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OLG Bremen, Beschluß vom 10.05.2010 - 4 WF 43/10 - FD-Platzhalter-rund

OLG Bremen, Beschluß vom 10.05.2010
4 WF 43/10



Unterhalt wegen Betreuung eines nichtehelichen Kindes; Betreuungsunterhalt aus Billigkeitsgründen; Voraussetzungen für eine verlängerte Unterhaltspflicht wegen Krankheit.

BGB § 1615l

Die Mutter eines nichtehelichen Kindes, die einen Billigkeitsbetreuungsunterhalt gemäß § 1615l Abs. 2 S. 2 und 4 BGB nicht verlangen kann, weil das Kind in einer Tageseinrichtung betreut wird, und sie ihren Bedarf im Prinzip durch eigene Erwerbstätigkeit decken könnte, hat einen Anspruch auf Unterhalt wegen Krankheit nur unter den Voraussetzungen des § 1615l Abs. 2 S. 1 BGB, also wenn die Krankheit schwangerschafts- oder entbindungsbedingt ist.

OLG Bremen, Beschluß vom 10. Mai 2010 - 4 WF 43/10

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 11.12.2009 (61 F 3006/09) wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Beteiligten sind die nicht verheirateten Eltern des im Jahre 2006 geborenen Kindes P. Der Antragsteller verpflichtete sich mit Jugendamtsurkunde des Landkreises V. vom 4. April 2007 zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 135% des jeweiligen Regelbetrages abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind. Durch einen am 19. Juli 2007 vor dem Amtsgericht Bremen zum Aktenzeichen 67 F 588/07 geschlossenen Vergleich verpflichtete er sich ferner zur Zahlung von Betreuungsunterhalt für die Antragsgegnerin in Höhe von 1.000 € abzüglich des titulierten Kindesunterhalts. Mit dem vorliegenden Verfahren begehrt er eine Abänderung des Vergleichs dahingehend, daß er der Antragsgegnerin ab 1. Oktober 2009 keinen Betreuungsunterhalt mehr schulde. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bremen den Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 113 Abs. 1 FamFG iVm §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin mit der Begründung zurückgewiesen, der beabsichtigten Rechtsverteidigung fehle es an der erforderlichen Erfolgsaussicht (§ 114 S. 1 ZPO).

Der nach § 239 FamFG zu beurteilende Abänderungsantrag des Antragstellers ist nach derzeitigem Stand der Sach- und Rechtslage begründet. Der Anspruch der Antragsgegnerin auf Zahlung des Basisunterhalts gemäß § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB ist mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes weggefallen. Die Antragsgegnerin hat einen Anspruch auf eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs über die Dauer von drei Jahren hinaus nicht hinreichend dargelegt.

1. Das gilt zunächst für einen möglichen Anspruch auf verlängerten Krankheitsunterhalt gemäß § 1615l Abs. 2 S. 1 und 4 BGB. Voraussetzung eines solchen Anspruchs ist das Vorliegen einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, im Jahre 2008 zweimal aufgrund eines durch die Geburt des Kindes verursachten Darmverschlusses operiert worden zu sein; inwieweit hieraus eine Arbeitsunfähigkeit resultiert, hat sie jedoch nicht dargelegt. Gerade angesichts des Umstands, daß die Antragsgegnerin ohne weiteres einem Studium nachgehen kann, wäre ein solcher Vortrag aber erforderlich gewesen, um eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit substantiiert darzulegen. Auch aus dem vorgelegten undatierten ärztlichen Attest des Facharztes für Innere Medizin S. ist nicht ersichtlich, inwiefern aufgrund der in 2008 erfolgten Operation noch eine Arbeitsunfähigkeit besteht. Als Folge der Operation werden lediglich diffuse abdominelle Beschwerden aufgeführt. Soweit in dem Attest eine eingeschränkte Belastbarkeit angeführt ist, ist nicht ersichtlich, wie sich diese eingeschränkte Belastbarkeit auswirkt, ob die Antragsgegnerin also bestimmte Tätigkeiten nicht ausüben oder nur in einem bestimmten zeitlichen Umfang arbeiten kann.

Die weiteren in dem Attest aufgeführten Erkrankungen, nämlich ein postthrombotisches Syndrom und eine Hepatitis C, sind für den geltend gemachten Anspruch auf Krankheitsunterhalt unerheblich, denn es nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, daß diese Erkrankungen schwangerschaftsbedingt sind. Ein Anspruch gemäß § 1615l Abs. 2 S. 1 und 4 BGB wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit setzt aber - wie bereits ausgeführt - zumindest die Mitursächlichkeit einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit voraus. Hingegen scheidet ein solcher Anspruch aus, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer schwangerschaftsunabhängigen Erkrankung beruht (BGH FamRZ 1998, 541, 543 = FuR 1998, 131 = EzFamR BGB § 1615l Nr. 1 = BGHF 11, 15; Palandt/Diederichsen, BGB 69. Aufl. § 1615l Rdn. 8; Hoppenz/Hülsmann, Familiensachen 9. Aufl. § 1615l BGB Rdn. 4; AnwK-BGB/Schilling, § 1615l Rdn. 8).

2. Auch die Voraussetzung eines verlängerten Billigkeitsbetreuungsunterhaltsanspruchs nach § 1615l Abs. 2 S. 4 BGB hat die Antragsgegnerin nicht hinreichend vorgetragen. Voraussetzung eines solchen Unterhaltsanspruchs ist, daß der Unterhaltsberechtigte kind- oder elternbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus vorträgt (BGH FamRZ 2010, 444 = FuR 2010, 286; Wever, FamRZ 2008, 553, 556).

a) Kindbezogene Gründe iSd § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB sind nicht hinreichend vorgetragen. Es ist unstreitig, daß P. jeweils bis 15 Uhr den Kindergarten besucht. Den Bedarf der Antragsgegnerin haben die Beteiligten in dem am 19. Juli 2007 geschlossenen Prozeßvergleich auf (1.000 € ./. des damaligen Zahlbetrages des titulierten Kindesunterhalts in Höhe von 196 € =) 804 € festgelegt. Die Antragsgegnerin ist ungelernt. Sie müßte, um ihren Bedarf von 804 € decken zu können, bei einem angenommenen Stundenlohn von 7,50 € etwa 32 Stunden wöchentlich, also etwa 6,4 Stunden täglich, arbeiten (vgl. die dem Beschluß anliegende Lohnberechnung). Das erscheint im Rahmen der derzeitigen Fremdbetreuung nicht ohne weiteres möglich zu sein, weil der Antragsgegnerin ein angemessener Zeitraum zur Verfügung stehen muß, in welchem sie ihre Tochter zum Kindergarten bringen und von dort wieder abholen kann. Indes hat die auch insofern darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin (vgl. BGH FamRZ 2010, 444, 446 = FuR 2010, 286) nicht dargetan, daß eine Ausweitung der Fremdbetreuungszeiten nicht möglich ist.

b) Elternbezogene Gründe, die im Rahmen des verlängerten Betreuungsunterhalts gemäß § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB ebenfalls zu berücksichtigen sind (BGH FamRZ 2010, 444, 447 = = FuR 2010, 286; Wever, FamRZ 2008, 553, 555 ff), hat die Antragsgegnerin nicht hinreichend vorgetragen. Eine elternbezogene Verlängerung des Betreuungsunterhalts für ein nichteheliches Kind kommt insbesondere in Betracht, wenn der Vater Vertrauen in ein Einstehenwollen für die Mutter über die Drei-Jahresfrist hinaus begründet hat, etwa bei einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Kinderwunsch (Wever, FamRZ 2008, 553, 557). Da die Beziehung der Beteiligten nur von Frühjahr 2005 bis Anfang 2007 bestand, kann jedenfalls aus dem Zeitablauf allein noch nicht auf einen derartigen Vertrauenstatbestand geschlossen werden.

Der bestrittene Vortrag der Antragsgegnerin, die Beteiligten seien während ihrer Beziehung übereingekommen, daß sie eine universitäre Ausbildung absolvieren solle, ist nicht hinreichend substantiiert. Sie hat nicht konkret vorgetragen, wann und in welcher Form eine entsprechende Abrede getroffen worden sein soll. Eine solche Abrede ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Während der Beziehung der Beteiligten ging die Antragsgegnerin noch keinem Studium nach. Das Abitur hat sie erst im Jahre 2009 absolviert, also zu einem Zeitpunkt, als die Beziehung der Beteiligten schon seit längerem beendet war.

Sonstige elternbezogene Gründe hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen.

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