alter vorgesorgt hatte. Er verfügt neben einem umfangreichen Immobilienvermögen auch über erhebliche Barmittel und Renteneinkünfte, die es ihm ermöglichen, seinen bisherigen Lebensstandard auch unter Berücksichtigung seiner Unterhaltslasten gegenüber der Beklagten und seiner zweiten Ehefrau beizubehalten.

b) Durch den Verkauf der Apotheke waren die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien nicht mehr von den früheren Gewinnen des Klägers, sondern von den Renten geprägt, die als Surrogat an die Stelle des früheren Erwerbseinkommens getreten sind (BGH FamRZ 2005, 1479 = FuR 2005, 417 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 55). Gleiches gilt für den Veräußerungsgewinn und die beiden Lebensversicherungen des Klägers mit einem Nominalwert von zusammen 413.000 €, die ebenfalls der Kompensation verminderter Einkünfte im Rentenalter zu dienen bestimmt sind. Jedenfalls kann dies unterstellt werden, weil der Kläger die Behauptung der Beklagten nicht widerlegt hat, der Kläger habe bereits in den 70-er Jahren, also während intakter Ehe, begonnen, sich umfassend - durch private Verträge und Anwartschaften in der berufsständischen Versorgung - für sein Alter abzusichern. Hinzu kommt, daß die Parteien Gütertrennung vereinbart haben, und es deshalb nicht unbillig erscheint, die privaten Lebensversicherungen in die Einkommensberechnung einzustellen.

Im einzelnen kann dahinstehen, ob der Kläger gehalten ist, nicht nur den Zinsertrag (von rund 14.000 € jährlich bei 3,4% allein aus den Lebensversicherungen), sondern auch die vorhandenen Barmittel für Unterhaltszwecke einzusetzen (so OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 621), wobei anzumerken ist, daß es an der Vergleichbarkeit mit sonstigen privaten Rentenzahlungen (etwa Leibrenten, Altenteile) fehlen dürfte, die in der Rechtsprechung auch dann als Einkommen betrachtet werden, wenn sie auf einer vorausgegangenen Vermögensübertragung beruhen (BGH FamRZ 1994, 228 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 45 = BGHF 8, 1349 zur Leibrente), denn vorliegend sind der Veräußerungsgewinn und das Kapital aus den Lebensversicherungen nach wie vor vorhanden und können uneingeschränkt genutzt werden. Während der Schutzgedanke des § 1581 S. 2 BGB bei einer Veräußerung von Vermögen gegen Zahlung einer Leibrente, Gewährung eines Altenteils oder einer sonstigen privaten Rente unter anderem deshalb nicht zum Tragen kommt, weil einem solchen Rechtsgeschäft typischerweise die Absicht zugrunde liegt, Vermögen, das bisher in Form von Immobilien, Beteiligungen oder ähnlichem gebunden war, einem vollständigen Verbrauch zum Zwecke der Deckung des Lebensbedarfs zuzuführen, ist dies bei Geldmitteln, die (wie hier) laufend Erträge in Form von Zinsen abwerfen, gerade nicht der Fall.

Soweit dem Kläger auf der einen Seite zugestanden wird, sich frühzeitig aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, ist auf der anderen Seite eine Rücksichtnahme auf die Unterhaltsbelange der Beklagten zu fordern. Deshalb war der Kläger gehalten, nicht nur das Auszahlungsguthaben seiner Lebensversicherungen so gewinnbringend wie möglich anzulegen (was mit Zinsen von 3,4% tatsächlich gelungen ist), sondern auch den Veräußerungsgewinn für die Apotheke. Aufgrund dieser Überlegung kann im Rahmen von § 1581 BGB nicht auf die tatsächliche Rendite in Höhe von 1,75% jährlich abgestellt werden, die bei kurzfristigen Geldanlagen üblich ist, sondern es bedarf einer wertenden Korrektur. Da der Kläger in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt, und auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die eine ständige Verfügbarkeit des Kapitals erfordern würden, sind ihm solche Zinseinnahmen fiktiv zuzurechnen, die ohne besonderes Verhandlungsgeschick bei mündelsicheren Geldanlagen mit längerer Vertragsbindung (etwa für fünf Jahre) regelmäßig erzielt werden, mindestens also 3% jährlich, was einem zusätzlichen Jahreseinkommen von 19.830 € entspricht. Soweit der Kläger auf sein Alter verweist, hat er - da gesundheitliche Beeinträchtigungen ersichtlich nicht bestehen - mit seinen 68 Jahren nach statistischen Maßstäben noch ein langes Leben vor sich, kann also vorausschauend planen. Schließlich gebietet auch die Spekulation des Klägers auf künftige Zinserhöhungen keine abweichende Handhabung, da die hiermit verbundenen Chancen und Risiken in seiner eigenen Sphäre liegen, und nur eine fiktive Durchschnittsbetrachtung zu einem ausgewogenen Verteilungsergebnis führt, denn dadurch ist gewährleistet, daß die Beklagte weder an den schlechten Ergebnissen noch an den erhofften künftigen Gewinnsteigerungen partizipiert.

Von den Zinseinnahmen, die sich auf insgesamt (19.830 € + 14.000 € =) 33.830 € summieren, sind unter Zugrundelegung der Steuerklasse I vom Monatsbetrag von 2.819,16 € bei Beachtung des Grenzsatzes von 25% und der Ertragsanteile der Renten von 15.370 € 1.114,65 € in Abzug zu bringen, nämlich 982,08 € für die Einkommensteuer, 54,01 € für den Solidaritätszuschlag und 78,56 € für die Kirchensteuer, so daß ein verfügbares Einkommen von 1.704,51 € verbleibt.

c) Hinzu kommen Rentenzahlungen der Apothekenversicherung in Höhe von 1.962,79 €, eine BfA-Rente in Höhe von 491,64 € bzw. 487,77 € und eine private Rente der V. Versicherung von 405,60 €, ferner der Wert für das mietfreie Wohnen in M., der vom Familiengericht zutreffend auf der Grundlage der Schätzung des Sachverständigen S. vom 26. Februar 2007 in Höhe von 818 € in die Berechnung eingestellt worden ist. Dieser Gebrauchsvorteil hat die Lebensverhältnisse der Parteien in vollem Umfange geprägt, weil der Kläger das Anwesen während bestehender Ehe im Jahre 1974 erworben hat. Soweit der Kläger ins Feld führt, der hohe Wohnwert sei einem Umbau zu verdanken, den er erst nach der Scheidung in Angriff genommen habe, fehlt es an einer chronologischen Darstellung der durchgeführten Maßnahmen, was zu Lasten des Klägers geht; auch blieb der Vortrag der Beklagten unwidersprochen, der Kläger habe noch im Jahre 1985, also vor der Ehescheidung, ein Baudarlehen in Höhe von 811.241,54 DM aufgenommen. Dafür, daß die maßgeblichen baulichen Veränderungen noch in der Ehezeit vorgenommen worden sind, spricht im übrigen, daß der Sachverständige dem Anwesen einen Standard bescheinigt hat, der den Jahren 1970 bis 1973 entspricht.

Abweichend von dem angefochtenen Urteil sind zusätzlich die Gebrauchsvorteile der Wohnung in U. zu berücksichtigen, die die ehelichen Lebensverhältnisse ebenfalls mitbestimmt haben. Deren Wert ist zwar nicht in Anlehnung an eine ortsübliche Miete zu ermitteln, da die Parteien die Räumlichkeiten nur in den Ferien genutzt haben; anzusetzen ist aber ein ersparter Aufwand für die Urlaubsaufenthalte des Klägers, der mit 2.400 € jährlich noch wohlwollend geschätzt ist (§ 287 ZPO).

Hinzu kommen die Einnahmen aus dem Mietvertrag über das Wohnhaus in Balingen, die das Familiengericht beanstandungsfrei mit Hilfe einer Streckung der im Jahre 2002 angefallenen Instandhaltungskosten (21.000 €) über einen Zeitraum von zehn Jahren auf 333 € beziffert hat.

d) In Abzug zu bringen sind noch die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers in Höhe von 561,61 € und bis August 2004 die Leibrentenzahlungen an die Mutter der Beklagten. Bei der wertenden Betrachtung, die im Rahmen von § 1581 BGB geboten ist, müssen die Beitragsleistungen des Klägers an die G. (früher T.) und die Lebensversicherung bei der B. ausgeklammert werden, da sie ausschließlich der Vermögensbildung des Klägers dienen. Sie können dem Kläger auch nicht als Altersvorsorge zugestanden werden, die der Bundesgerichtshof in Anlehnung an den Höchstfördersatz der sog. »Riester-Rente« in Höhe von bis zu 4% des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres als angemessen ansieht (BGH FamRZ 2005, 1817 = FuR 2005, 555 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 24; 2008, 963 = FuR 2008, 283 = EzFamR BGB § 1361 Nr. 53), denn der Kläger, der sich bereits vollständig aus dem Erwerbsleben zurückgezogen hat, ist durch Renteneinkünfte, Zins- und Mieteinnahmen sowie durch Immobilien- und Kapitalvermögen ausreichend abgesichert. Im übrigen hat der Kläger die zugrunde liegenden Verträge im Herbst 2004 beitragsfrei gestellt.

e) Aufgrund der vorstehenden Erwägungen läßt sich das eheprägende Einkommen des Klägers wie folgt errechnen:

2003bis August 2004ab September 2004
Kapitaleinkünfte aus Lebensversicherungen und Kapitalanlagen (3% aus dem Verkaufserlös für die Apotheke in Höhe von 661.000 €; 3,4% aus dem Kapital der Lebensversicherungen in Höhe von 413.000 €)


33.830,00 €



33.830,00 €



33.830,00 €
monatlich2.819,17 €2.819,17 €2.819,17 €
./. Steuern (unter Berücksichtigung der Ertragsanteile der Renten = 15.370 €1.114,65 €1.114,65 €1.114,65 €
+ Rente der Apothekerversicherung1.962,79 €1.962,79 €1.962,79 €
+ BfA-Rente491,64 €487,77 €487,77 €
+ Rente V. Versicherung405,60 €405,60 €405,60 €
+ Mieteinnahmen Balingen (das Gebäude ist an die Beklagte vermietet)333,00 €333,00 €333,00 €
+ Wohnwert in M. laut Gutachten818,00 €818,00 €818,00 €
+ Wohnwert U.200,00 €200,00 €200,00 €
Summe der Einkünfte5.915,55 €5.911,68 €5.911,68 €
./. Kindesunterhalt für A.500,00 €500,00 €500,00 €
./. Krankenversicherung561,61 €561,61 €561,61 €
./. Leibrente für die Mutter der Beklagten255,65 €255,65 €0,00 €
verbleibendes Einkommen des Klägers4.598,29 €4.594,42 €4.850,07 €
3. Die Beklagte verfügt aufgrund der zutreffenden Feststellungen des Familiengerichts (auch im Hinblick auf die Zurechnung einer fiktiven Rente) über Einkünfte in Höhe von 2.502,25 €, die sich aus den nachstehenden Positionen errechnet: Erwerbsunfähigkeitsrente 617,95 € + Mieteinnahmen 1.800 € ./. Hauslasten 50 € ./. Steuern 230 €, davon eheprägend 2.137,95 € + fiktive Rente 364,30 €, Summe 2.502,25 €. Von diesem Betrag hat die Beklagte bis Ende 2007 Unterhalt in Höhe von 500 € für den gemeinsamen Sohn A. geleistet, der von dem Einkommen des Klägers bereits abgezogen ist.

Indessen können der Beklagten Gebrauchsvorteile, die sie aus Sicht des Klägers dadurch erlangt habe, daß sie das Wohnhaus des Klägers in der X.-Straße unterhalb ortsüblicher Preise angemietet habe, nicht fiktiv zugerechnet werden. Zwar ist es zutreffend, daß auch solche Erträge, die der Unterhaltsbedürftige nicht erwirtschaftet, obwohl er sie erzielen könnte, nach § 1577 Abs. 1 BGB gleichfalls seine Bedürftigkeit mindern (vgl. BGH FamRZ 1985, 354 = BGHF 4, 429). Dies setzt jedoch eine Zumutbarkeit der angesonnenen Maßnahme voraus (BGH FamRZ 2005, 1159 = FuR 2005, 361 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 64), die hier fehlt, denn ein Untermietvertrag nach §§ 540, 553 BGB begründet nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, deren Verletzung unter anderem Ansprüche auf Minderung (§ 536 BGB) sowie auf Schadens- und Aufwendungsersatz (§§ 535, 280, 286, 536a BGB) auslösen kann. Weiter ist eine Vermietung mit erheblichen Risiken (Mietausfall, Beschädigungen) verbunden, die sich für den Mieter bei einer Gebrauchsüberlassung an Dritte dadurch noch erhöhen, daß er nicht nur gegenüber seinem Untermieter, sondern auch gegenüber dem Vermieter für die Erhaltung (§§ 535, 280, 538) und die Herausgabe der Mietsache verantwortlich ist (§§ 546, 546a BGB). Hinzu kommt, daß der Mieter für ein Verschulden des Untermieters einzustehen hat (§ 540 Abs. 2 BGB).

Schließlich kann der Kläger mit den Anforderungen, die er im Rahmen von § 1577 Abs. 3 BGB an die Beklagte stellen möchte, schon deshalb nicht gehört werden, weil sie mit seinem früheren Verhalten nicht in Einklang zu bringen sind (§ 242 BGB), denn er hat einen - während des Verfahrens ausdrücklich geäußerten - Wunsch der Beklagten, aus dem Mietverhältnis entlassen zu werden, zurückgewiesen.

4. Bei der gebotenen Anpassung des Vergleichs vom 16. Juli 1996 ist weiter zu berücksichtigen, daß die Lebenshaltungskosten zwischenzeitlich gestiegen sind. Dem kann bei einer konkreten Bedarfsbemessung durch eine Multiplikation mit dem allgemeinen Verbraucherindex Rechnung getragen werden (BGH FamRZ 2003, 848 = FuR 2003, 358 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 58). Dadurch läßt sich der grundsätzliche Unterhaltsanspruch der Beklagten im Zeitraum ab 1. März 2003 wie folgt ermitteln:
Bedarf im Jahre 2003: (3.118,88 € x 104,5 : 95,3 =) 3.419 € ./. eigenes Einkommen = 2.502,25 €, Restbedarf 916,75 €,
Bedarf im Jahre 2004: (3.118,88 € x 106,2 : 95,3 =) 3.475 € ./. eigenes Einkommen = 2.502,25 €, Restbedarf 972,75 €,
Bedarf im Jahre 2005: (3.118,88 € x 108,3 : 95,3 =) 3.543 € ./. eigenes Einkommen = 2.502,25 €, Restbedarf: 1.040,75 €,
Bedarf im Jahre 2006: (3.118,88 € x 110,1 : 95,3 =) 3.602 € ./. eigenes Einkommen = 2.502,25 €, Restbedarf 1.099,75 €,
Bedarf im Jahre 2007: (3.118,88 € x 112,5 : 95,3 =) 3.681 € ./. eigenes Einkommen = 2.502,25 €, Restbedarf 1.178,75 €.

Die Deckungslücke, die auf seiten der Beklagten von ursprünglich 916,75 € im Jahre 2003 auf 1.099,75 € im Jahre 2006 ansteigt, kann der Kläger auffüllen, ohne daß der Halbteilungsgrundsatz verletzt wäre. Dies verdeutlicht die nachstehende Berechnung: ...

Soweit ab 1. Januar 2007 bei Fortschreibung der Indexierung die Grenze des Angemessenen überschritten wäre, weil der Kläger nur noch 3.671,31 € zur Verfügung hätte, während die Beklagte 3.681 € für sich beanspruchen könnte, ist der konkrete Bedarf der Beklagten auf das Niveau von 2006 abzusenken, so daß es vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2007 bei einem Elementarunterhalt von gerundet 1.100 € sein Bewenden hat.

II. Zusätzlich schuldet der Kläger Altersvorsorgeunterhalt, da die entsprechende Vereinbarung durch den Vergleich vom 16. Juli 1996 nicht obsolet geworden ist, denn nach dem ausdrücklich formulierten Willen der Parteien sollte es bei dem verabredeten Unterhalt von 3.900 DM bleiben; darin waren aber 900 DM für die Altersvorsorge enthalten.

Nachdem sich der Elementarunterhaltsanspruch der Beklagten aufgrund eigener Renteneinkünfte verringert, ist der Altersvorsorgeunterhalt neu zu berechnen wie folgt:

Bedarf im Jahre 2003: 3.419 € ./. eigenes Einkommen 2.502,25 € = Restbedarf 916,75 € + Altersvorsorgeunterhalt (Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle 1.155,11 €, Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung [bis 2007 je 19,5%, ab 2007 19,9%]) 225,25 €, Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten 1.142 €,

Bedarf im Jahre 2004: 3.475 € ./. eigenes Einkommen 2.502,25 € = Restbedarf: 972,75 € + Altersvorsorgeunterhalt (Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle 1.215,94 €, Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung) 237,11 €, Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet) 1.210 €,

Bedarf im Jahre 2005: 3.543 € ./. eigenes Einkommen 2.502,25 € = Restbedarf 1.040,75 € + Altersvorsorgeunterhalt (Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle 1.332,16 €, Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung) 259,77 €, Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet) 1.300 €, und

Bedarf im Jahre 2006: 3.602 € ./. eigenes Einkommen 2.502,25 € = Restbedarf 1.099,75 € + Altersvorsorgeunterhalt (Bruttobemessungsgrundlage nach der Bremer Tabelle 1.429,68 €, Vorsorgeaufwendung nach dem gültigen Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung) 278,79 €, Gesamtunterhaltsanspruch der Beklagten (gerundet) 1.379 €.

Soweit der Kläger den errechneten Altersvorsorgeunterhalt aus seinen laufenden Einkünften nicht bestreiten kann, ohne seinen eheangemessenen Unterhalt zu gefährden, ist er nach § 1581 BGB gehalten, den Stamm seines Vermögens einzusetzen, etwa ein im Zuge des Verfahrens ausgezahltes Guthaben bei der B. Versicherung in Höhe von ca. 20.000 €. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die Beklagte neben ihrer gesetzlichen Altersrente nur über eine im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihren Eltern zugewandte Immobilie verfügt, und daß sie während der Ehe - trotz des hohen Einkommens des Klägers - kein weiteres Vermögen erworben hat, nachdem die Parteien Gütertrennung vereinbart hatten. Demgegenüber ist der Kläger Eigentümer von fünf Immobilien und konnte nach der Veräußerung seiner Apotheke auf ein Barvermögen von mehr als einer Million Euro zurückgreifen. Hinzu kommt, daß der Altersvorsorgeunterhalt ohnehin nur noch bis März 2010 geschuldet wird. Die ab März 2003 verbleibende Gesamtsumme von rund 20.000 € belastet den Kläger nicht übermäßig.

III. Der auf diese Weise ermittelte Unterhaltsanspruch erweist sich schließlich auch dann noch als angemessen, wenn die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber seiner jetzigen Ehefrau in die Betrachtung einbezogen werden, denn die Ehefrau verfügt über eigene Erwerbseinkünfte, die vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben im Jahre 2004 13.822 € betragen haben, 27.347 € im Jahre 2005 und 24.044 € im Jahre 2006, weiter über Zinseinnahmen von rund 3.700 € jährlich (vgl. Einkommensteuerbescheide für 2004, für 2005 und für 2006). Hinzu kommen Mieteinkünfte des Klägers für die Wohnung Y in Höhe von 2.259 € und für das Objekt X in Höhe von 11.594 € jährlich, jeweils nach Abzug von Werbungskosten und ohne Abschreibung. Damit stehen der Ehefrau nicht nur eigene Nettoeinkünfte zwischen 1.100 € (bis 2004) und 1.500 € (ab 2005) zur Verfügung, sondern weitere 1.154,41 € monatlich, die der Kläger vollständig für den Familienunterhalt einsetzen kann.

Gleiches gilt für die Einkommensdifferenz, die der Kläger nach Leistung des nachehelichen Unterhalts im Verhältnis zur Beklagten noch verteidigen kann. Diese betrug im Jahre 2003 monatlich (3.681,53 € ./. 3.419 € =) 262,53, im Jahre 2004 noch (3.621,66 € ./. 3.475 € =) 146,66 € und erhöht sich ab 1. Januar 2008 auf immerhin (4.850,07 € ./. 800 € = 4.050,07 € ./. 2.502,24 € + 800 € = 3.302,24 € =) 747,83 €. Hinzu kommen Steuerersparnisse aufgrund von Abschreibungen und im Hinblick auf das Ehegattensplitting von mindestens weiteren 800 € monatlich. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist schließlich noch der Gesichtspunkt von Bedeutung, daß die Beklagte von dem errechneten Unterhaltsbedarf bis Ende 2007 die Unterhaltslasten für den gemeinsamen Sohn A. mindestens hälftig mitgetragen hat (500 €).

Selbst wenn nach alledem das Einkommen der Ehefrau zusammen mit ihrem Familienunterhalt noch geringfügig hinter den Einkünften der Beklagten und des Klägers zurückbleiben sollte, ist es dem Kläger zuzumuten, für den Fall einer gewünschte Aufstockung des ehelichen Lebensstandards der Ehefrau auf seine Bankguthaben zurückzugreifen oder sein Vermögen umzuschichten (etwa durch eine Vermietung der Ferienwohnung am Bodensee). Dies erscheint nicht unbillig, weil die Lebensverhältnisse der Ehefrau von vornherein durch die Unterhaltslasten des Klägers gegenüber der Beklagten geprägt waren und dadurch eine Einschränkung erfahren haben, ohne daß es auf das Rangverhältnis beider Unterhaltsansprüche ankäme. Dies gilt um so mehr, als ohnehin nur eine kurze Übergangszeit zu überbrücken ist, nachdem der Sohn A. sein Studium bereits beendet hat und keinen Ausbildungsunterhalt mehr benötigt: Dadurch werden von den Einkünften des Klägers zusätzliche 500 € monatlich frei, die er mit seiner Ehefrau dauerhaft teilen kann.

IV. Hingegen ist der Unterhaltsanspruch ab 1. Januar 2008 herabzusetzen und nach § 1578b Abs. 2 BGB bis 31. März 2018 zu befristen. Dabei hält der Senat unter Anwendung von § 36 Nr. 1 EGZPO für die Zeit bis zum 31. März 2010 eine laufende Rente von noch 1.000 € für angemessen, wobei 800 € auf den Elementarbedarf entfallen, und 200 € auf die Altersvorsorge. Danach ist der Unterhalt bis zu seinem endgültigen Wegfall am 31. März 2018 nach Abwägung der Gesamtumstände auf insgesamt 500 € monatlich zu reduzieren.

1. Der Kläger ist mit seinem Befristungsbegehren nicht gemäß § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert, denn diese Regelung ist bei einem Prozeßvergleich nicht anwendbar, da sie lediglich die Rechtskraftwirkung unanfechtbar gewordener Entscheidungen sichern soll, also einen Zweck verfolgt, der bei gerichtlichen Vergleichen nicht erreicht werden kann (BGH FamRZ 2000, 1499 = FuR 2000, 475 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 48); maßgebend ist vielmehr, ob ein ins Feld geführter Umstand bereits bei Vergleichsabschluß absehbar gewesen und deshalb von der Absprache erfaßt worden ist, also unverändert geblieben und bereits aus diesem Grunde einer Anpassung entzogen ist. Dies ist hier aber nicht der Fall.

2. Zwar stand der Beklagten im Jahre 1996 nach dem Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit von A. und der sich daraus ergebenden Erwerbsobliegenheit der Beklagten nur noch ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu, der schon damals nach § 1573 Abs. 5 ZPO a.F. grundsätzlich einer Befristung zugänglich gewesen wäre. Indessen hätte der Kläger zu diesem Zeitpunkt sein Befristungsverlangen nicht durchsetzen können, weil damals nicht verläßlich beurteilt werden konnte, ob die Beklagte jemals in der Lage sein würde, ihren Unterhalt durch eigene Erwerbseinkünfte nachhaltig zu sichern, denn die Beklagte hatte sich während der Ehe ausschließlich um den Haushalt und die Versorgung von A. gekümmert und erst in den Jahren 1989/1990 eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert. Da die Beklagte bei Abschluß des Vergleichs nur in Teilzeit berufstätig war, und ihre weitere berufliche Entwicklung noch im Dunkeln lag, war eine Prognose darüber, ob die Beklagte jemals eine Vollzeitstelle erhalten und auf diese Weise ihre ehebedingten Nachteile vollständig und auf Dauer würde ausgleichen können, nicht möglich. Deshalb kam eine Befristung ihres Unterhaltsanspruchs aus damaliger Sicht nicht in Betracht.

3. Hinzu kommt, daß der Kläger selbst für den Fall, daß die Beklagte schon bei Bestätigung des ursprünglichen Vergleichs am 16. Juli 1996 in Vollzeit berufstätig gewesen wäre, aufgrund der damaligen Gesetzeslage eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vor Gericht kaum hätte durchsetzen können, denn nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Regelung in § 1573 Abs. 5 BGB a.F. konnte unter anderem der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nur dann zeitlich begrenzt werden, »soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig« gewesen wäre. Dies hatte nach dem Wortlaut von § 1573 Abs. 5 S. 1 BGB aber in der Regel nicht gelten sollen, »wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut«, was hier der Fall war. Nach § 1573 Abs. 5 S. 2 BGB stand die Zeit der Kindeserziehung »der Ehedauer gleich«.

Entsprechend dem Wortlaut der genannten Regelung war der Bundesgerichtshof einer Befristung von Unterhaltsansprüchen nach § 1573 Abs. 5 BGB lange Zeit zurückhaltend gegenüber gestanden und hatte einer Ehedauer von mehr als 15 Jahren erhebliches Gewicht für eine lebenslange »Unterhaltsgarantie« beigemessen (BGH FamRZ 1983, 886 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 7 = BGHF 3, 1111; 1990, 857 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 17 = BGHF 7, 176; 1991, 307 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 19 = BGHF 7, 482). Diese Rechtsprechung hätte vorliegend im Jahre 1996, als die Parteien den gerichtlichen Vergleich geschlossen haben, mit Sicherheit noch Beachtung gefunden, weil die Ehe - mit 17 Jahren - relativ lang gedauert hatte (vgl. etwa BGH FamRZ 2004, 1357 = FuR 2004, 548 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 8). Erst in jüngster Zeit hat der Bundesgerichtshof - vor dem Hintergrund seiner Abkehr von der sog. Anrechnungsmethode zur Differenzmethode - nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer abgestellt, selbst wenn diese mehr als 20 Jahre betragen hat, sondern darauf, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründen kann, als ein »ehebedingter Nachteil« erweise (BGH FamRZ 2006, 1006 = FuR 2006, 374 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 25; 2007, 200 = FuR 2007, 25 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 26; 2007, 793 = FuR 2007, 276 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 27; 2007, 1232 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 29; 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. Dose, FamRZ 2007, 1289, 1294 f). Vor diesem Hintergrund wurde in der Gesetzesbegründung zu § 1578b BGB angemerkt, daß eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung »erst in der neueren Rechtsprechung« festzustellen sei (BT-Dr. 16/1830 S. 18).

Dies bedeutet vorliegend, daß die Frage einer Befristung bereits deshalb erneut zu prüfen ist, weil der geschilderte Wandel in der Gerichtspraxis durch die Regelung in § 1578b BGB, die mit Wirkung ab 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, nicht nur eine Konkretisierung erfahren hat, sondern darüber hinaus weiterentwickelt worden ist mit dem Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitskriterien, insbesondere des Maßstabs der »ehebedingten Nachteile«, zu erleichtern (BT-Dr. 16/1830 S. 18). Eine Änderung der Gesetzeslage stellt aber regelmäßig eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs dar, die dessen Anpassung rechtfertigt (BGH FamRZ 2001, 1687 = FuR 2001, 494 = EzFamR ZPO § 323 Nr. 52).

4. Vorliegend kann die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch nunmehr auf § 1572 und § 1573 Abs. 2 BGB stützen. Eine Abgrenzung erübrigt sich, weil beide Ansprüche nach § 1578b Abs. 2 BGB einer Befristung zugänglich sind.

Nach dem Wortlaut des § 1578b Abs. 2 BGB kann der Unterhaltsanspruch befristet werden, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten Kindes unbillig wäre. Aufgrund des Verweises auf § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können.

Zwar hat § 1578b BGB als unterhaltsbegrenzende Norm Ausnahmecharakter; andererseits verfolgte der Gesetzgeber durch die Neuregelung des bis 31. Dezember 2007 geltenden § 1573 Abs. 5 BGB a.F. das Ziel, eine Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe zu erleichtern. Zur Begründung hat er angeführt, daß der Anspruch der Ehegatten auf »gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten« nicht von vornherein eine »Lebensstandardsgarantie« im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nach nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung bedeute. Grund für die nachehelichen Unterhaltsansprüche sei vielmehr die sich aus Art. 6 GG ergebende fortwirkende nacheheliche Solidarität, die vor allem einen Ausgleich der Nachteile erfordere, die dadurch entstünden, daß der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen Unterhalt selbst sorgen könne. Je geringer diese Nachteile seien, desto eher sei im Lichte des Grundsatzes der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs geboten (BT-Dr. 16/1830 S. 18).

Bei einer diese Zweckrichtung berücksichtigenden Gesetzesanwendung ist vorrangig zu prüfen, ob sich die Einkommensdivergenz der Parteien, die den Anspruch auf Aufstockungsunterhalt begründet, als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten der Beklagten rechtfertigt. Dies ist vorliegend spätestens mit Erreichen des Rentenalters im März 2010 nicht mehr der Fall, nachdem die Beklagte mit dem bislang bereit gestellten Vorsorgeunterhalt in der Lage gewesen wäre, sich eine angemessene Rente zu sichern. Laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31. Oktober 2007 würde die Beklagte über eine laufende Rente von (1.297,26 € ./. 22,05 € und 90,16 € für die Kranken- und Pflegeversicherung =) 1.185 € verfügen, wenn sie seit 1. Januar 1986 regelmäßig 900 DM eingezahlt hätte (der mitgeteilte Betrag mag zwar im Hinblick auf den - seit 2003 - verminderten Altersvorsorgeunterhalt etwas geringer ausfallen; dies wird sich jedoch bis 2010 teilweise wieder ausgleichen). Da die Beklagte vor der Ehe keinen Beruf erlernt hatte und nur in geringfügigem Umfang berufstätig gewesen ist, hat der Kläger mögliche Nachteile, die die Beklagte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat, bereits vollständig ausgeglichen, denn als ungelernte Kraft hätte die Beklagte selbst bei einer ununterbrochenen Berufstätigkeit wohl kaum höhere Rentenanwartschaften erworben als die errechneten 1.185 €. Hinzu kommt, daß die Beklagte über ihr Immobilienvermögen zusätzlich abgesichert ist.

Weiter gilt zu beachten, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Trennung erst 38 Jahre alt gewesen ist, und gesundheitliche Einschränkungen nicht ersichtlich waren. Vor diesem Hintergrund ließe sich allein mit der Ehedauer von 17 Jahren eine unbegrenzte Teilhabe der Beklagten an den verfügbaren Mitteln des Klägers nicht rechtfertigen.

Da auf der anderen Seite nach § 36 Nr. 1 EGZPO das Vertrauen der Beklagten in die getroffene Regelung nicht übergangen werden darf, ist für eine angemessene Übergangszeit Sorge zu tragen, um der Beklagten die Möglichkeit zu geben, sich auf den Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs und ein damit verbundenes Absinken ihres Lebensstandards einzustellen. Dies rechtfertigt eine annähernde Beibehaltung des ursprünglichen Titels bis 31. März 2010. In der Zeit danach reduziert sich der Unterhalt auf 500 € monatlich, da die Beklagte mit Eintritt in das Rentenalter nach dem normalen Verlauf der Dinge damit rechnen mußte, daß ihr Unterhaltsniveau nicht auf Dauer gesichert sein würde, zumal der Kläger bereits am 16. Februar 2005 das 65. Lebensjahr vollendet und bereits zwei Jahre zuvor seine Apotheke veräußert hatte. Andererseits durfte die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes mit Wirkung zum 1. Januar 2008 darauf vertrauen, daß sie – angesichts der soliden Vermögensverhältnisse wohl auch über ein mögliches Vorversterben des Klägers hinaus – unterhaltsberechtigt sein würde, wenn auch in verringertem Umfange. Dazu war sie zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits 63 Jahre alt und somit nicht mehr in der Lage, einen Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs durch eigene Erwerbseinkünfte oder eine zusätzliche Altersvorsorge aufzufangen. Dies ist im Rahmen der Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 EGZPO zu berücksichtigen, so daß weitere reduzierte Unterhaltszahlungen bis 2018 nicht unbillig erscheinen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Billigkeitsentscheidung, ob ein Unterhaltsanspruch nach § 1578b BGB zu begrenzen oder zu befristen ist, muß nach Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte getroffen werden, ist also allein Aufgabe des Tatrichters. Da es sich stets um eine Einzelfallbetrachtung handelt, fehlt es regelmäßig an einer grundsätzlichen Bedeutung, so auch hier. Ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

5. Der Berufungsstreitwert wird nach §§ 42, 45 GKG auf 63.807,68 € festgesetzt; davon entfallen 38.014,40 € auf die Berufung des Klägers und 25.793,28 € auf die Berufung der Beklagten.

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