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OLG Köln, Beschluß vom 28.10.2009 - II-27 WF 220/09 - FD-Platzhalter-rund

OLG Köln, Beschluß vom 28.10.2009
II-27 WF 220/09



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts ohne Übergangsfrist.

BGB §§ 1573, 1578b

Kann im Zeitpunkt der Scheidung nicht mehr von einer engen Verflechtung der Lebensverhältnisse ausgegangen werden (hier: aufgrund des kurzen Zusammenlebens von weniger als vier Jahren und des Getrenntlebens von mehr als anderthalb Jahren), und sind ehebedingte Nachteile für den Unterhaltsgläubiger nicht ersichtlich (hier: da sich seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ungelernte Kräfte durch die 4-jährige Übernahme der Haushaltsführung und Kindererziehung während der Ehe nicht verringert haben), entspricht es der Billigkeit, seinen Unterhaltsanspruch gemäß § 1578b Abs. 1 BGB ohne Übergangsfrist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen. (Red.)

OLG Köln, Beschluß vom 28. Oktober 2009 - II-27 WF 220/09

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Heinsberg vom 22.09.2009 (30 F 98/08) wird zurückgewiesen.

Gründe

Die gemäß §§ 127, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht - Familiengericht - Heinsberg den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Folgesache nachehelicher Unterhalt mangels Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf nachehelichen Unterhalt kommt nur § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Aus dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Attest ergibt sich nicht, daß die Antragsgegnerin wegen der attestierten Hautkrankheit nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig ist, so daß ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit (§ 1572 BGB) ausscheidet.

Ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Zahlung von Aufstockungsunterhalt ist gemäß § 1578b BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, den die Antragsgegnerin bei hinreichenden Erwerbsbemühungen selbst decken kann. Eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs wäre unter Abwägung aller Umstände unbillig (§ 1578b Abs. 1 BGB).

Die Ehe der Parteien hat bis zur Rechtshängigkeit der Scheidung weniger als fünf Jahre gedauert. Der fünfjährige Sohn der Parteien wird seit über einem Jahr von dem vollschichtig erwerbstätigen Antragsteller betreut und versorgt, der mangels Unterhaltszahlungen der Antragsgegnerin auch für den Barunterhalt des gemeinsamen Kindes aufkommt. Ehebedingte Nachteile der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war nach dem unstreitigen Vortrag des Antragstellers vor der Ehe als Aushilfskraft auf 400 €-Basis tätig. Die Antragsgegnerin ist erst 30 Jahre alt. Es ist nicht erkennbar, daß sich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ungelernte Kräfte durch die 4-jährige Übernahme der Haushaltsführung und Kindererziehung während der Ehe verringert haben. Da die Parteien weniger als vier Jahre zusammengelebt haben und die Trennung bereits im Januar 2008 erfolgte, kann im Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr von einer engen Verflechtung der Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Unter Abwägung aller Umstände, insbesondere des überobligationsmäßigen Einsatzes des Antragstellers für die Sicherstellung des Betreuungs- und Barunterhalts für den gemeinsamen Sohn, entspricht es der Billigkeit, den Unterhaltsanspruch ohne Übergangsfrist auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragsgegnerin herabzusetzen.

Der Senat geht davon aus, daß die Antragsgegnerin ihren angemessenen Lebensbedarf, der sich an den für eine ungelernte Arbeitskraft erzielbaren Einkünften von rund 900 bis 1.000 € orientiert, bei hinreichenden Erwerbsbemühungen selbst decken kann. Abgesehen von der Hautkrankheit an den Händen sind gesundheitliche Einschränkungen der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin betreut kein Kind und ist deshalb zeitlich und örtlich flexibel. Auch ohne Berufsausbildung und unter Berücksichtigung ihrer Hauterkrankung stehen der Antragsgegnerin eine Vielzahl von Tätigkeiten offen, etwa als Verkäuferin, Tankstellenmitarbeiterin, Mitarbeiterin in einem Callcenter, Aufsicht in einer Spielhalle oder in einem Parkhaus. Zur Deckung ihres Bedarfs ist ihr die Übernahme von Nacht- oder Schichtdiensten zumutbar, was ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ungelernte Kräfte sowie ihre Verdienstmöglichkeiten erheblich erhöht. Indessen hat die Antragsgegnerin keinerlei Erwerbsbemühungen dargelegt, sondern sich auf die pauschale Behauptung der fehlenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt zurückgezogen, was nicht ausreicht. Es ist deshalb gerechtfertigt, der Antragsgegnerin fiktiv ein Erwerbseinkommen zuzurechnen, das zur Deckung ihres angemessenen Bedarfs ausreicht. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht nicht.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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