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OLG München, Beschluß vom 02.06.2008 - 16 UF 624/08 - FD-Platzhalter-rund

OLG München, Beschluß vom 02.06.2008
16 UF 624/08



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts.

BGB §§ 1573, 1578b

Hatten die Eheleute bis zur Trennung nur ca. 7½ Jahre zusammengelebt, wurde ihre kinderlose Ehe nach 9-jähriger Dauer geschieden, sind ehebedingte Nachteile auf seiten der teilschichtig berufstätigen Ehefrau nicht ersichtlich, und weiß die geschiedene Ehefrau seit der Trennung, daß sie künftig für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen muß, dann erscheint eine zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts auf drei Jahre ab Zustellung des Scheidungsantrages gerechtfertigt.

OLG München, Beschluß vom 2. Juni 2008 - 16 UF 624/08

Tenor

1. Der Klägerin wird für das Berufungsverfahren mit Wirkung ab 30.05.2008 ratenfreie Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. bewilligt, als sie mit der Berufung eine Erhöhung des nachehelichen Unterhalts auf monatlich 344 €, zeitlich befristet bis längstens 31.12.2009, begehrt, sowie zur Abwehr der Berufung des Beklagten.

2. Im übrigen wird der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

Gründe

Die Parteien haben am 30. März 1998 geheiratet. Ihre kinderlos gebliebene Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Freising im Jahre 2007 (2 F 449/07) geschieden. Das Familiengericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ab 1. Mai 2007 einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 172 € zu bezahlen. Mit der Berufung strebt die Klägerin eine Erhöhung des nachehelichen Unterhalts auf monatlich 1.066,29 € an. Der Beklagte begehrt mit seiner Berufung Klageabweisung.

1. Nach derzeitiger Aktenlage hat die Berufung der Klägerin nur in dem vorgenannten Umfange Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 1573 BGB nach der Scheidung Ehegattenunterhalt verlangen, weil sie bisher eine angemessene Erwerbstätigkeit nicht gefunden hat. Die jetzt 53 Jahre alte Klägerin ist gelernte Verkäuferin. Sie ist seit November 2006 in Teilzeit als Vorarbeiterin bei einer GmbH beschäftigt, wofür sie bei einem Stundenlohn von derzeit 9,41 € zwischen 625 € und ca. 720 € netto im Monat verdient.

Der Senat ist der Auffassung, daß die Klägerin im Hinblick auf den Grundsatz der Eigenverantwortung gehalten ist, ihre derzeitige Tätigkeit auszuweiten und einer vollschichtigen Beschäftigung nachzugehen. Die Klägerin ist nach Aktenlage uneingeschränkt arbeitsfähig. Nach dem ärztlichen Attest vom 18. Oktober 2007 haben sich die arthrotischen Beschwerden, deretwegen die Klägerin in der Zeit vom 16. Juli 2007 bis zum 10. August 2007 vorübergehend arbeitsunfähig gewesen war, deutlich gebessert, so daß gesundheitliche Beeinträchtigungen der Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nunmehr nicht entgegen stehen. Mit den von ihr dargelegten Anstrengungen kommt die Klägerin ihrer Obliegenheit, sich nach Kräften um eine geeignete Tätigkeit zu bemühen, nicht nach. Sie hat sich nach den von ihr vorgelegten Unterlagen in der Zeit von Juni 2007 bis September 2007 lediglich bei drei Arbeitsstellen um eine Stelle als Verkäuferin oder Kassiererin beworben und sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet. Der Senat geht davon aus, daß die Klägerin bei gehöriger Anstrengung in der Lage wäre, bei vollschichtiger Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf oder durch eine vergleichbare Tätigkeit, ausgehend von einem Stundenlohn von 9,40 €, ein Bruttoeinkommen von mindestens 1.521 € pro Monat zu erzielen. Dies entspricht bei Steuerklasse I einem Nettolohn von ca. 1.071 €.

Die Klägerin nutzt seit der Trennung der Parteien im Dezember 2005 die im gemeinsamen Eigentum stehende Wohnung in N. allein, wofür ihr ein der Höhe nach unstreitiger Wohnwert von monatlich 600 € zuzurechnen ist. An den Verbindlichkeiten und den laufenden Unkosten für die Wohnung beteiligt sich die Klägerin nicht.

Bei der Unterhaltsberechnung geht der Senat davon aus, daß der Beklagte in 2007 ein durch Gehaltsnachweis belegtes Erwerbseinkommen von brutto 77.429,69 € erzielt hat. Hieraus errechnet sich nach Abzug von Lohnsteuer (20.498,39 €), Solidaritätszuschlag (1.110,71 €) und den Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung (6.268,56 € bzw. 1.323 €) sowie nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherung ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 3.712,72 €. Unter Berücksichtigung einer in 2007 fälligen Einkommensteuernachzahlung von anteilig 224,11 € beträgt das Nettoeinkommen des Beklagten 3.488,61 €. Nach Abzug von 5% pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (174,43 €), den monatlichen Prämien für eine Risikolebensversicherung und für einen Bausparvertrag (19,38 € und 39,88 €), den mit monatlich 806 € von dem Beklagten getragenen Belastungen für die Wohnung sowie 1/10 Erwerbstätigenbonus (245 €) verbleibt ein bedarfsprägendes Erwerbseinkommen des Beklagten von 2.204 €. Dem steht nach Abzug von 5% pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (53,56 €), Hinzurechnung eines Wohnwertes von 600 € und unter Berücksichtigung von 1/10 Erwerbstätigenbonus (102 €) ein fiktives und bedarfsprägendes Einkommen der Klägerin von insgesamt 1.516 € gegenüber. Hiermit kann die Klägerin ihren sich mit 1.860 € errechnenden Bedarf teilweise abdecken, so daß ein Unterhaltsanspruch von noch 344 € verbleibt. Der Beklagte ist in dieser Höhe leistungsfähig.

Nach Auffassung des Senats wäre ein zeitlich unbegrenzter Unterhalt im Hinblick auf die hier vorliegenden Umstände unbillig iSv § 1578b Abs. 2 BGB. Eine Befristung für die Dauer von drei Jahren ab Zustellung des Scheidungsantrages, d.h. bis einschließlich Dezember 2009, erscheint angemessen. Der Senat berücksichtigt dabei, daß die Parteien bis zur Trennung im Dezember 2005 nur ca. 7½ Jahre zusammengelebt hatten, und daß ihre kinderlos gebliebene Ehe nach ca. 9-jähriger Dauer geschieden wurde. Fortwirkende ehebedingte Nachteile sind auf seiten der Klägerin nicht ersichtlich. Im übrigen weiß die Klägerin spätestens seit der Trennung im Dezember 2005, daß sie künftig für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen muß. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts auf drei Jahre ab Zustellung des Scheidungsantrages, somit bis einschließlich Dezember 2009, gerechtfertigt. Der Senat geht davon aus, daß die Klägerin jedenfalls ab diesem Zeitpunkt eine geeignete vollschichtige Tätigkeit gefunden haben wird.

2. Gemäß § 119 Abs. 1 S. 2 ZPO war der Klägerin zur Abwehr der Berufung des Beklagten ratenfreie Prozeßkostenhilfe zu gewähren.

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