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OLG Bremen, Beschluß vom 08.10.2008 - 4 WF 74/08 - FD-Platzhalter-rund

OLG Bremen, Beschluß vom 08.10.2008
4 WF 74/08



Unterhalt des geschiedenen Ehegatten; Unterhalt des neuen Ehegatten: Familienunterhalt; Zusammentreffen beider Unterhaltsgläubiger; Drittel-Lösung.

BGB §§ 1572, 1578b, 1609

Schuldet der Unterhaltsverpflichtete sowohl seinem geschiedenen als auch seinem neuen Ehegatten Unterhalt, bemißt sich der den beiden Ehegatten zustehende Bedarf aus einem Drittel des sich aus dem (um den Erwerbstätigenbonus gekürzten) Einkommen des Pflichtigen und der Berechtigten ergebenden Gesamteinkommens (wie BGH FamRZ 2008, 1911).

OLG Bremen, Beschluß vom 8. Oktober 2008 - 4 WF 74/08

Tenor

1. Dem Kläger wird auf seine sofortige Beschwerde in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremerhaven vom 15.05.2008 (153 F 200/08) Prozeßkostenhilfe insoweit bewilligt, als er ab Februar 2008 die Abänderung des vor dem Amtsgericht Bremerhaven geschlossenen Vergleichs vom 05.10.2006 dahingehend begehrt, daß er für die Monate Februar bis November 2008 einen monatlichen Unterhalt von 317 € sowie ab Dezember 2008 einen bis zum 31.10.2009 zeitlich befristeten monatlichen Unterhalt von 73 € zu zahlen hat.
2. Ihm wird Rechtsanwältin K. zur Wahrnehmung seiner Rechte beigeordnet.
3. Die Anordnung von monatlichen Ratenzahlungen bleibt vorbehalten. Dem Kläger wird aufgegeben, binnen zwei Wochen die Finanzierungskosten (Haus) sowie die Heizungskosten zu belegen.
4. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
5. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben (Nr. 1812 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

Gründe

I. Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Ihre im Juni 1996 geschlossene Ehe wurde im Oktober 2006 geschieden. Sie haben ein gemeinsames Kind, die am 14. Oktober 1996 geborene Tochter M., die seit der Trennung der Parteien bei der Beklagten lebt.

Der Kläger hat aufgrund einer außergerichtlich getroffenen Vereinbarung vom 14. Juli 2003 an die Beklagte bis August 2004 einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 675 € geleistet. Mit Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven vom 19. Dezember 2005 ist der Kläger verurteilt worden, an die Klägerin, beginnend ab 1. September 2004, weiterhin einen monatlichen Unterhalt von 675 € zu zahlen. Nach dem von den Parteien im Rahmen des Scheidungsverfahrens vor dem Amtsgericht Bremerhaven geschlossenen Vergleich vom 5. Oktober 2006 (153 F 47/05) schuldet der Kläger der Beklagten derzeit einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 734 €.

Der Kläger ist seit 17. Januar 2008 wieder verheiratet. Aus der Verbindung mit seiner jetzigen Ehefrau ist die am 11. November 2007 geborene Tochter F. hervorgegangen. Die Ehefrau des Klägers bezieht Elterngeld in Höhe von 592 €. Im Juli 2008 ist der Beklagten rückwirkend ab April 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden. Seit 1. September 2008 bezieht die Beklagte eine monatliche Rente in Höhe von 804,22 €.

Der Kläger hat mit der im Februar 2008 eingegangenen Abänderungsklage (zunächst) eine Reduzierung des im Vergleich vom 5. Oktober 2006 vereinbarten Unterhalts von 734 € auf 317 € sowie dessen zeitliche Begrenzung bis zum 30. November 2008 verlangt und hierfür Prozeßkostenhilfe begehrt. Mit Beschluß vom 15. Mai 2008 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Bremerhaven dem Kläger die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Klage versagt.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde; außerdem will er den von den Parteien geschlossenen Vergleich nunmehr dahingehend abgeändert haben, daß er ab 1. September 2008 keinen Unterhalt mehr zahlen muß. Darüber hinaus macht er jetzt einen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 20.805 € geltend und begehrt hierfür ebenfalls Prozeßkostenhilfe.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist überwiegend begründet, da die begehrte Abänderung in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfange Aussicht auf Erfolg iSd § 114 ZPO verspricht.

Die Abänderungsklage des Klägers ist zulässig, da sich durch das Hinzutreten der Unterhaltspflichten für seine neue Ehefrau und sein Kind F. wesentliche Änderungen der dem Vergleich zugrunde liegende Geschäftsgrundlage ergeben haben (§ 323 Abs. 1 und 4 ZPO).

Die Abänderungsklage hat auch insoweit Aussicht auf Erfolg, als der Kläger die Abänderung des Vergleichs ab Februar 2008 begehrt. Aus dem Klageantrag ergibt sich zwar nicht, ab welchem Zeitpunkt der Kläger die Abänderung des Vergleichs verlangt; der Senat geht aber davon aus, daß der Kläger ab Februar 2008 den Unterhalt mit Rücksicht darauf reduziert haben will, daß er sein Begehren in der Klageschrift unter anderem auf seine erneute Heirat stützt.

1. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten ergibt sich (jetzt) aus § 1572 Nr. 2 BGB, denn nach der im Zuge der Unterhaltsrechtsreform getroffenen Neuregelung des § 1570 BGB, die seit 1. Januar 2008 Gültigkeit hat, wäre die Beklagte mit Rücksicht darauf, daß die gemeinsame Tochter der Parteien in diesem Monat bereits zwölf Jahre alt wird, gehalten, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Gründe, insbesondere kindbezogene Gründe, die gegen eine Vollzeittätigkeit der Beklagten sprechen könnten, wenn sie gesund wäre, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Da die Beklagte jedoch wegen Krankheit erwerbsunfähig ist, steht ihr ein Unterhaltsanspruch aus § 1572 Nr. 2 BGB zu.

2. Das Maß des Unterhalts der Beklagten bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB), wobei eheprägende Einkommensveränderungen zu berücksichtigen sind. Dementsprechend ist auf seiten der Beklagten zu berücksichtigen, daß sie, beginnend ab 1. April 2005, einen Rentenanspruch hat, und ab 1. September 2008 eine monatliche Rente von 804,22 € bezieht. Auf seiten des Klägers ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß er auch seiner (jetzigen) Ehefrau und dem Kind F. zum Unterhalt verpflichtet ist, denn nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30. Juli 2008 - FamRZ 2008, 1911; vgl. auch BGH FamRZ 2006, 683 ff = FuR 2006, 266 = EzFamR BGB § 1581 Nr. 9), können auch vorrangige oder gleichrangige Unterhaltslasten, die erst nach der Scheidung entstanden sind, die ehelichen Lebensverhältnisse prägen. Danach ist sowohl das nach der Scheidung geborene Kind F. als auch die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seiner Ehefrau zu berücksichtigen.

3. Wie der Bedarf der Ehegatten zu ermitteln ist, wenn (wie hier) beide bedürftig sind, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Bundesgerichtshof hat aber mit seiner Entscheidung vom 30. Juli 2008 (FamRZ 2008, 1911) den Gerichten einen Berechnungsmodus an die Hand gegeben. Ausgangspunkt der Bedarfsermittlung ist danach zunächst, daß dem Unterhaltspflichtigen bei zwei Ehegatten ein Drittel seines unterhaltsrelevanten Einkommens verbleiben muß, während sich der Unterhaltsbedarf eines jeden unterhaltsberechtigten Ehegatten ebenfalls mit 1/3 bemißt. Dem schließt sich der Senat an (in den Bremer unterhaltsrechtlichen Leitlinien noch offen gelassen - s. Ziff. 15.5. der Leitlinien).

Die Dreiteilung ist auch dann geboten, wenn (wie hier) beide unterhaltsberechtigte Ehegatten über eigene Einkünfte verfügen und damit ihren Unterhaltsbedarf teilweise selbst decken können. In diesem Falle bemißt sich der den beiden unterhaltsberechtigten Ehegatten zustehende Bedarf - ebenso wie der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Anteil seines Einkommens - aus einem Drittel aller verfügbaren Mittel (BGH FamRZ 2008, 1911; s. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1254, 1255 f); die Berechnung erfolgt im Wege der Additionsmethode. D.h. die Erwerbseinkünfte des Pflichtigen und der beiden Unterhaltsberechtigten sind nach Abzug des Erwerbstätigenbonus zu addieren und durch drei zu teilen. Der sich daraus ergebende Betrag bildet dann die Grundlage der Unterhaltsberechnung.

Wenn (wie hier) der Unterhaltsanspruch der zweiten Ehefrau dem Anspruch der Beklagten aus § 1572 Nr. 2 BGB im Rang vorgeht (§ 1609 Nr. 2 und 3 BGB), ist zwar eine Ausnahme von der Dreiteilung geboten, allerdings nicht schon im Rahmen der Bedarfsbemessung, sondern erst im Rahmen der Leistungsfähigkeit (BGH FamRZ 2008, 1911).

4. Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten im Wege der Dreiteilung ist das unterhaltsrelevante Einkommen des Klägers unter Einschluß seines Splittingvorteils maßgeblich (BGH FamRZ 2008, 1911). Insoweit hält der Bundesgerichtshof an seiner früheren Rechtsprechung, wonach bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten der Splittingvorteil eines wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen ist (vgl. BGH FamRZ 2005, 1817, 1819 = FuR 2005, 555 = EzFamR BGB § 1573 Nr. 24), nicht fest; dem folgt der Senat.

Maßgeblich ist somit das dem Kläger seit seiner Wiederverheiratung zur Verfügung stehende tatsächliche Einkommen. Ausweislich der zur Akte gereichten Jahresverdienstabrechnung für das Jahr 2007 hat der Beklagte in dem genannten Jahr 45.260 € brutto verdient, davon 44.065 € steuerpflichtig und 42.923 € sozialversicherungspflichtig. Das Jahresbruttoeinkommen aus 2007 ist in voller Höhe auch für das Jahr 2008 maßgeblich. Soweit der Kläger vorträgt, bei Abschluß des Vergleichs seien die in seinem Bruttoverdienst enthaltenen Schichtzulagen nicht berücksichtigt worden, läßt sich dies aus dem Wortlaut des Vergleichs nicht entnehmen. Belege, die seinen diesbezüglichen Vortrag stützen könnten, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht vorgelegt.

Unter Berücksichtigung der Steuerklasse III, einem Kinderfreibetrag von 1,5 sowie einem von dem Kläger in die Lohnsteuerkarte einzutragenden Steuerfreibetrag für die Fahrtkosten von (180 € x 12 =) 2.160 € ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von (gerundet) 2.586 €. Hiervon sind entsprechend dem Beschluß des Amtsgerichts die vermögenswirksamen Leistungen von 26,59 €, die Sterbegeldumlage von 3,56 €, die Beiträge zur Altersversorgung in Höhe von nunmehr 30 € sowie berufsbedingte Aufwendungen (Fahrtkosten) in Höhe von 180 € abzuziehen, mithin insgesamt 240,15 €. Der Kläger hat zwar Fahrtkosten von jetzt 280 € behauptet; er hat aber nicht dargetan, wie sich die Fahrtkosten im einzelnen zusammensetzen sollen, so daß es bei den bei Vergleichsabschluß berücksichtigten Fahrtkosten von 180 € bleiben muß. Das bereinigte Nettoeinkommen des Klägers ist somit mit 2.345,85 € in Ansatz zu bringen. Hiervon ist der den Kindern F. und M. geschuldete Unterhalt (Zahlbeträge) abzuziehen, da die Unterhaltsansprüche der Kinder nach der seit 1. Januar 2008 geltenden Neuregelung (§ 1609 Nr. 1 BGB) vorrangig zu befriedigen sind. Die Höhe des Unterhalts für die Kinder richtet sich nach der 3. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle mit Rücksicht darauf, daß der Kläger zwei Ehegatten und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist (Herabstufung um eine Gruppe). Der Kläger schuldet danach F. einen monatlichen Unterhalt in Höhe von (307 € ./. 77 € Kindergeld =) 230 €. An M. hat er bis einschließlich September 2008 (355 € ./. 77 anteiliges Kindergeld =) 278 € monatlich zu zahlen, und ab Oktober 2008 (402 € ./. anteiliges Kindergeld =) 325 €, da M. am 14. Oktober 12 Jahre alt wird. Das für den Ehegattenunterhalt maßgebliche Einkommen des Klägers beträgt somit 1.837,85 € (für die Zeit bis September 2008) bzw. 1.790,85 € (ab Oktober 2008).

In die Unterhaltsberechnung ist ferner - wie bereits ausgeführt - das Einkommen der Ehefrau des Klägers einzustellen. Das ihr gewährte Elterngeld von 592 € ist allerdings nicht in voller Höhe mit einzubeziehen, denn das für alle ab 1. Januar 2007 geborenen Kinder gewährte Elterngeld bleibt - wie früher das Erziehungsgeld - bis zur Höhe von 300 € als Einkommen unberücksichtigt (§ 11 S. 1 BEEG); nur der darüber hinaus gezahlte Teil hat Lohnersatzfunktion und ist somit als Einkommen zu berücksichtigen (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 85a; s. auch in Bezug auf das Erziehungsgeld BGH FamRZ 2006, 1182), im vorliegenden Fall mithin 292 €.

Auf seiten der Beklagten ist die Erwerbsunfähigkeitsrente in voller Höhe in die Unterhaltsberechnung einzustellen, denn bei einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gilt die Vermutung des § 1610a BGB nicht (Wendl/Dose, aaO § 1 Rdn. 444). Da sich die seit September dieses Jahres gewährte Rente auf 804,22 € monatlich beläuft, geht der Senat davon aus, daß der der Beklagten zustehende (monatliche) Nachzahlungsanspruch für die Monate Februar 2008 bis August 2008 gleich hoch ist. Dementsprechend berücksichtigt der Senat für den gesamten hier maßgeblichen Zeitraum eine monatliche Rente von 804,22 €.

5. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten errechnet sich wie folgt:

Unterhalt bis September 2008  Unterhalt ab Oktober 2008  
    
Einkommen Kläger1.837,85 € Einkommen Kläger1.790,85 €
6/7 = 1.575,30 € 6/7 =1.535,01 €
Elterngeld (Ehefrau)292,00 € Elterngeld (Ehefrau)292,00 €
Rente (Beklagte)804,22 € Rente (Beklagte)804,22 €
Gesamteinkommen2.671,52 € Gesamteinkommen2.631,23 €
1/3 Bedarf der Beklagten890,51 € 1/3 Bedarf der Beklagten877,08 €
    
Unterhaltsanspruch Beklagte 890,51 € Unterhaltsanspruch Beklagte877,08 €
./. Rente 804,22 € ./. Rente 804,22 €
 86,29 €  72,86 €
    
Unterhaltsanspruch Ehefrau 890,51 € Unterhaltsanspruch Ehefrau 877,08 €
./. Elterngeld 292,00 € ./. Elterngeld 292,00 €
 598,51 €  585,08 €
    
Unterhaltslast insgesamt 684,80 €  657,94 €
Dem Beklagten verbleiben danach von seinem Einkommen (1.837,85 € ./. 684,80 € Unterhaltslasten insgesamt =) 1.153,05 € bzw. (1.790,85 € ./. 657,94 € Unterhaltslasten insgesamt =) 1.132,91 €. Damit sind der Selbstbehalt (1.000 €) sowie der Bedarfskontrollbetrag der 3. Gruppe der Düsseldorfer Tabelle (1.100 €) gewahrt.

Da nach der vorstehenden Berechnung sowohl der 1/3-Bedarf als auch der notwendige Bedarf der Ehefrau des Beklagten gedeckt ist, führt der Nachrang in Bezug auf den Anspruch aus § 1572 Nr. 2 BGB hier nicht zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten. Der Anspruch der Beklagten beträgt somit 87 € bzw. 73 € monatlich.

Im Hinblick darauf, daß dem geschiedenen Ehegatten aber kein höherer Unterhaltsanspruch zustehen darf, als er ohne die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen hätte (vgl. BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1823 f), ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30. Juli 2008 (aaO) eine Kontrollberechnung durchzuführen, in der weder der Splittingvorteil noch die Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten berücksichtigt wird.

Von dem Jahresbruttoeinkommen des Beklagten aus dem Jahre 2007 ausgehend ergibt sich bei Steuerklasse I und unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages von 1,0 sowie einem Steuerfreibetrag von 2.160 € ein Nettoeinkommen von gerundet 2.223 €, so daß nach Abzug der monatlichen Belastungen einschließlich Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 240,15 € ein anrechenbares Einkommen von 1.982,85 € verbleibt. Der danach geschuldete monatliche Unterhalt für F. beträgt 216 € und für M. 262 € (bis September 2008) bzw. 307 € (ab Oktober 2008), so daß sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Klägers auf 1.504,85 € (bis September 2008) bzw. 1.459,85 € (ab Oktober 2008) beläuft. Demnach könnte die Beklagten ohne die erneute Heirat des Klägers 243 € bzw. 224 € monatlich beanspruchen, wie sich aus der nachfolgenden Berechnung ergibt:

Anspruch bis September 2008  Anspruch ab Oktober 2008 
    
Einkommen Kläger 1.837,85 €Einkommen Kläger 1.790,85 €
6/7 = 1.575,30 € 6/7 = 1.535,01 €
Elterngeld (Ehefrau) 292,00 €Elterngeld (Ehefrau) 292,00 €
Rente (Beklagte) 804,22 €Rente (Beklagte) 804,22 €
Gesamteinkommen 2.671,52 €Gesamteinkommen 2.631,23 €
1/3 Bedarf der Beklagten 890,51 €1/3 Bedarf der Beklagten 877,08 €
    
Unterhaltsanspruch Beklagte 890,51 €Unterhaltsanspruch Beklagte 877,08 €
./. Rente 804,22 €./. Rente 804,22 €
 86,29 € 72,86 €
    
Unterhaltsanspruch Ehefrau 890,51 €Unterhaltsanspruch Ehefrau 877,08 €
./. Elterngeld 292,00 €./. Elterngeld 292,00 €
 598,51 € 585,08 €
    
Unterhaltslast insgesamt 684,80 € 657,94 €
Da der Unterhaltsanspruch ohne die erneute Heirat höher liegt als der ermittelte Betrag, hat die Beklagte somit für die Zeit von Februar bis September 2008 einen monatlichen Unterhaltsanspruch von 87 €; ab Oktober 2008 stehen ihr fortlaufend 73 € monatlich zu. Ob und in welcher Höhe der Beklagten noch ein Unterhaltsanspruch zusteht, wenn die Ehefrau des Klägers, beginnend ab Dezember 2008, kein Elterngeld mehr bezieht, hat der Senat nicht zu entscheiden, denn es ist nicht auszuschließen, daß die Ehefrau des Klägers nach Wegfall des Bezugs des Elterngeldes einer (Teilzeit-)Erwerbstätigkeit nachgehen wird.

6. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten dürfte nach dem bisherigen Vortrag der Parteien außerdem zeitlich zu begrenzen sein. Während eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit (§ 1572 BGB) nach altem Recht nicht möglich war (s. Palandt/Brudermüller, BGB 65. Aufl. § 1572 Rdn. 15), kommt nach der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung des § 1578b BGB, der für sämtliche Unterhaltstatbestände gilt, eine zeitliche Begrenzung in Betracht. Danach ist ein Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Anspruch unbillig wäre; dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit dem bedürftigen Ehegatten durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

Ehebedingte berufliche Nachteile sind der Beklagten offensichtlich nicht entstanden, denn nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers ist die Beklagte wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Da der Unterhaltsanspruch aber aufgrund der in § 1578b BGB getroffenen Regelung nicht auf einen reinen Nachteilsausgleich beschränkt ist, ist über den Ausgleich ehebedingter Nachteile hinaus im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch die aus der nachehelichen Solidarität erwachsende fortwirkende Verantwortung für den Ehegatten zu berücksichtigen (vgl. BT-Dr. 16/1830 S. 18 f). Insoweit wird der Ehedauer als Abwägungskriterium für das Ausmaß der ehelichen Solidarität ein besonderes Gewicht beigemessen, wenn (wie hier) der Unterhaltsberechtigte wegen Krankheit keine wirtschaftliche Selbständigkeit mehr erreichen kann (Palandt/Brudermüller, BGB Nachtrag zur 67. Aufl. § 1578b Rdn. 9; Grandel, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 9 Rdn. 275). Die Dauer der Ehe bemißt sich nach § 1578b Abs. 1 S. 3 BGB von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages. Da die Parteien im Juni 1996 geheiratet hatten, und der Scheidungsantrag im März 2005 zugestellt worden war, dauerte ihre Ehe knapp 8 Jahre und 9 Monate. Im Hinblick darauf, daß die Ehe zwar nicht kurz, aber auch nicht von langer Dauer war, erscheint es auch unter Berücksichtigung von § 36 Nr. 1 EGZPO gerechtfertigt, den Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen, zumal die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung gesundheitlich beeinträchtigt war. Obgleich der Kläger seit (spätestens) Juli 2003 der Beklagten Unterhalt zahlt, ist er - seine Leistungsfähigkeit vorausgesetzt - jedenfalls noch bis zum 31. Oktober 2009 zu Unterhaltsleistungen verpflichtet, denn der Beklagten ist eine Übergangszeit zuzubilligen ist, die es ihr ermöglicht, sich auf die sich verändernde wirtschaftliche Situation einzustellen. Ob die Umstände eine längere Übergangsfrist rechtfertigen, bleibt der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

7. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist somit überwiegend begründet, denn der Beklagten stehen nach der derzeitigen Aktenlage ab Februar 2008 nur noch 87 € bzw. 73 € monatlich an Unterhalt zu. Dem Kläger ist daher auf jeden Fall entsprechend seinem mit Schriftsatz vom 15. Februar 2008 gestellten, vom Amtsgericht abschlägig beschiedenen Antrag Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, soweit er ab Februar 2008 eine Reduzierung des an die Beklagten zu zahlenden Unterhalts dahingehend begehrt, daß er für die Monate Februar bis November 2008 einen monatlichen Unterhalt von 317 € sowie ab Dezember 2008 einen bis zum 31. Oktober 2009 zeitlich befristeten monatlichen Unterhalt von 73 € zu zahlen hat. Hinsichtlich der vom Beklagten begehrten (kürzeren) Befristung des Unterhalts bietet die Abänderungsklage keine Aussicht auf Erfolg, so daß insoweit die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.

Soweit der Kläger auch für den erst im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Rückzahlungsanspruch Prozeßkostenhilfe begehrt, ist der Senat gehindert, hierüber zu befinden, denn die Entscheidung über den diesbezüglich gestellten Prozeßkostenhilfeantrag obliegt zunächst dem Amtsgericht.

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