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OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2008 - 2 UF 5/02  - FD-Platzhalter-rund

OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.09.2008
2 UF 5/02



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Unterhaltsanspruch wegen Krankheit/Gebrechen; Wahrung des Einsatzzeitpunkts (hier: Auftreten der Krankheit Jahre nach Rechtskraft der Scheidung); Begrenzung und Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts.

BGB §§ 1572, 1578b; EGZPO § 36

1. Zur Begrenzung und Herabsetzung eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit.
2. Eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt kommt in der Regel nicht in Betracht.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. September 2008 - 2 UF 5/02

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlußberufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 30.11.2001 (3 F 67/00) in Ziffer 1. unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und Anschlußberufung wie folgt abgeändert:
Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 03.11.1994 (2 UF 185/92) wird dahin abgeändert, daß der Kläger verurteilt wird, an die Beklagte monatlichen, monatlich im voraus fälligen Unterhalt im Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2012 wie folgt zu zahlen:
Vom 01.07.2003 bis zum 31.12.2003 833 €, vom 01.01.2004 bis zum 31.08.2004 839 €, vom 01.09.2004 bis zum 31.12.2004 838 €, vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 842 €, vom 01.07.2005 bis zum 31.12.2005 858 €, vom 01.01.2006 bis zum 31.03.2006 870 €, vom 01.04.2006 bis zum 31.12.2006 697 €, vom 01.01.2007 bis zum 30.06.2007 765 €, vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 767 € und vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2012 550 €.
Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 77% und die Beklagte 23%.
3. Das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils fälligen Beträge nebst eines Zuschlags von 10% abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird hinsichtlich der Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger und die Beklagte haben im Jahre 1976 die Ehe geschlossen. Aus dieser ist die im Jahre 1977 geborene Tochter N. hervorgegangen, die bis zu ihrer Volljährigkeit im Haushalt der Beklagten gelebt hat und von dieser betreut und versorgt worden ist. Die Trennung der Parteien erfolgte Ende 1981, spätestens jedoch im Jahre 1982; die Scheidung wurde am 2. März 1984 rechtskräftig.

Die im Jahre 1955 geborene Beklagte ist von Beruf Arzthelferin. Sie war in der Ehe nicht berufstätig. Der im Jahre 1948 geborene Kläger ist selbständiger Kaufmann und seit 1985 wieder verheiratet. Seine Ehefrau erzielt eigene Einkünfte. Aus dieser Ehe sind drei Kinder, S. (geboren im Jahre 1988), E. (geboren im Jahre 1990) und Se. (geboren im Jahre 1997) hervorgegangen. Diese Kinder gehen noch zur Schule bzw. befinden sich in Ausbildung.

Am 8. August 1985 einigten sich die Parteien in einem vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Ettlingen anhängigen Verfahren (1 F 55/85) über die Verpflichtung des Klägers, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.800 DM und 635 DM Kindesunterhalt für die Tochter N. zu zahlen. Der Kläger erbringt spätestens seit Februar 1982 laufende Unterhaltszahlungen an die Beklagte.

Mit Vergleich vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe vom 20. Juni 2005 (2 UF 273/04) verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt für N. ab 1. Juli 2005 in Höhe von monatlich 250 € bis zum 31. Dezember 2006.

Die Beklagte hatte im Dezember 1989 eine Halbtagstätigkeit aufgenommen. Ab 1. April 1993 war sie dann vollschichtig in ihrem Beruf als Arzthelferin tätig, ohne jedoch das volle tarifliche Gehalt hierfür zu erhalten; sie verdiente damals monatlich netto 2.179,73 DM. Die Arbeitsstelle wurde ihr seitens des Arbeitgebers Dr. W. zum 30. Juni 1996 gekündigt. Die Beklagte bezog dann in der Folge Krankengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Im Jahre 1999 hat sie eine Umschulungsmaßnahme zur Bürokraft abgeschlossen, wobei sie Unterhaltsgeld bezog. Ab Ende März 2000 erhielt sie wiederum Arbeitslosenhilfe. Nach einer halbschichtigen Aushilfstätigkeit als Schreibkraft vom 15. August 2001 bis zum 15. August 2002 war sie wiederum arbeitslos. Seit 4. Mai 2001 ist sie als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 60% anerkannt. Mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 17. Dezember 2003 wurde ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juli 2003 in Höhe von monatlich 453,31 € bzw. ab 1. September 2004 in Höhe von 449,61 € bewilligt.

Ein im Jahre 1988 seitens des Klägers vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Ettlingen eingeleitetes Abänderungsverfahren führte zu der hier mit der Abänderungsklage angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. November 1994 (AmtsG Ettlingen - 1 F 291/88, und OLG Karlsruhe - 2 UF 185/92), in der der Kläger zuletzt ab 1. Februar 1994 zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von monatlich 661 DM verurteilt worden ist. Im Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. November 1994 wurde von einem eheprägenden monatlichen Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 6.297 DM, bei in Wahrheit deutlich höheren Einkünften, und einem vorrangigen Kindesunterhalt in Höhe von 790 DM ausgegangen. Dem wurden Einkünfte der Beklagten in Höhe von 2.179,73 DM aufgrund ihrer Tätigkeit als Arzthelferin ab 1. April 1993 gegenüber gestellt.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 23. Februar 2000 Abänderungsklage eingereicht und zur Begründung ausgeführt, seit der Arbeitsaufnahme durch die Beklagte seien zwischenzeitlich mehr als sechs Jahre vergangen, weshalb er jedenfalls ab 1. März 2000 keinen Unterhalt mehr schulde, denn die Beklagte sei vollschichtig erwerbsfähig und bei entsprechenden Bemühungen auch in der Lage, ihren Unterhaltsbedarf vollständig zu decken. Die im Jahre 1993 begonnene Ganztagstätigkeit hätte, wenn die Beklagte ihrer entsprechenden Obliegenheit nachgekommen wäre, in der Folgezeit zu einer nachhaltigen Sicherung ihres Unterhalts in voller Höhe geführt. Ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt habe vor dem Hintergrund, daß sie den Einkommensnachteil wegen der langen Berufsunterbrechung spätestens mit Beginn des Jahres 1996 aufgeholt habe, nicht mehr bestanden. Sie bemühe sich jedoch nicht ausreichend um eine neue Erwerbstätigkeit: Weder hinsichtlich Anzahl noch Regelmäßigkeit erfüllten die behaupteten Bewerbungen die an sie zu stellenden Anforderungen. Die Beklagte lege es geradezu darauf an, keine neue Erwerbstätigkeit zu finden. Ein Unterhaltsanspruch scheide auch unter Befristungsgesichtspunkten aus. Die von der Beklagten behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht ehebedingt, sondern schicksalhaft, zumal die Beklagte jedenfalls ab 1987 im Hinblick auf das Alter der gemeinsamen Tochter wieder hätte arbeiten können. Spätestens jedoch seit der Entlassung aus der Therapie am 10. September 1996 bzw. am 25. Februar 1998 sei sie wieder vollschichtig arbeitsfähig gewesen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und hierzu vorgetragen, nach einem Arbeitsunfall im Jahre 1992 mit einer erlittenen Kopfverletzung habe sie ihre Tätigkeit als Arzthelferin nicht lange weiter ausüben können, denn im August 1995 habe sie eine Spaltung der Kopfschlagader erlitten, die erstmals im November 1995 diagnostiziert worden sei, und die dazu geführt habe, daß sie von April 1996 bis Anfang 1999 nicht arbeitsfähig gewesen sei; deshalb sei auch ihr Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1996 gekündigt worden. Ihr Zustand habe sich erst Anfang des Jahres 1999 soweit gebessert, daß sie an einer Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamtes habe teilnehmen können. Als Folge dieser Gefäßverletzung habe sie unter schubweisen Konzentrationsstörungen gelitten, die ihr eine Erwerbstätigkeit unmöglich machten. Auch heute würden noch Konzentrationsstörungen auftreten; krankheitsbedingt könne sie deshalb allenfalls noch eine Halbtagstätigkeit ausführen. Nach Abschluß der Umschulung zur Bürokauffrau habe sie sich regelmäßig beworben; aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung und ihres Alters sei sie jedoch nur schwer vermittelbar. Auf eine Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs könne der Kläger sich nicht berufen, da er in keinem der zurückliegenden Verfahren eine solche geltend gemacht habe, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Im Hinblick auf die Kinderbetreuung sei auch nicht von einer kurzen Ehe auszugehen: Jegliche Beschränkung des Anspruchs sei bei der Ehedauer von 19 Jahren unbillig.

Das Amtsgericht hat zur Frage des Kündigungsgrundes der zum 30. Juni 1996 ausgesprochenen Kündigung sowie zur Frage der Folgen einer 1995 erlitten Spaltung der Kopfschlagader Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage des Zeugen Dr. W. sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von Dr. S.

Mit Urteil vom 30. November 2001 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Karlsruhe die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagten stehe auch weiterhin ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gemäß §§ 1572 S. 1 Nr. 4, 1573 Abs. 2 BGB zu, denn sie sei nach wie vor zumindest im titulierten Umfange bedürftig; Leistungsfähigkeit des Klägers sei unstreitig gegeben. Die von der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum erzielten Einkünfte lägen unstreitig unter dem Betrag, den das Oberlandesgericht Karlsruhe bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Auch die eheprägenden Einkünfte des Klägers hätten sich nicht vermindert. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sei bei seiner Entscheidung ersichtlich davon ausgegangen, daß die Beklagte bei normalem weiteren Verlauf der Dinge eine nachhaltige Unterhaltssicherung iSd § 1573 Abs. 4 BGB erreichen werde. Diese Erwartung habe sich aber nicht erfüllt. Die Beklagte habe keine Gehaltsaufbesserung erhalten, und ihre Arbeitsstelle sei im Jahre 1996 kündigungsbedingt entfallen. Diese Kündigung sei erfolgt, da die Beklagte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen sei, den beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Es sei so eine nachhaltige Sicherung des vollen Unterhaltsbedarfs vor dem 30. Juni 1996 nicht eingetreten.

Aufgrund des Sachverständigengutachtens sei davon auszugehen, daß die Beklagte im August 1995 eine Spaltung der Kopfschlagader erlitten habe, die erstmals im November 1995 diagnostiziert worden sei und dazu geführt habe, daß die Beklagte zumindest ab April 1996 nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei. Das habe sich erst Anfang des Jahres 1999 zum Besseren gewendet. Die immer wieder schubweise aufgetretenen Konzentrationsstörungen hätten es der Beklagten aber unmöglich gemacht, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Später aufgetretene Störungen in Form einer paranoid-halluzinatorischen Psychose seien bei der Beklagten erstmals im April 1998 diagnostiziert worden. Es sei damit davon auszugehen, daß ein nach der Scheidung bestehender Unterhaltsanspruch gemäß § 1570 BGB durch einen solchen nach § 1573 Abs. 2 BGB bzw. § 1573 Abs. 4 S. 2 BGB abgelöst worden sei. Die Voraussetzungen dieses Unterhaltstatbestands seien dann aufgrund der Erkrankung der Beklagten ab Juli 1996 weggefallen. Der Unterhaltstatbestand ergebe sich nunmehr aus § 1572 S. 1 Nr. 4 iVm § 1573 BGB, da die Beklagte bis Anfang 1999 gesundheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und ab dem streitgegenständlichen Zeitraum gesundheitsbedingt allenfalls eine Halbtagstätigkeit in Form einer leichten Bürotätigkeit ausüben könne. Ob der Beklagten bis zur Aufnahme der Halbtagstätigkeit im August 2001 eine Obliegenheitsverletzung angelastet werden könne, könne dahinstehen, denn diese könnte sich streitentscheidend nur dann auswirken, wenn feststellbar wäre, daß die Beklagte bei ausreichenden Bemühungen soviel hätte erlösen können, daß sich ein niedrigerer als der aufgrund der Berechnung des Oberlandesgerichts Karlsruhe festgestellte Unterhalt ergebe. Dies habe der Kläger nicht substantiiert dargetan. Auch für den Zeitraum ab 15. August 2001 ergebe sich nichts Abweichendes, da die hier erzielten Einkünfte wiederum unter dem Betrag der im Urteil zugrunde gelegten Unterhaltsberechnung liegen würden. Schließlich seien auch die Voraussetzungen für eine Befristung nicht erfüllt, da der Kläger mit diesem Einwand präkludiert sei.

Zudem lägen die Voraussetzungen für eine Befristung auch nicht vor, da die Dauer der Ehe bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Scheidung und die Tatsache, daß die Beklagte die ehegemeinsame Tochter bis zur Volljährigkeit betreut und versorgt habe, sowie die sonstigen Umstände (Alter, gesundheitliche Beeinträchtigung) eine Befristung ausschließen würden.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er zunächst weiterhin geltend gemacht hat, der Beklagten stehe ab 1. März 2000 kein Unterhaltsanspruch mehr zu, da sie mangels Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit seit Juni 1996 durchgehend in der Lage gewesen sei, ihren Bedarf selbständig zu decken. Damit hätte sie ab 1. März 2000 eine Einkommenssituation erreichen können, mit der sie ihren vollen Bedarf bei einem erreichbaren Nettoeinkommen von 3.000 DM vollständig hätte sichern können. Da ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt Anfang 1996 nicht mehr bestanden habe, fehle für einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit bereits der Einsatzzeitpunkt. Bestritten werde, daß die Beklagte seit 1998 an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose leide. Ein Unterhaltsanspruch bestehe aber auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung gemäß § 1579 Nr. 7 BGB a.F. sowie wegen zeitlicher Begrenzung nicht mehr.

Zudem sei er nicht leistungsfähig. Seine Einkommensverhältnisse hätten sich dramatisch verschlechtert. Er erziele zwischenzeitlich als Angestellter bei der Firma C. GmbH monatlich 1.551,13 € brutto. Die Firmen »F. T.« (ursprünglich H.) und »M. Fi.« hätten liquidiert und aufgegeben werden müssen. Allein aus der Liquidation der Firma »F. T.« trage er noch Verbindlichkeiten in Höhe von 70.000 €. Die Mieteinnahmen der vermieteten Flächen, soweit die Mieter nicht ausgezogen seien, würden noch nicht einmal die Verbindlichkeiten von über 8 Mio. € decken. Weder aus seinen Immobilien noch aus seinen sonstigen Einkünften erwirtschafte er einen Gewinn. Die von der Beklagten z.B. für das Jahr 2002 behaupteten Einkünfte in Höhe von 71.753 € seien nicht zutreffend. Aus der vorgelegten Anlage GSE ergebe sich, daß er allein aus der Liquidation der Firma »F. T.« die verbliebenen Verbindlichkeiten persönlich übernommen habe. Die weiteren Einnahmen im Jahre 2002 in Höhe von 18.939,97 € bzw. 11.310 € seien Einnahmen aus einer einmaligen Tätigkeit bzw. einer Lizenzgebühr. Auch in den Jahren 2003 bis 2006 habe sich die Vermögenssituation dramatisch verschlechtert. Das abzuändernde Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe habe seine Einkünfte aus den diversen Modeboutiquen und der C. GmbH zugrunde gelegt, nicht jedoch nicht prägende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Fabrikgeländes in der B.-G.-Straße in K. Sein Einkommen sei niedriger als damals mit 6.297 DM angenommen. Er verfüge nur noch über Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit bei der C. GmbH sowie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von Objekten in Mu. und I.; weitere Objekte in B. und in Ka. habe er - unstreitig - im Jahre 2002 veräußert. 2003 habe sich selbst unter Hinzurechnung der Abschreibungen ein Verlust in Höhe von 394.826,60 € aus Zinszahlungen und Vorfälligkeitsentschädigungen wegen des Erfordernisses einer Umfinanzierung nach Auszug des Großmieters ergeben. 2004 habe er nur Einkünfte als Geschäftsführer in Höhe von 18.000 € sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 5.447,62 €, 2005 in Höhe von 18.000 € sowie 3.113,51 € erzielt.

Nach einer mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 erklärten Berufungsrücknahme, in die die Beklagte nicht eingewilligt hat, hat der Kläger zuletzt mit seiner Berufung nur noch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf Null ab 1. Januar 2008 begehrt und ist einer Erhöhung des Unterhaltsanspruchs, wie von der Beklagten mit der Anschlußberufung geltend gemacht, entgegen getreten. Es entspreche angesichts der ehelichen Lebensverhältnisse und der Dauer der Ehe nicht der Billigkeit, ihn ab 1. Januar 2008 mit weiteren Unterhaltszahlungen zu belasten. Ehebedingte Nachteile auf seiten der Beklagten seien nicht gegeben. Diese habe ab 1. April 1993 wieder vollschichtig in ihrem erlernten Beruf arbeiten können. Die frühestens im Frühjahr 1996 und damit zwölf Jahre nach Rechtskraft der Scheidung aufgetretene psychotische Störung habe mit der Ehe nichts zu tun. Es sei zu berücksichtigen, daß er seit 19. Januar 1984 nachehelichen Unterhalt zahle, mithin seit mehr als 24 Jahren. Zudem habe er bis einschließlich 31. Dezember 2006 - unstreitig - Unterhalt an die gemeinsame Tochter in Höhe von zuletzt 250 € gezahlt.

Eine Erhöhung des Unterhaltsanspruchs auf 874 €, wie von der Beklagten begehrt, sei nicht vorzunehmen. Die ehelichen Lebensverhältnisse bildeten für den Unterhaltsanspruch die Obergrenze. Die von der Beklagten behauptete Einkommenssteigerung habe die ehelichen Lebensverhältnisse zu keinem Zeitpunkt geprägt. Vor der Scheidung habe er im wesentlichen kleinere Modegeschäfte betrieben. Das insoweit in E. betriebene Modegeschäft sei erst 1987, damit drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, vergrößert worden. Das Fabrikgelände in der B.-G.-Straße, das inzwischen nicht mehr vermietet sei, sei erst 1988 erworben worden. Er wende zudem Leistungsunfähigkeit ab 1. Juli 2003 ein, soweit höherer Unterhalt als 338 € verlangt werde. Sein Geschäftsführergehalt habe im Jahre 2003 nur 1.500 € betragen. Der Jahresabschluß der C. GmbH habe für 2003 einen Jahresüberschuß von 12.164,61 € ergeben. 2004 habe sich dieser auf 41.895,53 € belaufen, 2005 auf 93.804,94 € und 2006 auf 201.327,49 € zuzüglich 6.658 € nach einer Betriebsprüfung. Im Vier-Jahreszeitraum ergebe sich danach ein Betrag von insgesamt 355.850,57 €; dies entspreche einem monatlichen Betrag in Höhe von 7.413,55 €. Aufgrund seiner Beteiligungsquote an der GmbH von 26% errechne sich damit ein Betrag in Höhe von 1.927,52 €. Rechne man hierzu das Geschäftsführergehalt in Höhe von 1.800 €, würden sich maximale Einkünfte in Höhe von 3.727,52 € ergeben. Hiervon seien der Unterhalt von N. mit zuletzt 250 € sowie die Regelbeträge für seine drei minderjährigen Kinder in Abzug zu bringen, so daß noch ein Betrag in Höhe von 2.588,52 € verbleibe, mithin keine höheren Einkünfte als im Urteil vom 3. November 1994 zugrunde gelegt.

Der Kläger beantragt zuletzt, das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 30. November 2001, zugestellt am 11. Dezember 2001 (3 F 67/00) aufzuheben und wie folgt abzuändern: Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. November 1994 (2 UF 185/92) wird dahin abgeändert, daß der Kläger an die Beklagte ab 1. Januar 2008 keinen Unterhalt mehr zu bezahlen hat, sowie die Widerklage zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt - neben der Zulassung der Revision - Zurückweisung der Berufung und im Wege der Anschlußberufung widerklagend, das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. November 1994 (2 UF 185/92) dahingehend abzuändern, daß der Kläger/Widerbeklagte verurteilt wird, an die Beklagte/Widerklägerin ab 1. Juli 2003 monatlich im voraus Unterhalt in Höhe von 874 € zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil, da ein Abänderungsgrund zugunsten des Klägers nicht ersichtlich sei. Sie trägt vertiefend vor, nach Verlust ihres bis zum 15. August 2002 befristeten Arbeitsvertrages sei es ihr nicht mehr gelungen, eine neue Arbeitsstelle zu finden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums für die Gewährung von Arbeitslosengeld zum 1. Juni 2003 habe sie deshalb einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt. Wie sich erst jetzt herausgestellt habe, sei sie seit August 1995 durchgehend erwerbsunfähig gewesen. Die Spaltung der Kopfschlagader habe zu einer chronischen Psychose geführt, die mit Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie einer deutlichen Minderung des Belastbarkeit verbunden sei. Seit 1. Juli 2003 stehe ihr ein erhöhter Unterhaltsanspruch zu.

Das monatliche Nettoeinkommen des Klägers betrage heute mindestens 10.000 €. Bei einer durchschnittlichen Einkommenssteigerung auf seiten des Klägers, wie im Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zugrunde gelegt, von 7% in zwei Jahren sei im Jahre 2003 von einem Einkommen von 8.833 DM / 4.516,24 € auszugehen. Die volljährige Tochter N. sei gegenüber ihrem Unterhaltsanspruch nicht mehr vorrangig. Auch die minderjährigen Kinder des Klägers seien nicht zu berücksichtigen. Im abzuändernden Urteil seien Beteiligungen des Klägers an der C. GmbH, der A. GmbH und der Einzelfirma Ke. Kh. zugrunde gelegt. Das Gesamteinkommen habe das Oberlandesgericht dem Kläger unabhängig von der gesellschaftsvertraglichen Beteiligungsquote mit 50% zugerechnet. Der Einkommensteuerbescheid für 2002 weise Einkünfte in Höhe von insgesamt 71.753 €, mithin 5.979,72 € monatlich, aus, wobei der Kläger keine Steuern habe abführen müssen. Im Jahre 2001 habe sich sein Geschäftsführergehalt auf - unstreitig - 118.400 DM / 60.536,96 € belaufen, 2002 auf 33.508 € und 2003 nur noch auf 18.000 €, ohne daß der Kläger für die ständig rückläufigen Einkünfte eine Begründung abgegeben habe. Dies sei nur mit Manipulation und bewußter Heruntersetzung des Geschäftsführergehalts bei gleichzeitiger Kompensation über die Entnahmen erklärlich. Auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen hätten sich von 778 DM / 397,79 € im Jahre 2001 auf 7.996 € im Jahre 2002 bzw. 9.385 € im Jahre 2003 zunächst erhöht, bevor sie dann auf 5.409 € im Jahre 2004 und 2.241 € im Jahre 2005 gesunken und 2006 schließlich ganz entfallen seien.

Dem würden steigende Einkünfte aus Kapitalvermögen bei seiner jetzigen Ehefrau gegenüber stehen, was sich ebenfalls nur mit Manipulationen erklären lasse, zumal die Werbungskosten des Klägers bei diesen Einkünften sehr hoch seien. Aufgrund dieser Manipulationen sei mindestens von dem vom Kläger im Jahre 2001 bezogenen Einkommen von 176.269 DM / 90.124,91 € auch für die Jahre 2004 und 2005 auszugehen. Insgesamt ergebe sich für die Jahre 2001 ein Einkommen des Klägers in Höhe von monatlich 19.631,91 DM, 2002 in Höhe von 10.382,83 € (hier habe der Kläger Veräußerungserlöse aus dem Verkauf von Immobilien in Höhe von insgesamt 64.000 € erzielt), 2003 in Höhe von 13.754,22 €, 2004 in Höhe von 11.225,67 € zuzüglich Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 22.178 € jährlich, 2005 in Höhe von 10.403,71 € zuzüglich Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 37.058 € und 2006 in Höhe von 12.996 € zuzüglich Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 32.957 €.

Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz vom 25. April 2008 verwiesen. Auch sei ein Wohnvorteil für die Wohnung des Klägers in M. mit mindestens 1.400 € anzunehmen. Soweit der Kläger im Jahre 2003 das Eigentum an dem Wohngrundstück - unstreitig - auf seine Frau übertragen habe, sei das unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen; daß diese übernommene Darlehensverbindlichkeiten bediene, werde bestritten. Aus den Jahresabschlüssen der C. GmbH ergebe sich zudem, daß erhebliche Abschreibungen den Gewinn minderten, daß die Pkw's der Familie auf die Firma liefen, und daß der Kläger seine der Firma gegebenen Darlehen sich ab 2003 regelmäßig habe auszahlen lassen (Stand 2003: 186.892,54 € gegenüber Stand 2006: 0 €). Eine Befristung des Unterhalts sei unbillig, denn sie habe ehebedingte Nachteile erlitten, weil sie sich auch nach Rechtskraft der Scheidung der Betreuung der Tochter N. gewidmet habe und deshalb erst ab 1988 wieder eine Berufstätigkeit habe aufnehmen können. Sie sei mithin 17 Jahre ehebedingt an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert gewesen; wäre sie in dieser Zeit vollschichtig erwerbstätig gewesen, hätte sie heute eine wesentlich höhere Erwerbsunfähigkeitsrente als 450 €. Zudem habe sie auch vom Kläger - unstreitig - keine Rentenanwartschaften im Wege des Versorgungsausgleichs erhalten. Sie sei auf die Unterhaltszahlungen dringend angewiesen und habe in den Fortbestand der Verpflichtung vertraut. Auch eine Herabsetzung des Betrages sei nicht angemessen, da ihr ohnehin nur ein Teilanschlußunterhalt zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen. Die Akten des Amtsgerichts Ettlingen 1 F 291/88 nebst Berufungsakten des Oberlandesgerichts Karlsruhe 2 UF 185/92 sowie die Sammelakten des Oberlandesgerichts Karlsruhe zum Verfahren 2 UF 273/04 sind beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Im Berufungsverfahren ist Beweis erhoben worden durch Anhörung der Sachverständigen Dr. S., Einholung eines schriftlichen neurologischen Sachverständigengutachtens des Gutachters Prof. Dr. Dr. D. sowie durch dessen Anhörung; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 20. Juni 2005, das schriftliche Gutachten vom 29. Dezember 2006 und die Sitzungsniederschrift vom 6. Juli 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Zulässigkeit der Berufung des Klägers und der Anschlußberufung der Beklagten

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers ist nicht durch die mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 erklärte Berufungsrücknahme gegenstandslos geworden, denn nach § 26 Nr. 5 EGZPO gelten für Berufungsverfahren die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften weiter, wenn die mündliche Verhandlung, auf die das anzufechtende Urteil ergeht, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist. Das ist hier der Fall, denn das Urteil des Amtsgerichts vom 30. November 2001 erging aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2001. Nach § 515 Abs. 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden, hier damit noch maßgeblichen Fassung ist die Berufungsrücknahme ohne Einwilligung des Berufungsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Berufungsbeklagten zulässig. Da hier die Verhandlung zur Hauptsache im Termin vom 20. Juni 2005 durch Verlesen der Anträge erfolgt, und eine Einwilligung in die Berufungsrücknahme des Klägers von der Beklagten weder ausdrücklich noch konkludent erklärt worden ist, ist die Berufungsrücknahme unwirksam; die von der Beklagten zulässig erklärte Anschließung hat nicht nach § 522 Abs. 1 ZPO a.F. ihre Wirkung verloren (Zöller/Gummer, ZPO 22. Aufl. § 522 Rdn. 4).

B. Begründetheit der Berufung und Anschlußberufung

1. Bedenken gegen die Zulässigkeit der von beiden Parteien mit Klage und Widerklage, die gemäß § 530 Abs. 1 ZPO a.F. sachdienlich ist, erhobenen Abänderungsklage nach § 323 ZPO bestehen nicht. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte behaupten wesentliche Veränderungen der Verhältnisse nach Schluß der mündlichen Verhandlung (20. Oktober 1994) im vorangegangenen Unterhaltsverfahren, die für die Bejahung bzw. Verneinung des Anspruchs bzw. der für seinen Inhalt oder Umfang maßgebenden Umstände relevant sind (Zöller/Vollkommer, ZPO 26. Aufl. § 323 Rdn. 31 mwN). Ob diese Veränderungen tatsächlich eingetreten sind, ist nur für die Frage der Begründetheit entscheidend.

2. Eine Abänderungsklage ist gemäß § 323 Abs. 1 ZPO begründet bei einer wesentlichen Veränderung der für den Grund, den Betrag oder die Dauer der Leistung bedeutsamen, bei der früheren Verurteilung maßgebend gewesenen Verhältnisse. Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung zuletzt nur noch eine Abänderung der Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen im Wege der Herabsetzung bzw. Befristung ab 1. Januar 2008 auf Null; die Beklagte begehrt mit der Anschlußberufung eine Abänderung wegen Erhöhung des Einkommens des Klägers unter Berücksichtigung ihrer Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juli 2003 von 661 DM / 338 € auf 874 €.

Berufung und Anschlußberufung sind teilweise begründet.

a) Die Beklagte ist nach wie vor unterhaltsberechtigt. Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, daß die Beklagte im Jahre 1996 aufgrund krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit ihre Arbeitsstelle verloren hat. Da im Zeitpunkt der Erkrankung ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bestand, und die Beklagte als Berechtigte ihre Stelle verloren hat, entfiel der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, der die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit voraussetzt, und es ist Anschlußunterhalt gemäß § 1572 Nr. 4 BGB zu bezahlen (Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 100).

Die für die Voraussetzungen des (neuen) Anspruchsgrundes des § 1572 Nr. 4 BGB darlegungs- und beweisbelastete (BGH FamRZ 1990, 496 = EzFamR BGB § 1572 Nr. 3 = BGHF 7, 42) Beklagte konnte den Nachweis erbringen, daß sie seit Anfang 1996 krank und deshalb erwerbsunfähig ist:

Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. D. hat unter Auswertung der Unterlagen der die Beklagte behandelnden Ärzte und Psychiater in seinem nachvollziehbaren und in sich widerspruchsfreien Gutachten, das sich der Senat nach eigener Überprüfung unter Berücksichtigung des weiterhin erhobenen Sachverständigengutachtens von Dr. S. zu eigen macht, ausgeführt, die Beklagten habe wohl 1995 eine Dissektion der Arteria carotis interna rechts (Einblutung innerhalb der arteriellen Gefäßwand der Halsschlagader) ohne nachfolgenden Schlaganfall erlitten. Symptome einer Psychose würden hierdurch nicht verursacht. Aus neurologischer Sicht sei davon auszugehen, daß die stattgehabte Dissektion der inneren Hirnschlagader nicht zu neurologischen Ausfällen geführt und sich folgenlos zurückgebildet habe. Andererseits sei die Beklagte seit Anfang 1996 kontinuierlich nervenärztlich bzw. psychiatrisch behandelt und über die Jahre mit stark wirkenden Medikamenten therapiert worden. Es sei davon auszugehen, daß die Beklagte 1996 eine schizophrene Psychose - die schizophrenen Symptome bestünden nach Aktenlage seit Anfang 1996 - entwickelt habe, die zu erheblichen psychischen Beeinträchtigungen geführt und über die Jahre eine kontinuierliche medikamentöse Therapie mit stark wirkenden Neuroleptika und zum Teil auch Thymoleptika (stimmungsaufhellende Medikamente) erforderlich gemacht habe. Die retrospektive Beurteilung der Erwerbsfähigkeit über einen Zeitraum von zehn Jahren stelle ein schwieriges Unterfangen dar. Die Beklagte sei laut Arztbrief vom 7. September 1996 als vollschichtig einsetzbar aus den Ho.-Kliniken P. und laut Arztbrief vom 7. April 1998 als arbeitsfähig aus der Fachklinik am Ha. entlassen worden. Seit Anfang 1996 sei sie allerdings unter der Diagnose einer akuten psychotischen Störung von Dr. Mo. behandelt worden; dieser habe am 27. Februar 1996 eine akute psychotische Störung diagnostiziert und die Beklagte krank geschrieben. Seitdem sei sie eigentlich immer wegen derartiger oder ähnlicher Symptome in nervenärztlicher Behandlung gewesen. Hier bestehe eine gewisse Diskrepanz. Zudem habe sie die Umschulungsmaßnahme 1999 mit guten Leistungen abschließen können. Dr. Mo. habe sie nach der Fortbildungsmaßnahme allerdings allenfalls für fähig gehalten, unter günstigen Arbeitsbedingungen maximal eine Halbtagstätigkeit auszuüben. Zu berücksichtigen sei, daß die Symptomatik durchaus fluktuieren könne. Betrachte man die weitere Entwicklung, so sei eine Wiedereingliederung offensichtlich nicht mehr gelungen, wobei sicherlich auch motivationale Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben könnten, und die langen Arbeitsunfähigkeitszeiten in Verbindung mit der medikamentösen Therapie und den psychischen Auffälligkeiten eine Aufnahme der Berufstätigkeit ausgeschlossen hätten. Bei der (jetzigen) Untersuchung der Beklagten seien Symptome einer Minus-Symptomatik festgestellt worden (verlangsamt, wenig belastbar, schwunglos, niedrige Frustrationsgrenze). Aus den Angaben der Tochter hätten sich erhebliche Hinweise auf eine Beeinträchtigung der sozialen Kompetenz ergeben. Das seien Befunde, wie man sie als Folge einer Psychose sehe, die über Jahre hinweg behandelt werde; man nenne dies auch ein schizophrenes Residuum.

Aus nervenärztlicher Sicht sei davon auszugehen, daß bei der Beklagten sicherlich seit Beginn der psychotischen Symptomatik Anfang 1996 erhebliche Beeinträchtigungen bestanden hätten, die eine regelmäßige Erwerbstätigkeit nur unter günstigen Bedingungen und bei hoher Motivation möglich gemacht hätten, wie es bei der Beklagten sicherlich nie der Fall gewesen sei, und wie sie unter realen Gegebenheiten praktisch auch nicht vorkämen. Unter günstigsten Bedingungen hätte sie vielleicht eine Teilzeittätigkeit eingehen können.

Der Zeuge Dr. W. hat in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 27. September 2000 bekundet, er habe der Beklagten zum 30. Juni 1996 aus gesundheitlichen Gründen gekündigt. In den letzten Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei es vermehrt zu krankheitsbedingten Fehlzeiten der Beklagten gekommen; ferner habe sie auch während der Arbeitszeit über massive Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten geklagt, die ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt hätten.

Nach diesem Beweisergebnis ist der Senat davon überzeugt, daß die zum 30. Juni 1996 erfolgte Kündigung der Arbeitsstelle als Arzthelferin krankheitsbedingte Ursachen hatte, die der Beklagten eine vollschichtige Tätigkeit auch in der Folgezeit nicht erlaubten. Soweit sie Kur- und Umschulungsmaßnahmen erfolgreich absolvieren konnte, steht dies einer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit nicht entgegen. Wie der Sachverständige plausibel dargelegt hat, fluktuieren die Krankheitssymptome. Auch ist zu berücksichtigen, daß die Voraussetzungen und Anforderungen in einer Fachklinik bzw. in einer Einrichtung zur Umschulung Erwachsener mit den vom Arbeitsmarkt gestellten Anforderungen nicht vergleichbar sind, so daß die dortigen Erfolge der Beklagten im Ergebnis nicht ausreichen, um erhebliche Zweifel an einer seit 1996 bestehenden Erwerbsunfähigkeit zu begründen.

b) Der ursprünglich bestehende Unterhaltsanspruch der Beklagten wegen Betreuung der minderjährigen gemeinsamen Tochter nach § 1570 BGB ist nach der Aufnahme einer Ganztagstätigkeit, die zum 1. April 1993 erfolgt ist, erloschen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah dann einen Anschlußunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB in Höhe von zuletzt 661 DM als gegeben an; dieser wurde durch einen Anspruch nach § 1572 Nr. 4 BGB ersetzt. Der Anschlußunterhalt nach § 1572 Nr. 4 BGB besteht aber nur in dem Umfang weiter, wie er im Zeitpunkt der weggefallenen Tatbestandsvoraussetzungen des Aufstockungsunterhalts bestanden hatte.

Mit Senatsbeschlüssen vom 29. April 2005 und vom 26. April 2006 wurde bereits darauf hingewiesen, daß sich, sofern bei Beginn eines Anschlußunterhalts aufgrund des weggefallenen früheren Anspruchsgrunds nur ein Teilunterhaltsanspruch bestand, dann auch der Anschlußunterhalt als Teilanschlußunterhalt umfangmäßig nur nach dem weggefallenen Teilanspruch bemißt (BGH FamRZ 2001, 1291, 1294 = FuR 2001, 404 = EzFamR BGB § 1572 Nr. 8 = BGHF 12, 1136; Wendl/Pauling, aaO § 4 Rdn. 101, 50). Auch wenn der Anschlußunterhalt nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nur im Umfang des vorangegangenen Teilanspruchs zu gewähren ist, kommt vorliegend gleichwohl eine Überschreitung des bisherigen Anspruchs mit 661 DM in Betracht. Bestand nach dem durch die Beweisaufnahme bestätigten Vorbringen der Beklagten ab Anfang 1996 ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit nach § 1572 Nr. 4 BGB, der sich an den Wegfall der Voraussetzungen des Aufstockungsunterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 2 BGB unmittelbar anschloß, ist nämlich von einem Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten von 811,56 € (statt nur 661 DM / 337,96 €) auszugehen, denn der Unterhaltsanspruch der Beklagten war durch das Oberlandesgericht Karlsruhe noch unter Anwendung der Anrechnungsmethode tituliert worden, die mit Urteil des Bundesgerichtshofes vom 13. Juni 2001 (BGH FamRZ 2001, 986 = FuR 2001, 306 = EzFamR BGB § 1578 Nr. 53 = BGHF 12, 1105) durch die Differenzmethode ersetzt wurde.

Hiernach errechnet sich ein Gesamteinkommen zum Anschlußzeitpunkt von ([6.297 DM Einkommen Kläger ./. 790 DM Kindesunterhalt ./. 10% Erwerbstätigenbonus =] 4.956,30 DM bereinigtes Nettoeinkommen Kläger + [2.179,73 DM Einkommen Beklagte ./. 200 DM Fahrtkosten ./. 10% Erwerbstätigenbonus =] 1.781,75 DM bereinigtes Nettoeinkommen Beklagte =) 6.738,05 DM und ein voller Bedarf der Beklagten von 3.369,02 DM, den sie in Höhe von 1.781,75 DM durch eigene Einkünfte decken konnte. Der ungedeckte Bedarf betrug damit 1.587,27 DM / 811,56 €. Der Anschlußanspruch auf Zahlung von Krankenunterhalt gewährt nur einen Teilunterhalt im Umfang des früheren weggefallenen Anspruchs. Maßgebend für dessen Bemessung ist die Quote des nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse ungedeckten Bedarfs des Unterhaltsberechtigten im Anschlußzeitpunkt, in dem sein Unterhaltsanspruch im übrigen nachhaltig gesichert war (BGH aaO; OLG Koblenz NJW-RR 2006, 151). Diese Quote errechnet sich mit (1.587,27 DM : 3.369,02 DM =) 47%. Soweit im Beschluß vom 26. April 2006 von einer Quote von 53 % ausgegangen wurde, beruhte dies auf einer versehentlichen doppelten Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus auf seiten der Beklagten, was zu einem bereinigten Nettoeinkommen von 1.527 DM statt tatsächlich 1.781,75 DM führte.

c) Im Abänderungsverfahren hat das Gericht neben den zu berücksichtigenden neuen Tatsachen die im Ersturteil festgestellten unverändert gebliebenen Verhältnisse samt ihrer rechtlichen Bewertung als maßgeblich zugrunde zu legen. Die Abänderungsklage ermöglicht keine freie von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung, sondern nur eine den zwischenzeitlich eingetretenen veränderten Verhältnissen entsprechende Anpassung des Titels; im übrigen besteht Bindung an das Ersturteil. Ist (wie hier) ein Prozeßvergleich über eine Unterhaltsverpflichtung bereits einmal Gegenstand eines Abänderungsverfahrens gewesen, so ist nunmehr der ursprüngliche Parteiwille im Verständnis und in der Ausgestaltung des vorausgegangenen rechtskräftigen Abänderungsurteils maßgebend (Zöller/Vollkommer, aaO § 323 Rdn. 41 mwN).

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in dem Urteil vom 3. November 1994 eine Abänderung der gerichtlichen Vereinbarung der Parteien vom 8. August 1985 vorgenommen und zuletzt ab 1. Februar 1994 einen Unterhaltsanspruch der Beklagten von 661 DM angenommen. Bei der abzuändernden Vereinbarung seien die Parteien von einem monatlichen bereinigten Einkommen des Klägers von rund 5.000 DM und von einer Nichterwerbstätigkeit der Beklagten ausgegangen und hätten einen Anspruch der Beklagten von 1.800 DM bei einem Kindesunterhalt von 635 DM bei hälftigem Kindergeldausgleich für die Tochter N. festgelegt. Der Unterhalt der Beklagten sei aus einer Quote des mit 5.000 DM bestimmten Nettoeinkommens des Klägers gebildet worden; der Betrag von 1.800 DM entspreche etwa der Quote von 3/7 bei Abzug des Kindesunterhalts. Die ehelichen Lebensverhältnisse seien durch das Einkommen des allein verdienenden Klägers bestimmt worden, die Einkünfte der Beklagten aus der seit Dezember 1989 - mit Unterbrechung - ausgeübten Tätigkeit seien nicht maßgeblich. Einzubeziehen seien Einkommenssteigerungen nach der Scheidung, soweit sie im Rahmen einer normalen Entwicklung liegen würden. Während der Ehe der Parteien habe lediglich eine theoretische Möglichkeit bestanden, daß der Kläger seine Geschäftstätigkeit ganz erheblich mit teilweiser Branchenänderung ausweite und in einem erheblichen Umfange Grundstücke kaufe sowie mietfrei in seinem Haus wohne. Die beträchtliche Ausweitung des Geschäftsvolumens des Klägers und der Ankauf von Fabrikgelände könne nicht als eine etwa bereits während der Ehe angelegte Entwicklung angesehen werden. Vor der Scheidung habe sich seine Tätigkeit im wesentlichen auf den Betrieb von kleineren Modegeschäften beschränkt. Die aktuellen Einkommensverhältnisse des Klägers könnten daher nur insofern als bedarfsprägend angesehen werden, als sie den fortzuschreibenden Lebensverhältnissen zum Zeitpunkt der Scheidung entsprochen hätten.

Allerdings biete die Frage Schwierigkeiten, wie die geschäftliche Entwicklung allein bezogen auf die Modegeschäfte ohne die nach der Scheidung vom Kläger betriebene starke Expansion fortgeschritten wäre. Es erscheine sachgerecht, jedenfalls eine Fortentwicklung der Einkünfte entsprechend der üblichen Einkommensentwicklung anzunehmen. Dies bedeute bis Beginn 1989 im Vergleich zum Abschluß der Vereinbarung eine Steigerung von rund 10% und von weiteren je 7% bis Anfang 1991 bzw. Anfang 1993. Damit ergebe sich ein Einkommensbetrag von zuletzt rund 6.297 DM ab 1. Januar 1993. Daß das tatsächliche Einkommen des Klägers diese Beträge unterschreite, könne nicht festgestellt werden.

Im übrigen werde der Kläger bei einem weiteren Rückgang seiner Erträge aus unterhaltsrechtlicher Sicht auf Dauer die Verluste aus Vermietung und Verpachtung - auch soweit sie die Beträge für Gebäudeabschreibung überschreiten würden - der Beklagten nicht entgegen halten können. Dasselbe gelte auch, soweit der Kläger im Ergebnis durch Übertragung von Geschäftsanteilen mehr als die Hälfte der Gewinne aus seinen Unternehmen seiner Ehefrau überlasse, die Verluste aus Vermietung und Verpachtung jedoch allein trage. Zugunsten der unterhaltsberechtigten Beklagten müsse hier jedenfalls eine Korrektur in der Weise vorgenommen werden, daß dem Kläger wenigstens die Hälfte des gesamten Ergebnisses seiner Firmen verbleibe, soweit dies unterhaltsrechtlich anzuerkennen sei. Ab Aufnahme der Vollzeitbeschäftigung zum 1. April 1993 bestehe ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Der Bedarf der Beklagten belaufe sich auf 2.358 DM ([6.297 DM ./. 790 DM Kindesunterhalt] x 3/7) ab 1. Januar 1993. Ab 1. April 1993 erziele sie ein monatliches Einkommen von 2.179,73 DM abzüglich 200 DM Fahrtkosten und 282,82 DM Erwerbstätigenbonus, so daß sich ein Unterhalt von 661 DM ergebe.

d) Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist zunächst das bedarfsprägende Einkommen des Klägers zu ermitteln. Dieses errechnet der Senat in Fortschreibung der im abzuändernden Urteil vorgenommenen Einkommensentwicklung, ausgehend von den durchschnittlichen Steigerungssätzen der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer in Baden-Württemberg. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dieser Schätzung nach § 287 ZPO nicht der in dem abzuändernden Urteil angenommene Steigerungssatz von zuletzt 7% in zwei Jahren zugrunde gelegt werden, denn die seit 1993 eingetretene Einkommensentwicklung kann nicht unter außer Achtlassung der tatsächlichen Verhältnisse erfolgen; eine Bindung an die Steigerungssätze durch das abzuändernde Urteil für die Zukunft besteht nicht. Auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Verhältnissen hat es bei der »normalen Einkommensentwicklung des Betriebs von kleineren Modegeschäften« zu verbleiben, da im übrigen von einem Karrieresprung des Klägers auszugehen ist, der auch nach der neueren Rechtsprechung außer Betracht zu bleiben hat. Der Senat legt - wie im Termin vom 4. September 2008 erörtert - der Entwicklung diejenige der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer in Baden-Württemberg von 1991 bis 2007, herausgegeben vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg (vgl. Statistische Berichte Baden-Württemberg - Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen vom 15. Mai 2008, abrufbar unter www.statistik-bw.de) zugrunde. Danach ist eine Veränderung gegenüber dem jeweiligen Vorjahr in % wie folgt eingetreten, die zu nachfolgendem Einkommen des Klägers - ausgehend von einem Einkommen in Höhe von 6.297 DM im Jahre 1993 - führt:

1994 + 1,8 + 113,35 DM = 6.410,35 DM
1995 + 3,0 + 192,31 DM = 6.602,66 DM
1996 + 1,1 + 72,63 DM = 6.675,29 DM
1997 + 0,1 + 6,67 DM = 6.681,96 DM
1998 + 1,0 + 66,81 DM = 6.748,77 DM
1999 + 1,8 + 121,48 DM = 6.870,25 DM
2000 + 1,8 + 123,66 DM = 6.993,91 DM
2001 + 2,1 + 146,87 DM = 7.140,78 DM
2002 + 1,4 + 99,97 DM = 7.240,75 DM
2003 + 1,5 + 108,61 DM = 7.349,36 DM / 3.757,67 €
2004 + 0,7 + 51,44 DM = 7.400,80 DM / 3.783,96 €
2005 + 0,5 + 37 DM = 7.437,80 DM / 3.802,89 €
2006 + 1,5 + 111,57 DM = 7.549,37 DM / 3.859,93 €
2007 + 1,9 + 143,44 DM = 7.692,81 DM / 3.933,27 €.

Daß eine derartige Einkommensentwicklung zugrunde gelegt werden kann, ergibt auch ein Vergleich mit der Berechnung des Kaufkraftschwunds im Zeitraum 1993 bis 2007; bei einem Anfangswert von 3.219,60 € (= 6.297 DM) errechnet sich mit dem allgemeinen Verbraucherpreis-Jahresindex (2000) ein Betrag von (112,5 / 90) 4.024,50 € für das Jahr 2007.

Auf seiten der Beklagten sind zu berücksichtigen die Erwerbsunfähigkeitsrente ab 1. Juli 2003 mit 453,31 € und ab 1. September 2004 mit 449,61 €.
e) Dies führt zu folgender Berechnung für den Zeitraum ab dem Jahre 2003, wobei zu berücksichtigen ist, daß im Senatsbeschluß vom 26. April 2006 die Quote versehentlich vom ungedeckten Bedarf der Beklagten gebildet wurde, diese aber vom vollen Bedarf zu ermitteln ist:

2003

3.757,67 € ./. 325 € Kindesunterhalt N. (= Betrag nach dem Vergleich) = 3.432,67 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 3.089,40 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 453,31 € = 3.542,71 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.771,35 €, den sie in Höhe von 453,31 € selbst decken kann, so daß sich ein ungedeckter Bedarf von (1.771,35 € ./. 453,31 € =) 1.318,04 € ergibt. Der Teilanspruch der Beklagten beläuft sich aber nur auf 47% des vollen Bedarfs von 1.771,35 €, das sind 832,53 €, aufgerundet 833 €. Im folgenden wird, da der ungedeckte Bedarf der Beklagten stets höher ist als der Teilanspruch, sogleich der Teilanspruch anhand der Quote ermittelt.

2004

Bis zum 31. August 2004: 3.783,96 € ./. 325 € Kindesunterhalt N. = 3.458,96 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 3.113,06 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 453,31 € = 3.566,37 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.783,18 € x 47% = 838,09 €, aufgerundet 839 €.
Ab 1. September 2004: 3.783,96 € ./. 325 € Kindesunterhalt N. = 3.458,96 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 3.113,06 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 3.562,67 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.781,33 € x 47% = 837,23 €, aufgerundet 838 €.

2005

Bis zum 30. Juni 2005: 3.802,89 € ./. 325 € Kindesunterhalt N. = 3.477,89 ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 3.130,10 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 3.579,71 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.789,85 € x 47% = 841,23 €, aufgerundet 842 €.
Ab 1. Juli 2005: 3.802,89 € ./. 250 € Kindesunterhalt N. (gemäß Vergleich vom 20. Juni 2005) = 3.552,89 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 3.197,60 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 3.647,21 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.823,60 € x 47% = 857,09 €, aufgerundet 858 €.

2006

Bis zum 31. März 2006: 3.859,93 € ./. 250 € Kindesunterhalt N. = 3.609,93 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 3.248,94 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 3.698,55 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.849,27 € x 47% = 869,15 € , aufgerundet 870 €.

Ab 1. April 2006: Zu beachten ist die Änderung der Rechtsprechung mit Urteil des Bundesgerichtshofes ab 13. März 2006 (BGH FamRZ 2006, 683 = FuR 2006, 266 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 9) zum eheprägenden Unterhalt für nach der Scheidung geborene Kinder.

Ab 1. April 2006 sind damit die Unterhaltsbeträge für die minderjährigen und privilegiert volljährigen Kinder aus der jetzigen Ehe des Beklagten berücksichtigungswürdige Abzugsposten. Dies führt zu einer Reduzierung des bedarfsprägenden Einkommens. Ausgegangen wird von den vom Kläger selbst mit Schriftsatz vom 25. Juli 2008 geltend gemachten Beträgen (Zahlbeträge bei Einkommensgruppe 3: 316 € für S. und E. bzw. 257 € für Se.); weitergehende Aufwendungen sind vom Kläger nicht dargelegt. Bei S. ist allerdings zu berücksichtigen, daß dieser im Jahre 2006 volljährig geworden ist. Aus der vorgelegten Einkommensteuererklärung des Klägers für das Jahr 2006 ergibt sich, daß S. bereits im Jahre 2006 ein Hochschulstudium absolvierte. Ausgehend von dem Bedarf eines Studenten von 640 € - S. lebt nicht im Haushalt seiner Eltern - ergibt sich nach Abzug des bedarfsdeckenden Kindergeldes von 154 € (vgl. hierzu BGH FamRZ 2006, 99 = FuR 2006, 76) ein Restbedarf von (640 € ./. 154 € =) 486 €, für den beide Elternteile hälftig haften, der Kläger somit in Höhe von 243 €.

3.859,93 € ./. 250 € Kindesunterhalt N. ./. 243 € Kindesunterhalt S. ./. 316 € Kindesunterhalt E. ./. 257 € Kindesunterhalt Se. = 2.793,93 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 2.514,54 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 2.964,15 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.482,07 € x 47% = 696,57 €, aufgerundet 697 €.

2007

Bis zum 30. Juni 2007: 3.933,27 € ./. Kindesunterhalt 243 € S. ./. 316 € Kindesunterhalt E. ./. 257 Kindesunterhalt € Se. = 3.117,27 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 2.805,54 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 3.255,15 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.627,57 € x 47% = 764,96 €, aufgerundet 765 €.

Ab 1. Juli 2007: 3.933,27 € ./. 243 € Kindesunterhalt S. ./. 312 € Kindesunterhalt E. ./. 254 € Kindesunterhalt Se. = 3.124,27 € ./. 10% Erwerbstätigenbonus = 2.811,84 € + Erwerbsunfähigkeitsrente der Beklagten 449,61 € = 3.261,45 € : 2 = Bedarf der Beklagten von 1.630,72 € x 47% = 766,44 €, aufgerundet 767 €.

2008:
Für das Jahr 2008 werden die für das zweite Halbjahr 2007 geltenden Beträge fortgeschrieben.

f) Für diese Beträge ist der Kläger auch leistungsfähig. Das Einkommen des Klägers setzt sich aus Einkünften aus seiner Geschäftsführertätigkeit und aus verschiedenen Beteiligungen zusammen. Die Einkommensteuerbescheide weisen folgende Einkünfte aus:

2001 (DM)2002 (€)2003 (€)2004 (€)2005 (€)2006 (€)
Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit118.40033.50818.00018.00018.00018.000
Gewerbebetrieb30.249-85-14.482-1.728-1.394ßßß
Kapitalvermögen7787.9969.3855.4092.2412
Vermietung und Verpachtung59.869-36.576-73.913-111.993-101.273-69.967
dabei berücksichtigte, aber nicht berücksichtigungsfähige Gebäudeabschreibungen414.275,05145.343,72146.505,63120.475109.297,51110.861
./. Versicherungen132.56211.1598.9259.1768.4225.866
Einkommen pro Jahr460.760,05169.361,7290.967,6318.95318.115,5151.634
Einkommen pro Monat38.396,6714.113,487.580,631.579,421.509,624.302,83
Die Vermögenssituation der C. GmbH stellt sich wie folgt dar:
1998 (DM)1999 (DM)2000 (DM)2001 (DM)
    
-733.016,17252.160,106.446,70 *-863.781,04
* (bei einem Geschäftsführergehalt von 70.890,46 DM netto)
* laut BP-Bericht: +105.532

In den Jahren 2003 bis 2006 wurde damit ein Überschuß von insgesamt 367.577,63 €, mithin jährlich 91.894,41 €, erzielt. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe sind dem Kläger hiervon nicht nur 26% entsprechend seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, sondern 50%, mithin 45.947,20 € jährlich und 3.828,93 € monatlich, zuzurechnen.

Das Vorbringen des Klägers, er sei hinsichtlich eines 661 DM / aufgerundet 338 € übersteigenden Unterhaltsanspruchs nicht leistungsfähig, ist damit nicht plausibel; der Senat ist vielmehr davon überzeugt, daß der Kläger die im Rahmen des Bedarfs ermittelten und bei der Berechnung zugrunde gelegten Einkommensbeträge auch tatsächlich erzielt hat und erzielt. Dies beruht insbesondere auf folgenden Umständen:

Ausgehend von den von der C. GmbH erzielten Überschüssen ist nicht ansatzweise nachvollziehbar dargelegt, weshalb der Kläger als Geschäftsführer dieser GmbH, deren alleinige Gesellschafter er und seine Ehefrau sind, seit dem Jahre 2002 nur noch Einkünfte in Höhe von 18.000 € jährlich, d.h. 1.500 € monatlich, bezieht. Soweit der Kläger zuletzt in seiner Berechnung (vgl. Schriftsatz vom 25. Juli 2008) von einem Gehalt von 1.800 € ausgeht, kann dahinstehen, ob dies lediglich auf einem Schreibfehler (ausgehend von einem Jahreseinkommen von 18.000 €) beruht, oder ob inzwischen eine Gehaltserhöhung erfolgt ist, denn auch eine solche Erhöhung von 1.500 € auf 1.800 € monatlich wäre unter Berücksichtigung der oben dargestellten wirtschaftlichen Situation der GmbH jedenfalls völlig unzureichend. Unterhaltsrechtlich kann weder ein Geschäftsführergehalt von 1.500 € noch von 1.800 € akzeptiert werden.

Ebenfalls nicht plausibel dargelegt sind die Verluste aus Gewerbebetrieb und der Rückgang der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2004, dem ein erheblicher Anstieg auf seiten der Ehefrau des Klägers (2004: 22.178 €, 2005: 37.058 € und 2006: 32.957 €) gegenüber steht. Dabei kann nicht außer Betracht bleiben, daß der Kläger zunächst vorgetragen hat, daß er aus der Veräußerung von zwei Objekten in Ka. und B. lediglich die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten habe ablösen können; nach Vorlage der Unterlagen hat sich allerdings ergeben, daß nach Ablösung der Verbindlichkeiten ein Überschuß von ca. 64.000 € verblieb, von dem dem Kläger - ein Objekt stand in seinem Alleineigentum, das zweite im Miteigentum mit seiner Ehefrau - jedenfalls ein Betrag von 52.000 € zustand. Damit erscheinen Vermögensverlagerungen vom Kläger auf seine Ehefrau mehr als nur denkbar.

Weiterhin zu berücksichtigen ist, daß sich bei einer Berechnung des Einkommens auf der Grundlage eines - aufgrund der mit der selbständigen Tätigkeit des Klägers verbundenen Schwankungen - Drei-Jahresdurchschnitts im Zeitraum 2002 bis 2004 durchschnittliche monatliche Einkünfte von 7.757,84 €, 2003 bis 2005 von 3.556,55 € und 2004 bis 2006 von 2.463,95 € errechnen, die neben den Überschüssen aus der C. GmbH stehen.

Da der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit trägt (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 710), und er dieser Darlegungslast nicht in der erforderlichen Weise nachgekommen ist, besteht kein Anlaß, seinem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der mangels zureichender Darlegungen zu den obigen Widersprüchen nur pauschal eingewandten Leistungsunfähigkeit nachzugehen. Er ist als leistungsfähig anzusehen.

3. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist ab 1. Januar 2008 auf 550 € herabzusetzen und bis zum 31. Dezember 2012 zu befristen.

Gemäß § 1578b Abs. 1 und 2 BGB in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung können alle Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs oder ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

Ohne Erfolg macht die Beklagte insoweit geltend, der Kläger sei mit dieser Einwendung ausgeschlossen, weil er sie in den vorangegangenen Verfahren nicht ausdrücklich erhoben habe. Dem steht bereits entgegen, daß nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage gemäß § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. jeder Unterhaltsanspruch zwar zeitlich auf den nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen und danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden konnte. Eine zeitliche Begrenzung war aber gemäß § 1573 Abs. 5 BGB a.F. nur für Ansprüche nach § 1573 Abs. 1 bis 4 BGB a.F. möglich, nicht jedoch für den Unterhaltstatbestand des § 1572 BGB. Für die ab 1. Januar 2008 fällig werdenden Unterhaltsleistungen ist damit die ab 1. Januar 2008 geltende Rechtslage unter Berücksichtigung von § 36 Nr. 1 und 2 EGZPO maßgeblich.

Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, gemäß der Übergangsbestimmung des § 36 Nr. 1 EGZPO nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt, und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Die in Nummer 1 genannten Umstände können bei der erstmaligen Änderung eines vollstreckbaren Unterhaltstitels nach dem 1. Januar 2008 nach § 36 Nr. 2 EGZPO ohne die Beschränkungen des § 323 Abs. 2 ZPO und des § 767 Abs. 2 ZPO geltend gemacht werden.

Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes steht vorliegend einer Abänderung im Ergebnis nicht entgegen. Die mit Inkrafttreten der Unterhaltsreform erfolgten Gesetzesänderungen sollen grundsätzlich auch für Alttitel gelten; altes und neues Recht sollen nicht auf Dauer nebeneinander fortbestehen, sondern im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtseinheit soll eine schnelle und umfassende Anpassung erfolgen (BT-Dr. 16/1830 vom 15. Juni 2006 S. 33). Den gesetzlichen Bestimmungen kommt daher eine unechte Rückwirkung zu. Die Beklagte kann sich vorliegend nicht zu ihren Gunsten auf einen besonderen Vertrauensschutz berufen. Die in Frage stehende Unterhaltsregelung ist nicht Bestandteil einer umfassenden Scheidungsfolgenvereinbarung. Der bestehende Titel aus dem Jahe 1994 wird seit dem Jahre 2000 zur gerichtlichen Überprüfung durch den Kläger gestellt. Er besteht damit nicht derart lange Zeit unverändert, daß es der Beklagten im Hinblick auf ihr Lebensalter nicht mehr zuzumuten wäre, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Beklagte im Vertrauen auf den ihr zuerkannten, unbefristeten Unterhaltsanspruch Vermögensdispositionen bzw. Entscheidungen in wirtschaftlicher oder beruflicher Hinsicht getroffen hat, die nunmehr nicht mehr reversibel sind (zum Vertrauensschutz vgl. Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 668). Allerdings ist es der Beklagten aufgrund der schicksalhaft aufgetretenen Erkrankung nicht mehr möglich, für ihren Lebensbedarf selbständig Sorge zu tragen. Die Anfang 1996 und damit ca. zwölf Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung aufgetretene Krankheit begründet nach Auffassung des Senats keinen absoluten Vertrauensschutz; ihr ist vielmehr im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung nach § 1578b BGB Rechnung zu tragen.

Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist gemäß § 1578b Abs. 2 BGB zeitlich zu begrenzen, weil ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Für die Billigkeitsabwägung ist nach § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3, Abs. 2 BGB insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Derartige Nachteile können sich nach dem Gesetzeswortlaut insbesondere aus der Dauer der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Da die Nachteile durch die Ehe entstanden sein müssen, kommt es vor allem auf die Aufgabenteilung während der Ehe und die sich daraus ergebenden Einschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten an. Ehebedingte Nachteile sind etwa anzunehmen, wenn durch die Ehe eine berufliche Ausbildung nicht aufgenommen oder beendet worden ist, oder wenn ein Wiedereinstieg in den während der Ehe nicht mehr ausgeübten Beruf erschwert ist, aber auch wenn durch in der Ehe getragene Belastungen Gesundheitsbeeinträchtigungen entstanden sind, oder durch die Dauer der Ehe ein Lebensalter erreicht worden ist, so daß keine Möglichkeit mehr besteht, eine für den Unterhalt ausreichende Beschäftigung zu finden. Die nacheheliche Solidarität gebietet insbesondere die Berücksichtigung von Beeinträchtigungen für eine Erwerbstätigkeit, wenn der bedürftige Ehegatte während der Ehe den Haushalt geführt hat, und sich hierdurch einer beruflichen Entwicklung nicht hinreichend widmen konnte (vgl. zu den Kriterien BGH FamRZ 2007, 2052 = FuR 2008, 35 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 31 ; 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50 ; Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 587, 590).

Derartige ehebedingte Nachteile hat die Beklagte erlitten, denn sie hat ihre Berufstätigkeit als gelernte Arzthelferin während der Ehe nicht ausgeübt und nach der Trennung die ehegemeinsame Tochter N. betreut und erzogen. Eine vollschichtige Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf hat sie erst zum 1. April 1993 - N. war damals 15 Jahre alt - aufnehmen können. Die Beklagte war zu dem Zeitpunkt 38 Jahre alt. Allerdings konnte sie durch die im Jahre 1996 eingetretene, nicht ehebedingte Erwerbsunfähigkeit ihren Berufsweg nicht fortsetzen und bezieht seit 1. Juli 2003 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Da im Rahmen des Scheidungsverfahrens ein Versorgungsausgleich - der Kläger war selbständig - nicht durchgeführt wurde, so daß der Nachteil durch die fehlende Erwerbstätigkeit der Beklagten während der Ehe in Abweichung zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16. April 2008 (FamRZ 2008, 1325 = FuR 2008, 401 = EzFamR BGB § 1579 Nr. 50) gerade nicht von beiden Parteien gemeinsam getragen wird, ist diese Rente jedenfalls geringer als bei ununterbrochener Tätigkeit und liegt bei (nur) ca. 450 €.

Die tatsächliche Ehedauer ist von Mai 1976 bis Ende 1981, spätestens jedoch Anfang 1982 anzunehmen, bei Berücksichtigung der Betreuung von N. bis zum 15. Lebensjahr im Jahre 1992 mit ca. 16 Jahren anzusetzen. Die Ehedauer war nach der früheren Rechtsprechung ein entscheidendes Merkmal für das Ausmaß der fortwirkenden nachehelichen Verantwortung. Bereits vor der Unterhaltsrechtsreform zum 1. Januar 2008 hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen allerdings betont, daß nicht vorrangig auf die Dauer der Ehe abgestellt werden könne, sondern insbesondere zu prüfen sei, ob ehebedingte Nachteile einen dauerhaften Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen (vgl. z.B. BGH FamRZ 2007, 2049 = FuR 2008, 37 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 30; 2007, 2052 = FuR 2008, 35 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 31 - zu einer jeweils 20-jährigen Ehedauer). Je länger eine Ehe gedauert hat, desto ausgeprägter ist häufig die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute und die konkrete wirtschaftliche Abhängigkeit, insbesondere durch Unterbrechung der Berufstätigkeit; dies gilt jedenfalls für nacheheliche Unterhaltsansprüche, die ehebedingte Nachteile ausgleichen sollen.

Daneben gibt es jedoch Unterhaltstatbestände, die keine ehebedingten Nachteile ausgleichen sollen, sondern ihren Grund in der nachwirkenden Solidarität haben, wie etwa bei Alter oder - wie vorliegend - durch Krankheit oder durch den Arbeitsmarkt bedingte Arbeitslosigkeit. Zu berücksichtigen ist hier, daß die Krankheit ihre Ursachen nicht in der Ehe haben muß, d.h. nicht ehebedingt ist, und eine Kompensationsmöglichkeit durch eigene Erwerbsbemühungen und Anstrengungen in diesen Fällen ausscheidet, d.h. die in § 1569 S. 1 BGB zum Grundsatz erhobene Eigenverantwortung ihre Grenze findet. In diesen Fällen hat die Dauer der Ehe besondere Bedeutung für die Intensität des Vertrauens in die Fortführung der bisherigen Lebensgestaltung und Teilhabe an dem erreichten Lebensstandard. Dementsprechend hat der Gesetzgeber bei der Unterhaltsrechtsreform besonders hervorgehoben, daß die Dauer der Ehe insbesondere eine Rolle bei den Unterhaltsansprüchen wegen Krankheit, Alter oder Arbeitslosigkeit spielt (BT-Dr. 16/1830 S. 18, 19).

Im Rahmen der unter Einbeziehung dieser Billigkeitsumstände vorzunehmenden Abwägung ist zu berücksichtigen, daß die tatsächliche Ehezeit zwar nur ca. fünf bis sechs Jahre betrug, wobei die Beklagte im Anschluß die ehegemeinsame Tochter N. betreute. Die Beklagte hat aufgrund der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse und durch die Kinderbetreuung ehebedingte Nachteile erlitten.

Aufgrund der geringen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und der krankheitsbedingt fehlenden Möglichkeit, durch eigene Anstrengung einen höheren Lebensstandard zu erreichen, ist ihre wirtschaftliche Situation gegenüber der des Klägers erheblich schlechter. Die schicksalhafte Krankheit ist allerdings erst ca. 12 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung aufgetreten, und damit zu einem Zeitpunkt, als die Beklagte bereits wieder seit mehr als zwei Jahren vollschichtig erwerbstätig war und ihrer Berufsausbildung entsprechende Einkünfte erzielen konnte. Der Kläger zahlt seit etwa 24 Jahren nachehelichen Unterhalt, dies aufgrund der Erkrankung der Beklagten ab Juli 2003 in nicht unbeträchtlicher Höhe. Diese Umstände führen nach Auffassung des Senats dazu, daß der Unterhaltsanspruch gemäß § 1578b Abs. 2 BGB nicht unbefristet bleiben kann.

Da die Beklagte bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts auf einen unbefristeten Unterhaltsanspruch vertrauen durfte, und um ihr eine Übergangszeit zu ermöglichen, in der sie sich wirtschaftlich und psychologisch auf den Wegfall des Unterhalts einstellen kann, erachtet der Senat eine Frist bis zum 31. Dezember 2012 für angemessen und ausreichend. Zuvor, und zwar ab 1. Januar 2008, hat eine zeitweise Herabsetzung des Unterhalts nach § 1578b Abs. 1 BGB zu erfolgen, weil eine höhere Belastung des Klägers unbillig erscheint. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt von derzeit 1.000 € in der Regel nicht in Betracht kommt (so auch OLG Bremen FamRZ 2008, 1957; OLG Nürnberg NJW-Spezial 2008, 260). Daß die Beklagte ohne ehebedingte Nachteile hinsichtlich ihrer Berufstätigkeit heute eine über 1.000 € liegende Erwerbsunfähigkeitsrente beziehen würde, was einer teilweisen Herabsetzung entgegen stehen könnte, kann nicht angenommen werden. Damit ist der Unterhaltsanspruch auf (1.000 € ./. 449,61 € Erwerbsunfähigkeitsrente = 550,39 €, gerundet) 550 € herabzusetzen.

C. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 8, 11, 711 ZPO.

Die Revision ist teilweise zuzulassen, soweit es um die Anwendung des § 1578b BGB geht, denn insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, und die Zulassung der Revision ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich (zur Zulässigkeit der Beschränkung vgl. Zöller/Gummer, ZPO 26. Aufl. § 543 Rdn. 19).

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